Vaxzevria-Zulassung ist erloschen |
Während der Pandemie wurde die Covid-19-Vakzine von Astra-Zeneca millionenfach in Deutschland verimpft. / Foto: Adobe Stock/Sodel Vladyslav
Der vektorbasierte Covid-19-Impfstoff des schwedisch-britischen Pharmaunternehmens Astra-Zeneca, Vaxzevria®, ist nicht mehr in der EU zugelassen. Die bereits im März beschlossene Rücknahme der Marktzulassung trat am Dienstag in Kraft, wie aus einem Dokument der EU-Kommission hervorgeht. Astra-Zeneca habe diesen Schritt »aus kommerziellen Gründen« selbst beantragt, bestätigte das Unternehmen auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur am Dienstag. Der Hintergrund sei mangelnde Nachfrage.
Seit dem Ende der Pandemie seien mehrere Varianten von Covid-19-Impfstoffen entwickelt worden, deswegen gebe es nun einen Überschuss an verfügbaren aktualisierten Präparaten. »Dies hat zu einem Rückgang der Nachfrage nach Vaxzevria geführt, das nicht mehr hergestellt oder geliefert wird«, hieß es in einer Astra-Zeneca-Mitteilung. Man sei aber »unglaublich stolz auf die Rolle, die Vaxzevria bei der Beendigung der globalen Pandemie gespielt« habe.
In einer Mitteilung der EU-Kommission hieß es, es sei nicht ungewöhnlich, dass Unternehmen die Rücknahme der Marktzulassung von Arzneimitteln oder Impfstoffen aus kommerziellen Gründen beantragen. Man könne bestätigen, »dass die Entscheidung nicht auf Zweifeln an Sicherheit oder Wirksamkeit des Impfstoffes beruht«, so die Mitteilung weiter.
In sozialen Medien wird über mögliche andere Ursachen spekuliert. Dabei ist die Maßnahme keineswegs ungewöhnlich. «Jährlich wird typischerweise bei fünf bis zehn Originalmedikamenten die Zulassung zurückgenommen, fast immer aus kommerziellen Gründen», teilte Rolf Hömke, Forschungssprecher beim Verband forschender Arzneimittelhersteller (vfa), in Berlin mit. «Zum Vergleich: Im Schnitt werden pro Jahr in Deutschland rund 36 Medikamente mit neuem Wirkstoff neu eingeführt.»
Hintergrund sei oft, dass es mittlerweile zur Behandlung der betreffenden Krankheit noch bessere Medikamente gibt und die alten deshalb kaum noch zum Einsatz kommen und entbehrlich sind. Das trifft auch auf den Corona-Impfstoff von Astra-Zeneca zu.
Vaxzevria erhielt am 29. November 2021 die Notfallzulassung in der EU, damals noch unter dem Kürzel ChAdOx1 beziehungsweise »Covid-19 Vaccine AstraZeneca«. Der Vektorimpfstoff hatte in sehr seltenen Fällen zu schweren Nebenwirkungen in Form ungewöhnlicher Thrombosen in Kombination mit Thrombozytopenien (TTS) geführt und war damit in die Kritik geraten.
Unter anderem die Arzneimittelbehörde EMA nahm die Fälle unter die Lupe. Ergebnis: Der Nutzen der Impfung überwiege eindeutig das Risiko extrem seltener potenzieller Nebenwirkungen. Bis zum Widerrufen der Zulassung mit Beschluss vom 27. März 2024 gab es eine uneingeschränkte Empfehlung der EMA.
In Deutschland empfahl die Ständige Impfkommission (STIKO) ab Ende März 2021 eine Verimpfung nur noch an Menschen über 60 Jahre. Schon seit längerem wird der Impfstoff hierzulande gar nicht mehr eingesetzt.
Auch andere für andere ältere Corona-Impfstoffe wurde bereits die Zulassung zurückgezogen. Erst im März wurde von der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) auf Antrag des Herstellers Sanofi Pasteur die Zulassung für den Corona-Impfstoff VidPrevtyn® Beta beendet, im Oktober die für den Corona-Impfstoff «Valneva» des Unternehmens Valneva Austria. In beiden Fällen wurden ebenfalls kommerzielle Gründe angegeben. Für Auffrischimpfungen zum Schutz vor schweren Covid-19-Verläufen sind inzwischen vorwiegend an neu aufgekommene Corona-Varianten angepasste mRNA-Impfstoffe im Einsatz.
Auch bei Impfstoffen gegen andere Krankheiten gebe es Beispiele für eine Rücknahme der Zulassung, sagte Hömke. So sei etwa die Zulassung für den Impfstoff Fluenz® gegen saisonale Grippe (2011-2014) zurückgenommen worden, als das Nachfolgeprodukt Fluenz4® eingeführt wurde, das vor mehr Grippevirenstämmen schützen könne.
«Wir können nicht sagen, wie Unternehmen im Einzelfall zwischen einem Antrag auf Zulassungsrücknahme oder einem «außer Vertrieb»-Stellen abwägen», erklärte Hömke. Ein Erwägungsgrund sei aber sicherlich, dass Unternehmen eine Jahresgebühr für das Aufrechterhalten einer Zulassung bei der Arzneimittelbehörde EMA bezahlen müssen.
«Ein weiterer ist, dass ein Hersteller für alle seine zugelassenen Produkte immer wieder «Periodic Safety Update Reports» erstellen und bei der EMA anliefern muss – selbst dann, wenn er ein Produkt gar nicht vermarktet.» Das binde Zeit und Ressourcen.
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.