Steckbrief Ambroxol |
Annette Rößler |
09.03.2023 16:00 Uhr |
Die Bronchien sind mit einem speziellen Epithel ausgekleidet, das unter anderem zilientragende Zellen und Becherzellen beinhaltet. Dieses Flimmerepithel sorgt dafür, dass der Bronchialschleim nach draußen transportiert wird. / Foto: Getty Images/Steve Gschmeissner/SPL
Was sind die Einsatzgebiete von Ambroxol?
Ambroxol wird als Schleimlöser bei akuten und chronischen bronchopulmonalen Erkrankungen eingesetzt, die mit einer Störung von Schleimbildung und -transport einhergehen. Konkret kann das etwa ein akuter Erkältungshusten sein, aber auch eine chronisch-obstruktive Lungenerkrankung (COPD) oder auch das Atemnotsyndrom bei Früh- und Neugeborenen. Topisch in Form von Lutschtabletten wird Ambroxol zudem bei Halsschmerzen gegeben.
Welche Darreichungsformen stehen zur Verfügung?
Zum Schlucken gibt es Ambroxol in Form von Saft, Trinktabletten, Tropfen, Filmtabletten und Retardkapseln. Die oralen Darreichungsformen werden unabhängig von den Mahlzeiten eingenommen. Daneben gibt es eine Inhalationslösung sowie eine Injektionslösung zur intravenösen Anwendung für Fälle, in denen eine orale Behandlung nicht möglich ist. Lutschtabletten und -pastillen mit Ambroxol stehen in diversen Geschmacksrichtungen zur Verfügung.
Wie wirkt Ambroxol?
Therapeutisch verwendet wird Ambroxolhydrochlorid. Es steigert den Anteil des dünnflüssigen (serösen) Bronchialsekrets und stimuliert die Aktivität des Flimmerepithels. Außerdem regt Ambroxolhydrochlorid die Surfactant-Produktion an. Unter dem Strich ergibt sich aus diesen Teilwirkungen eine verbesserte mukoziliäre Clearance. Bei topischer Anwendung als Lutschtablette wirkt Ambroxolhydrochlorid lokalanästhetisch und entzündungshemmend.
Wie wird Ambroxol dosiert?
Als Mukolytikum nehmen Erwachsene und Jugendliche ab zwölf Jahren von den unretardierten Arzneiformen in der Regel zunächst dreimal täglich 30 mg Ambroxolhydrochlorid ein. Bei Bedarf kann die Dosis auf zweimal täglich 60 mg erhöht werden. Nach zwei bis drei Tagen wird die Dosis auf zweimal täglich 30 mg gesenkt. Die Retardkapseln enthalten 75 mg Ambroxolhydrochlorid und sind zur einmal täglichen Anwendung bei Erwachsenen und Jugendlichen ab zwölf Jahren bestimmt.
Kinder unter zwölf Jahren sollten nur die nicht retardierten oralen Darreichungsformen erhalten. Bei ihnen werden zweimal täglich 7,5 mg (Kinder unter zwei Jahren), dreimal täglich 7,5 mg (zwei bis fünf Jahre) beziehungsweise zwei- bis dreimal täglich 15 mg (sechs bis zwölf Jahre) Ambroxolhydrochlorid empfohlen.
Bei Halsschmerzen können Erwachsene und Jugendliche über zwölf Jahren täglich bis zu sechs Lutschtabletten à 20 mg Ambroxolhydrochlorid lutschen. Cave: Es gibt auch Lutschpastillen mit 15 mg Ambroxolhydrochlorid, die als Schleimlöser und nicht primär gegen Halsschmerzen angewendet werden. Sie werden wie die anderen nicht retardierten oralen Darreichungsformen dosiert.
Ohne ärztliche Anweisung dürfen Kinder unter zwei Jahren nicht mit Ambroxol behandelt werden. Für alle übrigen Altersgruppen gilt: In Eigenregie soll die Anwendung als Schleimlöser nicht länger als vier bis fünf Tage dauern, bei Halsschmerzen nicht länger als drei Tage.
Die inhalative Anwendung kann ab einem Alter von sechs Jahren erfolgen. Empfohlen werden ein- bis zweimal täglich 15 bis 22,5 mg Ambroxolhydrochlorid. Als Injektion können Erwachsene zwei- bis dreimal täglich bis zu 30 mg erhalten; bei Kindern beträgt die Tagesrichtdosis bei intravenöser Gabe 1,2 bis 1,6 mg Ambroxolhydrochlorid pro kg Körpergewicht.
Welche Nebenwirkungen kann Ambroxol haben?
Häufig kommt es bei Anwendung von Ambroxol zu Geschmacksstörungen, Übelkeit und Taubheitsgefühl in Mund und Rachen. Möglich sind auch schwerwiegende Nebenwirkungen an der Haut wie Erythema multiforme, Stevens-Johnson-Syndrom oder toxische epidermale Nekrolyse. Patienten sollten bei Anzeichen einer möglichen Überempfindlichkeit, zum Beispiel Hautausschlag, Ambroxol sofort absetzen und einen Arzt aufsuchen.
Welche Wechselwirkungen mit Ambroxol müssen beachtet werden?
Den Hustenreflex zu dämpfen, während gleichzeitig das Bronchialsekret verflüssigt wird, ist keine gute Idee: Bei gleichzeitiger Anwendung von Ambroxol mit einem Antitussivum droht ein Sekretstau. Das gilt besonders bei Vorliegen einer Grunderkrankung wie zystische Fibrose, die mit einer erhöhten Schleimproduktion einhergeht.
Ist Ambroxol für Schwangere und Stillende geeignet?
In der Fachinformation wird generell zu den »üblichen Vorsichtsmaßnahmen bezüglich der Anwendung von Arzneimitteln« und im ersten Trimenon sowie in der Stillzeit generell von der Anwendung abgeraten. Allerdings kann Ambroxol laut Embryotox, dem Pharmakovigilanz- und Beratungszentrum für Embryonaltoxikologie der Berliner Charité, auch während der Schwangerschaft verwendet werden, wenn allgemeine Maßnahmen wie Inhalieren und ausreichende Flüssigkeitszufuhr nicht ausreichen. Auch in der Stillzeit ist laut der Einschätzung von Embryotox die kurzzeitige Anwendung von Ambroxol möglich.
Seit wann gibt es Ambroxol?
Das Expektorans Bromhexin (Bisolvon®) ist eine Entwicklung von Boehringer Ingelheim, die das Unternehmen 1963 in Deutschland auf den Markt brachte. Bromhexin ist ein synthetisches Derivat von Vasicin, eines bronchodilatatorisch wirksamen Chinazolinalkaloids aus dem Indischen Lungenkraut (Adhatoda vasica). Ambroxol, den wirksamen Metaboliten von Bromhexin, führte Boehringer Ingelheim 1979 als Mucosolvan® ein. Mittlerweile gibt es viele Generika.
Strukturformel Ambroxol / Foto: Wurglics