Vergesslichkeit nicht auf die leichte Schulter nehmen |
Ältere Menschen sind meist sehr besorgt, wenn sie bei sich ein Nachlassen des Gedächtnisses feststellen. Es lohnt sich, dem Problem auf den Grund zu gehen. / Foto: Getty Images/MartinPrescott
Mit steigendem Lebensalter nimmt die Merkfähigkeit ab. Was für die einen eine ganz normale Alterserscheinung darstellt, ist für andere Anlass zu tiefer Sorge, die nicht selten mit ängstlicher Selbstbeobachtung oder wachsamer Aufmerksamkeit gegenüber dem Partner oder Freund einhergeht. Ob das vielleicht die ersten Anzeichen einer Demenz- oder Alzheimer-Erkrankung sein können? Diese Frage stellen sich viele Betroffene und/oder ihre Angehörigen. Beantworten lässt sie sich zu diesem frühen Zeitpunkt kaum. Dennoch sollte man möglichen Verursachern des Symptoms auf den Grund gehen.
Denn Gedächtnisstörungen können nicht nur Anzeichen für eine beginnende Demenzerkrankung sein, sondern auch ein Symptom anderer Erkrankungen oder Nebenwirkung von Pharmakotherapien. Durch eine Behandlung dieser Erkrankungen oder – nach Möglichkeit – der Umstellung einer auslösenden Therapie können sich die Beschwerden bessern. Zudem kann vermehrte Vergesslichkeit eine sogenannte leichte kognitive Beeinträchtigung (Mild Cognitive Impairment, MCI) darstellen. Sie gilt nicht als Demenz, kann sich aber zu einer solchen weiterentwickeln. Dies ist jährlich bei etwa 10 Prozent der Betroffenen der Fall.
Durch verschiedene ärztliche Untersuchungen lassen sich die Beschwerden objektivieren und einordnen. Zwar gibt es keine Therapie, doch können präventive Maßnahmen helfen, eine weitere Verschlechterung hinauszuzögern.
Zu den organischen Grunderkrankungen, die mit Gedächtnisstörungen einhergehen können, gehören psychiatrische Erkrankungen wie Depressionen, Angsterkrankungen oder Psychosen. Aber auch endokrinologische Erkrankungen, insbesondere Fehlfunktionen der Schilddrüse, stellen relevante Verursacher dar. Die »Volkskrankheiten« Diabetes mellitus, Bluthochdruck und Schlafapnoe gehören ebenfalls dazu, denn das Gehirn benötigt für sein Funktionieren eine gute Versorgung unter anderem mit Glucose und Sauerstoff. Ausreichende Mengen Erythrozyten spielen hierbei eine zentrale Rolle. Anämien oder ein Vitamin-B12-Mangel können sich daher ebenfalls auf die Gedächtnisleistung auswirken.
Auch Lebensumstände wirken mitunter zusätzlich verschlechternd. Als wichtige Einflussfaktoren gelten dabei anhaltender Stress und Schlafstörungen. Insbesondere bei älteren Menschen muss außerdem an eine ausreichende Flüssigkeitsversorgung gedacht werden.
Beim Blick auf die Medikation sollte insbesondere auf Arzneimittel mit anticholinergen Wirkungen beziehungsweise Nebenwirkungen geachtet werden. Zu diesen gehören beispielsweise Arzneimittel zur Behandlung der Parkinson-Krankheit, trizyklische Antidepressiva oder rezeptfreie Medikamente wie Antihistaminika der ersten Generation wie Diphenhydramin oder Doxylamin, die bei Übelkeit oder Schlafstörungen eingesetzt werden. Bei älteren Menschen kommt außerdem ein verzögerter Abbau von Arzneimitteln, insbesondere Schlafmitteln aus der Gruppe der Benzodiazepine, infrage, die zu einer verlängerten Wirkung bis zum Tag nach der Einnahme führen kann. Aufmerksamkeit und Gedächtnisleistung können so beeinträchtigt werden. Aber auch zunächst eher »unverdächtige« Wirkstoffe aus der Gruppe der Diuretika können Gedächtnisstörungen begünstigen, nämlich dann, wenn ihr Einsatz in eine Hyponatriämie mündet.