Veränderte Hirnstruktur bei pathologischen Gamern |
Annette Rößler |
17.06.2022 07:00 Uhr |
Der Autor referiert in dem Fachartikel den Stand der Forschung zur Internet- beziehungsweise Computerspielsucht. Auf Hirnscans mittels funktioneller Magnetresonanztomografie (fMRT) seien in der Hirnstruktur von pathologischen Gamern Auffälligkeiten erkennbar, die denen bei Patienten mit stoffgebundenen Süchten ähnelten, berichtet Brand. Bei Betroffenen sei demnach die Balance zwischen Signalen, die das Suchtverhalten fördern, und der Selbstkontrolle gestört.
Im Frühstadium der Suchtentwicklung stehe wahrscheinlich ein sogenannter Wohlfühl-Signalweg im Vordergrund, der im Belohnungssystem des Gehirns (Nucleus accumbens) angesiedelt ist: Er verstärke das Verhalten positiv durch Vergnügen und Belohnung sowie negativ durch Abbau von Stress und negativen Emotionen. Im weiteren Verlauf werde das Verhalten immer zwanghafter und ein sogenannter Müssen-Signalweg im Putamen und Nucleus caudatus, wo die willkürliche Steuerung von Handlungen sitzt, übernehme zunehmend die Kontrolle.
Ob diese Besonderheiten in der Hirnfunktion im Verlauf einer Computerspielsucht entstünden oder ob sie bei manchen Menschen bereits von vorneherein vorhanden seien, was diese dann besonders anfällig für die Entwicklung einer Computerspielsucht oder generell einer Suchterkrankung mache, sei noch nicht geklärt. Mehr über die Ursache-Wirkungs-Beziehungen und auch über mögliche Spezifika der Computerspielsucht zu erfahren, solle daher Gegenstand weiterer Forschung sein.
Zwischen Computer- und Glücksspielsucht gebe es viele Parallelen. Wie abhängig machende Glücksspiele seien auch Videospiele so konzipiert, dass sie den Nutzer bei der Stange halten. Hierbei spielten sogenannte Gewinn-Elemente eine zentrale Rolle – wie im Übrigen auch bei Kaufsucht (das Gefühl, genau das richtige Produkt ergattert zu haben), bei pathologischer Pornografienutzung (Betrachten eines Videos, das den eigenen Neigungen genau entspricht) und bei Abhängigkeit von sozialen Medien (das Sammeln von Likes). Dass Menschen eine Abhängigkeit von solchen Websites entwickelten, sei keine individuelle Entscheidung, sondern könne denjenigen passieren, denen es schwerfalle, vorteilhafte Entscheidungen zu treffen und ihr eigenes Belohnungsverhalten zu regulieren, betont Brand.