STIKO bleibt bei ihrer Entscheidung zu Vaxzevria |
Christina Hohmann-Jeddi |
08.04.2021 13:38 Uhr |
Zudem sei man in der positiven Situation, auf andere Covid-19-Impfstoffe ausweichen zu können. Für die mRNA-Impfstoffe von Biontech/Pfizer und Moderna konnte bislang kein Risikosignal für die speziellen Thrombosen beobachtet werden. »Man ist nicht in der Situation, jemandem einen Impfstoff vorzuenthalten, sondern es ist eine Umverlagerung der vorhandenen Impfstoffe entsprechend der bisher bekannten Risikokonstellationen.« Das sei nicht nur ein legitimes, sondern ein notwendiges Geschehen, sagte das STIKO-Mitglied. Denn man dürfe nicht nur mit dem Aspekt der Pandemiebekämpfung und den durch Impfung verhinderten Todesfällen argumentieren, sondern müsse auch sicherstellen, dass jeder Geimpfte möglichst kein hohes Risiko für Komplikationen hat.
Dass die seltenen thrombotischen Ereignisse kausal mit der Impfung zusammenhängen, sei relativ schnell klar gewesen, sagte Bogdan. Auch die EMA sieht dies inzwischen so. Noch gebe es aber keine Belege, dass der Impfstoff Vaxzevria die Ursache ist, der Auslöser könne auch indirekt die heftige Immunreaktion auf den Impfstoff sein. Es sei ein bekanntes Phänomen, dass durch eine Impfung neben der gewünschten Immunantwort auch andere präexistente immunologische Prozesse wie Autoimmunprozesse verstärkt werden können. »Es muss eine bestimmte Prädisposition geben«, sagte Bogdan. Wenn die Komplikationen durch den Vektor ausgelöst würden, wären sie sehr viel häufiger.
Dr. Marianne Röbl-Mathieu, niedergelassene Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe in München und ebenfalls STIKO-Mitglied, führte die Ermittlung der Altersgrenze für die Vaxzevria-Impfung noch einmal genauer aus: Das Risiko, an Covid-19 zu versterben, ist für die Gruppe der Über-60-Jährigen fünfzigmal höher als für die Gruppe der 20- bis 59-Jährigen. Demgegenüber stehe das Risiko für die seltenen, aber schwerwiegenden und zum Teil tödlichen Komplikationen, die zu 95 Prozent bei Personen unter 60 Jahren aufgetreten seien.
Röbl-Mathieu erklärte auch, warum die STIKO-Altersgrenze für beide Geschlechter gilt, obwohl die meisten Fälle in Deutschland bei Frauen aufgetreten sind: Zum einen seien hierzulande vor allem junge Frauen geimpft worden, was das Verhältnis erklären könnte, zum anderen gebe es bislang keinen Hinweis, dass es eine Geschlechterdifferenz in Bezug auf den vermuteten Pathomechanismus gibt, so Bogdan.
Frauen hätten insgesamt ein höheres Risiko für Thrombosen, allerdings würden die klassischen Risikofaktoren, zu denen die Pilleneinnahme zählt, und ein höheres Lebensalter nicht mit den untersuchten Fällen zusammenpassen. Hier bestehe noch ein riesiges Fragezeichen, so Röbl-Mathieu. Dies erschwere auch die individuelle Beratung zu dem Impfstoff. Denn bisher seien keine spezifischen Risikofaktoren identifiziert, an denen man das individuelle Risiko ermitteln könne, sagte die Ärztin. Man könne sich daher nur auf eine Risikoaufklärung beschränken.