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Häufige Arzneistoffe

Steckbrief Codein

Codein gehört zu den schwach wirksamen Opioiden und wird als Schmerzmittel und Hustenstiller eingesetzt. Für Kinder unter zwölf Jahren ist es seit einigen Jahren tabu.
Daniela Hüttemann
15.02.2023  07:00 Uhr

Was ist das Einsatzgebiet von Codein?

Zu den Anwendungsgebieten von Codein zählt die symptomatische Therapie von unproduktivem Reizhusten. Zudem wird Codein eingesetzt zur Behandlung von akuten, mäßig starken Schmerzen, wenn angenommen wird, dass andere Analgetika wie Paracetamol oder Ibuprofen allein nicht ausreichen. Die Kombination mit nicht opioiden Analgetika gilt als sinnvoll.

Wie wirkt Codein?

Codein ist ein Agonist an Opioidrezeptoren und wirkt dadurch ausgeprägt antitussiv. Die analgetische Wirkung wird vor allem darauf zurückgeführt, dass im Körper etwa 10 Prozent des Codeins über CYP2D6 zu Morphin demethyliert werden, das die zentrale Schmerzempfindung stärker hemmt als Codein selbst. Die relative analgetische Wirkstärke von Codein im Vergleich zu Morphin beträgt circa 0,08. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) ordnet Codein in ihrem Analgetika-Schema auf der Stufe 2 ein. Wie andere Opioide hat auch Codein eine atemdepressive Wirkkomponente.

Wie wird Codein dosiert?

Bei Reizhusten nehmen Patienten 15 bis 44 mg Codein alle sechs bis acht Stunden. Die Tageshöchstdosis beträgt 200 mg. Die Einnahme sollte bevorzugt zur Nacht erfolgen. Retardiert kommen 36,8 bis 73,6 mg Codein morgens und abends zum Einsatz (Tageshöchstdosis dann 147,2 mg Codein). Bei Schmerzen beträgt die Dosierung 28,3 bis 56,6 mg Codein alle sechs Stunden mit einer Tageshöchstdosis von 240 mg. 12- bis 17-Jährige können in beiden Indikationen ebenfalls mit diesen Dosen behandelt werden.

Zu Beginn der Therapie sollte die individuelle Reaktion des Patienten auf Codein kontrolliert werden, um eventuelle relative Überdosierungen schnell zu erkennen, denn die Verträglichkeit ist genetisch bedingt. Bei Niereninsuffizienz ist die Elimination verlangsamt und das Dosierintervall muss verlängert werden. Generell soll Codein nur in der niedrigsten wirksamen Dosis und für die kürzeste mögliche Zeit angewendet werden.

Welche Gegenanzeigen gilt es zu beachten?

Absolut kontraindiziert ist Codein unter anderem bei Ateminsuffizienz, Atemdepression, Pneumonie, akutem Asthmaanfall, Koma, tiefer Bewusstlosigkeit, nahender Geburt oder drohender Frühgeburt und in der Stillzeit sowie bei ultraschnellen CYP2D6-Metabolisierern. Zu den relativen Gegenanzeigen gehören eine bestehende Abhängigkeit von Opioiden, Bewusstseinsstörungen, Störungen des Atemzentrums und der Atemfunktion, chronisch obstruktive Atemwegserkrankungen wie COPD, Schwangerschaft (vor allem erstes und drittes Trimenon) sowie in höheren Dosen niedriger Blutdruck bei gleichzeitig bestehender Hypovolämie.

Was ist bei Senioren und Kindern zu beachten?

Bei Senioren darf Codein unter Beachtung der Kontraindikationen und der Nierenfunktion angewendet werden. Die Priscus-Liste 2.0 führt Codein (und Dihydrocodein) in beiden Indikationen allerdings als potenziell inadäquate Medikation (PIM). Bei Husten sollten stattdessen Phytopharmaka oder Dextromethorphan (DMP) zum Einsatz kommen.

Bei Kindern unter zwölf Jahren ist Codein kontraindiziert, in der Indikation Husten seit 2015 und in der Indikation Schmerzen seit 2013. Grund ist die mögliche Atemdepression. Bei 12- bis 18-Jährigen ist es unmittelbar nach einer Mandelentfernung sowie bei bekannten Atemproblemen oder eingeschränkter Atemfunktion tabu.

Welche Nebenwirkungen können unter Codein auftreten?

Am wichtigsten zu nennen sind die bereits mehrfach erwähnte Atemdepression und eine Beeinflussung des Reaktionsvermögens. Wie bei anderen Opioiden ist die Liste aber noch länger: Übelkeit, Erbrechen, Obstipation (wichtig für die Beratung: viel trinken, ballaststoffreich essen), Magenschmerzen, Kopfschmerzen, Schläfrigkeit, Schlafstörungen, Ohrgeräusche, Kurzatmigkeit, Mundtrockenheit, Pruritus, Exanthem, Pupillenverengung, Sehstörungen, Herzklopfen, Krampfanfälle, Unruhe, Verwirrtheit, Stimmungsschwankungen, Abhängigkeit und Toleranzerscheinungen. Aufgrund der möglichen euphorisierenden und halluzinogenen Wirkung besteht ein Missbrauchspotenzial.

Welche Wechselwirkungen sind möglich?

Codein darf nicht zusammen mit Expektoranzien eingesetzt werden, da der Schleim dann nicht abgehustet werden kann. Zudem darf es nicht mit anderen atemdepressiv wirkenden Arzneimitteln wie anderen Opioiden, Benzodiazepinen, Z-Substanzen und vielen Psychopharmaka kombiniert werden – und auch nicht mit Alkohol. Weitere Wechselwirkungen ergeben sich aus dem CYP2D6-abhängigen Metabolismus. Das betrifft unter anderem die Induktoren Rifampicin und Dexamethason sowie Inhibitoren wie Metoclopramid, bestimmte selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) und weitere.

Braucht man für Codein ein Betäubungsmittel-Rezept?

Codein fällt unter die Anlage III des Betäubungsmittelgesetzes. Ausgenommen sind Zubereitungen, »die ohne einen weiteren Stoff der Anlagen I bis III bis zu 2,5 vom Hundert oder je abgeteilte Form bis zu 100 mg Codein, berechnet als Base, enthalten«, heißt es dort. Damit müssen die meisten Codein-Präparate nicht auf einem BtM-Rezept verordnet werden – mit einer Ausnahme: Wenn der Arzt Codein für eine betäubungsmittel- oder alkoholabhängige Person verordnet, muss er das auf einem BtM-Rezept tun. Die Apotheke muss dies jedoch nicht überprüfen.

Was tun bei einer Überdosierung von Codein?

Häufigste Anzeichen einer Codein-Intoxikation sind Somnolenz, Verwirrtheit, flache Atmung, enge Pupillen, Übelkeit und Erbrechen, Verstopfung und Appetitlosigkeit, bei Kindern auch Hautsymptome. Wichtigste Maßnahmen sind die Aufrechterhaltung der Atmung und die Gabe eines Opioidrezeptor-Antagonisten wie Naloxon.

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