Systemtherapie vor oder anstatt OP |
Brigitte M. Gensthaler |
25.09.2025 15:30 Uhr |
Weißer und schwarzer Hautkrebs können auch am Auge auftreten. Tumoren am Augenlid werden möglichst operativ entfernt. (Symbolbild) / © Adobe Stock/Edler von Rabenstein
Tumoren am Lid sind eine besondere Herausforderung – wegen ihrer Nähe zum Auge und weil funktionelle und ästhetische Aspekte hier besonders eng verbunden sind.
Das Basalzellkarzinom (BCC) ist die häufigste Krebsart in Deutschland; pro Jahr erkranken knapp 160.000 Menschen daran. BCC sind weniger maligne als schwarzer Hautkrebs (Melanom), denn sie wachsen sehr langsam und breiten sich nur selten aus. »Etwa ein Fünfzigstel der Basalzellkarzinome zeigt sich am Auge«, berichtete Professor Dr. Vinodh Kakkassery, Chefarzt der Klinik für Augenheilkunde am Klinikum Chemnitz, kürzlich bei einer Pressekonferenz der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG).
Goldstandard sei die operative – möglichst vollständige – Entfernung des Tumors am Auge. »Die präzise Resektionskontrolle reduziert die Rezidivrate von 30 auf 1 Prozent«, sagte der Augenarzt. Allerdings seien sehr aggressive oder große Basaliome oft nicht operabel, weil man sonst das Auge entfernen müsse. Dann könnten Hedgehog-Inhibitoren peroral gegeben werden – auch neoadjuvant, um den Tumor zu verkleinern. Ziel sei es, bei der anschließenden Operation möglichst viel gesundes Gewebe oder auch das Auge zu erhalten.
Zur Gruppe der Hedgehog-Inhibitoren gehören Vismodegip und Sonidegip, die als Hartkapseln peroral gegeben werden. Vismodegip ist zugelassen beim metastasierten sowie beim lokal fortgeschrittenen Basalzellkarzinom, wenn der Patient für eine Operation oder Bestrahlung nicht geeignet ist. Die zweitgenannte Indikation gilt auch für Sonidegip.
Gemäß einer 2024 im Fachjournal »Ophthalmology« publizierten Literaturrecherche zu Vismodegip bei Patienten mit (peri-)orbitalem Basalzellkarzinom sprachen die meisten Patienten auf die Medikation an. Bis zu 88 Prozent hätten initial eine komplette Remission erreicht, schreiben die Autoren. Das Medikament reduzierte das Tumorvolumen signifikant.
Allerdings gab es häufig Rückfälle und Resistenzmutationen. Letztlich mussten doch bis zu 80 Prozent der Betroffenen operiert und bei bis zu 23 Prozent musste das Auge entfernt werden. Nahezu alle Patienten erlitten Nebenwirkungen, am häufigsten waren Muskelkrämpfe, Haarausfall, Gewichtsverlust, Fatigue und Veränderung des Geschmackssinns.
In einer 2023 im Fachjournal »Dermatology and Therapy« veröffentlichten retrospektiven Studie zu Sonidegip bei 16 Patienten mit lokal fortgeschrittenem periorbitalen BCC sprachen 56 Prozent der Tumoren komplett und 25 Prozent teilweise auf die orale Medikation an. Nebenwirkungen waren ebenfalls sehr häufig, aber eher mild und veranlassten – anders als unter Vismodegip – keine Therapieabbrüche.
Laut Kakkassery wären Topika mit Hedgehog-Inhibitoren zum Auftragen am Auge sehr hilfreich. »Damit erreichen wir eine hohe Wirkung und die Lokaltherapie belastet nicht das System.«