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Depressionen

Verbessern Antidepressiva langfristig die Lebensqualität?

Das stellen Forschende aktuell in Frage. In einer groß angelegten Beobachtungstudie an US-Amerikanern war die Lebensqualität depressiver Menschen nach zweijähriger Therapie mit Antidepressiva nicht signifikant besser als ohne Therapie. Doch halten Fachleute, die nicht an der Studie beteiligt waren, diese nur für bedingt aussagekräftig.
Carolin Lang
22.04.2022  16:00 Uhr
Verbessern Antidepressiva langfristig die Lebensqualität?

Die Studie erschien vergangenen Mittwoch im Fachjournal »PLOS One«. Wie das Team um Erstautor Dr. Omar A. Almohammed von der »King Saud University«, Saudi-Arabien, vermutet, verbessern Antidepressiva die gesundheitsbezogene Lebensqualität depressiver Personen im Vergleich zu Personen, die keine antidepressive Therapie erhalten, langfristig nicht. Zu dieser Aussage kommt die Arbeitsgruppe nach Auswertung von Daten aus dem »Medical Expenditures Panel Survey« (MEPS), einer großen Längsschnittstudie, die von US-Amerikanern in Anspruch genommene Gesundheitsleistungen erfasst.

Im Durchschnitt wurden während des Zeitraums von 2005 bis 2016 jedes Jahr 17,47 Millionen Erwachsene mit Depressionen diagnostiziert. 57,6 Prozent von ihnen erhielten Antidepressiva, der Rest nicht. Die Arbeitsgruppe verglich, wie sich die gesundheitsbezogene Lebensqualität beider Kohorten von der Baseline- bis zur Follow-up-Untersuchung nach zwei Jahren entwickelte. Ermittelt wurde dies mit Hilfe eines zwölfteiligen Fragebogens (SF-12), der Rückschlüsse auf physische und psychische Komponenten erlaubt.

Die Forschenden stellten fest: Zwar war die Einnahme von Antidepressiva mit einer gewissen Verbesserung der psychischen Komponente der gesundheitsbezogenen Lebensqualität verbunden, doch unterschied sich weder diese noch die physische Komponente signifikant zu denjenigen, die keine Medikamente einnahmen. »Der ›Real-World‹-Effekt von Antidepressiva führt im Laufe der Zeit zu keiner kontinuierlichen Verbesserung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität«, schlussfolgern die Autoren und Autorinnen.

Sie weisen darauf hin, dass depressive Menschen trotzdem weiterhin ihre Antidepressiva einnehmen sollten. Doch seien Langzeitstudien erforderlich, die die tatsächlichen Auswirkungen pharmakologischer und nicht-pharmakologischer Interventionen auf die Lebensqualität dieser Patienten zu untersuchen.

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