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Emesis gravidarum

Übler Start in die Schwangerschaft

Für viele Frauen sind die ersten Wochen der Schwangerschaft nicht gerade rosig: Übelkeit und Erbrechen rauben zumindest zu Beginn sämtliche Kraft. Es gilt, rechtzeitig zu intervenieren. Doch in Deutschland gibt es nur eine für diese Indikation zugelassene Therapieoption.
AutorKontaktElke Wolf
Datum 12.07.2023  13:00 Uhr

Bis zu 85 Prozent der werdenden Mütter stößt die Schwangerschaft in den ersten Monaten übel auf. Die Hälfte muss sich zusätzlich noch übergeben. Die Bezeichnung »Morgenübelkeit« für diese Emesis gravidarum ist eine deutliche Untertreibung der Situation, da sich das flaue Gefühl im Magen bis hin zur Oberkante Unterlippe meist über den ganzen Tag hinzieht und von Geruchs- und Geschmacksstörungen begleitet wird. Die Unannehmlichkeiten beginnen etwa ab der sechsten Schwangerschaftswoche und verschwinden bei den meisten Frauen mit Beginn des zweiten Trimenons.

In bis zu 2 Prozent der Schwangerschaften ist das Erbrechen jedoch so stark ausgeprägt, dass Flüssigkeitsentgleisungen eine stationäre Behandlung mit Infusionstherapie unumgänglich machen. »Ein wichtiges Ziel muss es sein, Symptome frühzeitig zu behandeln, um schwere Formen dieser Hyperemesis gravidarum und Klinikeinweisungen zu vermeiden sowie negative Auswirkungen auf Mutter und Kind zu reduzieren«, informierte Dr. Wolfgang Paulus, Leiter der Beratungsstelle für Reproduktionstoxikologie an der Frauenklinik des Universitätsklinikums Ulm, beim Fortbildungskongress des Berufsverbands der Frauenärzte in Düsseldorf.

Bislang fehlt in Deutschland eine Leitlinie für die Behandlung von Übelkeit/Erbrechen in der Schwangerschaft. »Doch weil die Lebensqualität der Betroffenen enorm leidet, ist eine Therapie auch in weniger ausgeprägten Fällen gerechtfertigt«, so Paulus. Die einzige in Deutschland für die Indikation Emesis gravidarum zugelassene Therapieoption ist rezeptpflichtig und enthält eine Kombination aus 10 mg Doxylamin und 10 mg Pyridoxin (Xonvea®). Das zentralgängige H1-Antihistaminikum Doxylamin blockiert Histaminrezeptoren direkt in der Area postrema im Brechzentrum. Pyridoxin (Vitamin B6) soll die Spiegel von Estrogen, Progesteron und des Schwangerschaftshormons β-HCG (humanes Choriongonadotropin) regulieren. Angenehm für die Anwenderin: Die kleinen magensaftresistenten Tabletten lassen sich dank ihrer glatten Beschichtung leicht schlucken.

Beim Pharmakovigilanz- und Beratungszentrum für Embryonaltoxikologie der Charité Berlin, www.embryotox.de, werden die Wirkstoffe Doxylamin und Pyridoxin mit grünem Label als »Mittel der Wahl« aufgeführt und mit dem »Erfahrungsumfang sehr hoch und hoch« eingestuft. Die Wirkstoffkombination wird zudem schon länger von amerikanischen Leitlinien empfohlen, wenn herkömmliche Methoden wie eine Anpassung der Ernährung die Symptome nicht anhaltend lindern können.

Off Label, aber wirksam

Als Off-Label-Therapieoption gilt Dimenhydrinat. Die Anwendung in der Schwangerschaft darf nur unter strenger Nutzen-Risiko-Abwägung erfolgen, da das Salz aus dem H1-Antihistaminikum Diphenhydramin und 8-Chlor-Theophyllin kontraktionsfördernd wirken kann. Bei www.embryotox.de heißt es hierzu: »Die vorübergehende Anwendung von Dimenhydrinat in der Schwangerschaft ist akzeptabel. Im dritten Trimenon ist es bei vorzeitiger Wehentätigkeit zu meiden.« Laut Embryotox besser geeignet und Antiemetikum der Wahl in der Schwangerschaft ist das H1-Antihistaminikum Meclozin. Allerdings ist es hierzulande nicht mehr erhältlich, sondern nur noch über Auslandsapotheken zu beziehen.

Als probate Alternative für die Selbstmedikation nennen die Berliner Experten die gepulverte Droge des Ingwerrhizoms. »Ingwer kann in allen Phasen der Schwangerschaft in üblicher Dosierung eingenommen werden.« Von Embryotox wurden mittlerweile Sicherheitsdaten von mehr als 1000 Schwangeren ausgewertet, und dabei ergab sich kein erhöhtes Fehlbildungs- und Abortrisiko. Insofern kann das Apothekenteam 1 bis 2 g gepulverten Ingwerwurzelstock (Zintona®) empfehlen. Die HMPC-Monographie rät derzeit noch aus Vorsichtsgründen vom Einsatz in Schwangerschaft und Stillzeit ab - was sich in der Überarbeitung der Monographie ändern könnte.

Ursachen unklar

Die Gründe für die Unpässlichkeit sind nicht geklärt. Diskutiert werden erhöhte Progesteron- und Estrogenspiegel sowie Konzentrationsspitzen von β-HCG. Letzteres wird in der äußeren Hülle der Fruchtblase, dem Chorion, gebildet. Ab dem zweiten Trimenon übernimmt die Plazenta die Aufgaben des HCG, welches nun allmählich absinkt. Das könnte der Grund sein, warum die Übelkeit etwa nach dieser Zeit nachlässt, erklärt aber nicht persistierende Übelkeit und Erbrechen.

Lange wurde diskutiert, ob fehlende Symptome mit einer ungünstigen fetalen Entwicklung einhergehen, doch gibt es für diese These keinen Beleg. Im Gegenteil scheint es gar umgekehrt zu sein: Studien zeigen, dass Frauen mit Übelkeit ein deutlich geringeres Risiko für Fehlgeburten haben als Schwangere ohne entsprechende Beschwerden. Und: Bei Kindern von Müttern mit Emesis gravidarum ergibt sich keine erhöhte Anomalierate.

Bei der Beratung sollte an mögliche Differenzialdiagnosen gedacht werden. Möglich seien etwa eine Infektion mit dem Magenkeim Helicobacter pylori, eine eingeschränkte Magen-Darm-Motilität oder eine Schilddrüsenüberfunktion. Auch wenn die Beschwerden später als in der achten Woche beginnen und von weiteren Symptome wie Fieber, Bauch- oder Kopfschmerzen begleitet werden, ist eine ärztliche Intervention vonnöten. So kann etwa bei zahlreichen internistischen Erkrankungen wie Hepatitis, Appendizitis oder Pankreatitis anhaltende Übelkeit auftreten. Auch im Prodromalstadium einer Präeklampsie kann es zu Übelkeit und Erbrechen kommen.

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