Umweltrisiken von Medikamenten minimieren |
Melanie Höhn |
11.08.2025 12:30 Uhr |
Bei vielen Arzneimitteln, die vor 2005 zugelassen wurden, fehlen oder liegen keine vollständigen, den heutigen Standards entsprechenden Daten zu Verbleib und Wirkung der Wirkstoffe in der Umwelt vor. / © Imago/Silas Stein
Arzneimittelrückstände sind eine wachsende Gefahr für Umwelt und Gesundheit. Pharmazeutische Wirkstoffe (aktive pharmazeutische Inhaltsstoffe, API) gelangen zunehmend durch Herstellung, Anwendung und Entsorgung in die Umwelt. Dies hat teils erhebliche Folgen für Ökosysteme, die biologische Vielfalt und die Trinkwasserqualität. Diese Rückstände werden zunehmend in europäischen Böden und Gewässern nachgewiesen.
In einem wissenschaftlichen Beitrag im »European Health & Pharmaceutical Law Journal (EHPL)« beleuchten die Umweltwissenschaftlerin und Juristin Kim Teppe und Professor i.R. für Öffentliches Recht an der Universität Augsburg Ulrich M. Gassner, wie sich Daten über das Umweltverhalten von Arzneistoffen in einem wirkstoffbasierten Monographiesystem sinnvoll strukturieren, zusammenführen und öffentlich zugänglich machen lassen und im Einklang mit Transparenzanforderungen, wissenschaftlicher Belastbarkeit und dem Datenschutz stehen.
Die Wissenschaftler analysieren die rechtliche Machbarkeit und die Wege zur praktischen Umsetzung dieses Monographiesystems zur Umweltbewertung (Environmental Risk Assessment, ERA) von Humanarzneimitteln auf EU-Ebene.
»Trotz des robusten Arzneimittel-Regulierungsrahmens der EU wurden Umweltaspekte traditionell hinter gesundheitsorientierten Zielen zurückgestellt«, heißt es in dem Bericht. »Bei vielen Arzneimitteln, die vor 2005 zugelassen wurden, fehlen oder liegen keine vollständigen, den heutigen Standards entsprechenden Daten zu Verbleib und Wirkung (ERA-Daten) ihrer Wirkstoffe vor, sodass erhebliche Umweltrisiken unberücksichtigt bleiben.«
Ein wesentlicher Bestandteil des EU-Pharmapakets, das sich derzeit in der finalen Verhandlungsphase befindet, ist auch die stärkere Berücksichtigung ökologischer Aspekte bei der Bewertung von Arzneimitteln. Die Kommission erkennt an, dass »die Verschmutzung von Gewässern und Böden durch Arzneimittelrückstände ein neu auftretendes Umweltproblem darstellt und wissenschaftliche Erkenntnisse vorliegen, dass das Vorhandensein dieser Stoffe in der Umwelt aufgrund ihrer Herstellung, Verwendung und Entsorgung ein Risiko für die Umwelt und die öffentliche Gesundheit darstellt«, erklären Teppe und Gassner in ihrem Bericht.
Die Kommission habe mehrere Reformvorschläge entwickelt, um die bestehende ERA-Verordnung gezielt zu verbessern. Ein zentrales Element ist der Vorschlag zur Einrichtung eines wirkstoffbasierten Monographiesystems für ERAs. »Die sogenannten Wirkstoffmonographien konsolidieren ERA-Daten verschiedener Arzneimittel zu Wirkstoffen in zentralisierten Monographien, harmonisieren die Risikobewertungen EU-weit, reduzieren Redundanzen und fördern die Transparenz«, so die Wissenschaftler.