Vadadustat erweitert Behandlungsspektrum |
Kerstin A. Gräfe |
05.07.2024 07:00 Uhr |
Häufig berichtet wurden zudem Krampfanfälle. Vadadustat sollte bei Patienten mit Krampfanfällen in der Vorgeschichte, Epilepsie oder Krankheiten mit einer Prädisposition für Krampfanfälle mit Vorsicht angewendet werden. Des Weiteren kann sich unter der Therapie eine Hypertonie verschlechtern. Der Blutdruck sollte vor Therapiebeginn und danach in regelmäßigen Abständen überwacht werden. Die Patienten sollten darauf hingewiesen werden, die antihypertensive Therapie einzuhalten und den Blutdruck zu überwachen.
Vadadustat kann die Konzentration von BCRP-Substraten wie Sulfasalazin, Simvastatin und Rosuvastatin erhöhen, möglicherweise sind Dosisanpassungen erforderlich. Gleiches gilt bei der gleichzeitigen Gabe mit OAT3-Substraten wie Furosemid, Methotrexat und Sitagliptin sowie CYP2C9-Substraten wie Celecoxib.
Klinisch relevante Wechselwirkungen bestehen zudem mit starken oder mittelstarken Inhibitoren der organischen Anionentransporter OAT1 und OAT3. Bei gleichzeitiger Anwendung können sich die AUC-Werte von Vadadustat stark erhöhen. Die Patienten müssen sorgfältig überwacht und auf exzessive Wirkungen von Vadadustat untersucht werden.
Während der Schwangerschaft sollte der neue Wirkstoff aus Vorsichtsgründen nicht angewendet werden. Beim Stillen kann ein Risiko für das Kind nicht ausgeschlossen werden. Es gilt abzuwägen, ob das Stillen oder die Behandlung mit Vadadustat zu unterbrechen ist. Dabei sind sowohl der Nutzen des Stillens für das Kind als auch der Nutzen der Therapie für die Frau zu berücksichtigen.
Die Zulassung basiert auf den Phase-III-Studien INNO2VATE 1 und INNO2VATE 2 mit insgesamt rund 4000 CKD-Patienten. Eingeschlossen waren sowohl Patienten mit erstmals diagnostizierter Dialysepflicht als auch solche mit chronischer Dialysepflicht. Die Patienten wurden im Verhältnis 1:1 randomisiert und bekamen über 52 Wochen entweder einmal täglich 300 mg Vadadustat oder subkutan/intravenös Darbepoetin alfa.
In beiden Studien sollte die Nichtunterlegenheit von Vadadustat gegenüber Darbepoetin alfa festgestellt werden. Der primäre Endpunkt war der Unterschied in der mittleren Veränderung des Hb-Werts vom Ausgangswert bis zum primären Auswertungszeitraum (Woche 24 bis 36). Als primären Sicherheitsendpunkt legten die Forschenden die Zeit bis zum Auftreten eines ersten schwerwiegenden unerwünschten kardiovaskulären Ereignisses (major adverse cardiac event, MACE) fest. Ein MACE war definiert als Tod jeglicher Ursache, nicht tödlicher Myokardinfarkt (MI) und nicht tödlicher Schlaganfall.
Vadadustat erreichte in beiden Studien den primären Hb-Endpunkt gemäß einer vorab festgelegten Nichtunterlegenheitsmarge (− 0,75 g/dl; − 0,5 mmol/l). Der Unterschied betrug − 0,32 g/dl (INNO2VATE 1) beziehungsweise −0,17 g/dl (INNO2VATE 2). Das kardiovaskuläre Sicherheitsprofil war vergleichbar. In der gepoolten Analyse trat ein erstes MACE bei 355 Patienten (18,2 Prozent) in der Vadadustat-Gruppe und bei 377 Patienten (19,3 Prozent) in der Darbepoetin-alfa-Gruppe auf.
Die häufigsten Nebenwirkungen waren thromboembolische Ereignisse (13,5 Prozent), Diarrhö (12,7 Prozent) und Hypertonie (11,1 Prozent).
Mit Vadadustat kam nun ein zweiter HIF-PH-Inhibitor auf den deutschen Markt. Das Wirkprinzip ist damit nicht neu und mit dem des First-in-Class-Wirkstoffs Roxadustat identisch. Auch hinsichtlich des Einsatzgebietes bietet Vadadustat keinen Fortschritt. Denn während Roxadustat zur Behandlung erwachsener Patienten mit symptomatischer Anämie bei chronischer Nierenerkrankung (CKD) angezeigt ist, darf Vadadustat nur bei Erwachsenen zur Behandlung von symptomatischer Anämie infolge CKD, die eine chronische Erhaltungsdialyse bekommen, zum Einsatz kommen.
In den Zulassungsstudien konnte eine Nichtunterlegenheit von Vadadustat gegenüber Darbepoetin alfa gezeigt werden. Einen direkten Vergleich mit Roxadustat gibt es in diesen Studien aber nicht. Randomisierte Studien, in denen die verschiedenen »Dustate« (es sind noch einige mehr in der Entwicklung) direkt miteinander verglichen werden, sind erforderlich.
Eine 2023 veröffentlichte Metaanalyse kommt zu dem Schluss, dass Roxadustat im indirekten Vergleich zu Vadadustat öfter zu Hypertonie und Thrombose führt. Eine andere Metaanalyse zu einem indirekten Vergleich kommt dagegen zu dem Ergebnis, dass Vadadustat bei dialysepflichtigen CKD-Patienten gegenüber Daprodustat und Roxadustat hinsichtlich der Steigerung des Hämoglobinwerts leicht den Kürzeren zieht und die drei HIF-PH-Inhibitoren hinsichtlich der kardiovaskulären Sicherheit klinisch vergleichbar waren. Summa summarum muss Vadadustat vorläufig als Analogpräparat eingestuft werden.
Sven Siebenand, Chefredakteur