Streit um Aufhebung der Quarantänepflichten |
Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, hielt Gassen »Opportunismus« vor. »Die Isolation schützt. Denn so wird verhindert, dass sich andere anstecken. Long- und Post-Covid sind die Folgen. Schon über fünf Millionen Genesene leider darunter«, sagte Brysch. Gassen spiele mit der Gesundheit der Menschen. Gassen räumte ein, dass die Infektionszahlen seit Monaten sehr hoch seien und es wegen weniger Tests wohl zusätzlich Hunderttausende nicht erkannter Ansteckungen pro Tag gebe. Die Verläufe seien aber fast immer mild. »Das Problem sind also nicht die vielen Infektionen, sondern, dass positiv Getestete auch ohne Symptome mehrere Tage zu Hause bleiben, in Isolation geschickt werden. Dadurch entstehen die Personalengpässe in den Kliniken und anderswo.«
Auch der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Gerald Gaß, wies auf Probleme im Zusammenhang mit der Isolationspflicht hin. »Die Belastung steigt stetig, der deutliche Mehraufwand durch die Pflicht zur Isolation nimmt zu«, sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe – ohne jedoch ein Abrücken von den derzeitigen Vorgaben zu fordern. Wegen des Ausfalls von Mitarbeitern müssten in zahlreichen Krankenhäusern planbare Operationen verschoben und zeitweise ganze Bereiche abgemeldet werden.
Der Vorsitzende des Weltärztebundes, Frank Ulrich Montgomery, sagte der »Rheinischen Post« (Online/Print Montag): »Die Aufhebung von Quarantäneregeln aus Arbeitsmarktgründen ist aus ärztlicher Sicht nicht zu vertreten. Unsere Aufgabe ist es, Menschen vor Krankheit, Leid und Tod zu bewahren.«
Der FDP-Gesundheitsexperte Andrew Ullmann gab Gassen dagegen recht. »Dies ist ein lösungsorientierter Ansatz, um einen klügeren und individuellen Umgang mit Corona-Infektionen zu ermöglichen«, teilte er am Wochenende mit. »Die Isolierungsdauer von Patienten mit Covid-19 sollte nicht mehr von staatlicher Seite fixiert sein. So können wir zu einer gewissen Normalität und Unaufgeregtheit zurückkehren.« Die Isolationsdauer sollte nach Ullmanns Worten künftig eine medizinische und individuelle Entscheidung sein.
Auf Eigenverantwortung setzt auch FDP-Chef Christian Lindner – allerdings mit Blick auf künftige Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie. »Es darf in Zukunft nicht mehr flächendeckende, pauschale Freiheitseinschränkungen für alle geben«, sagte Lindner den Funke-Zeitungen. »Wir brauchen gezielte Maßnahmen, die möglichst viel gesellschaftliches Leben garantieren und den Menschen möglichst viel Eigenverantwortung belassen.«
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