Pharmazeutische Zeitung online
»Datenklau«-Prozess

Staatsanwalt sieht Anklage bestätigt

Der Staatsanwalt hält die Tatvorwürfe gegen Ex-ABDA-Sprecher Thomas Bellartz und den IT-Experten Christoph H. für ausreichend belegt. Das machte er in seinem heutigen Plädoyer vor dem Berliner Landgericht deutlich. In seinen Augen sind die Taten keine Einzelfälle gewesen, sondern fast schon ein »eingerichteter Betrieb«. Für Bellartz hält er eine Geldstrafe von 60.000 Euro, für H. eine Haftstrafe für angemessen.
Jennifer Evans
13.03.2019  17:44 Uhr

Nach monatelanger Beweisaufnahme sieht Staatsanwalt Roland Hennicke es weiterhin als erwiesen an, dass sich die Vorfälle rund um den vermeintlichen Datendiebstahl im Bundesgesundheitsministerium (BMG) genauso zugetragen haben, wie sie in der Anklage beschrieben sind. Heute fasste der Staatsanwalt nochmal alles zusammen: Im März 2006 lernten sich demnach die beiden Angeklagten kennen und schmiedeten gemeinsam den Plan, in den für Apotheken zuständigen Fachreferaten im BMG vertrauliche Daten auszuspähen. Dafür habe der seinerzeit für das Ministerium tätige Systemadministrator H. seine Position ausgenutzt, um auf diverse E-Mail-Postfächer verschiedener Fachreferate sowie einzelner BMG-Mitarbeiter zuzugreifen. Er habe ein Kennwort benutzt, das ihm das Ministerium lediglich zu IT-bezogenen Zwecken zur Verfügung gestellt hatte. Welche Postfächer mit Blick auf die Apothekerschaft interessant gewesen seien, habe ihm Bellartz zuvor gesagt, so der Staatsanwalt. Die entsprechenden Daten habe H. sodann auf CD gebrannt und Bellartz gegen Bezahlung übergeben. Ziel der beiden Angeklagten sei gewesen, sich auf diese Weise einen politischen Informationsvorsprung rund um aktuelle Gesetzentwürfe zu verschaffen, so Hennicke. Die Taten hätten sich zwischen 2009 und 2012 zugetragen. 

Beweise sieht der Staatsanwalt etwa in der dokumentierten Kommunikation zwischen Bellartz und H. sowie korrespondierender Geldflüsse auf den Konten der beiden Angeklagten. Auch diverse Zeugenaussagen, sichergestellte Datenträger und Zugriffsprotokolle aus dem BMG bestätigen seiner Auffassung nach den Tatablauf. Auch die Hauptbelastungszeugin und Exfrau von H. hält Hennicke – im Gegensatz zu den Verteidigern – für glaubwürdig. Dass sie H. absichtlich belasten wollte, bezweifelt er. Durch einen anonymen Hinweis im BMG hatte sie – beziehungsweise ihr heutiger Partner – den Fall ins Rollen gebracht.

Ursprünglich wurde den beiden Angeklagten vorgeworfen, in 40 Fällen Daten ausgespäht zu haben. Und in diesem Zusammenhang auch gegen das Bundesdatenschutzgesetz verstoßen zu haben. Seit einigen Monaten verfolgen die Richter allerdings nur noch zwei dieser 40 Fälle. Die 38 übrigen Anklagepunkte sowie die Verstöße in Sachen Datenschutz haben sie in der Zwischenzeit fallen lassen. In den beiden verbleibenden Fällen sieht der Staatsanwalt jedoch weiterhin den Tatbestand gemäß §202a Strafgesetzbuch zum Ausspähen von Daten als erfüllt an. Die beiden Angeklagten mussten demnach zunächst eine Sicherung überwinden, um an die sensiblen und nicht für sie bestimmten Daten zu gelangen. Hennicke betonte, H. müsse damals klar gewesen sein, dass er das BMG-Administratoren-Konto samt dessen Passwort nur zur Problembehebung nutzen durfte und nicht etwa zum Kopieren von Daten. Die gemäß §202a geforderte Überwindung einer Zugangssicherung müsse nicht zwangsläufig lange dauern oder besonders schwierig sein, so der Staatsanwalt. Daher sieht er den Tatbestand weiter als erfüllt an. 

Auf der anderen Seite räumte Hennicke heute ein, das Niveau der damaligen IT-Sicherheit im BMG sei nicht auf dem aktuellen Stand gewesen. Das ändert in seinen Augen aber nichts daran, dass die Angeklagten sich den Zugang zu den brisanten Informationen erst aktiv verschaffen mussten. Insgesamt hält der Staatsanwalt die Taten für »keine Einzelfälle«, sondern für eine Art »eingerichteten Betrieb«, der über einen Zeitraum von gut drei Jahren lief. 

Geldstrafe ist angemessen

Hennicke fordert für Bellartz eine Geldstrafe von 260 Tagessätzen à 300 Euro und für H. zwei Jahre und sechs Monate Haft. Angesichts der langen Verfahrensdauer will der Staatsanwalt jedoch bei Bellartz 60 Tagessätze abziehen, sodass 60.000 Euro Strafe übrig bleiben. Bei H. sollen aus demselben Grund vier Monate der geforderten Haftstrafe bereits als verbüßt gelten. Dem IT-Fachmann werden noch weitere Taten zur Last gelegt, die nicht in Zusammenhang mit dem Ausspähen von Daten stehen. Das ist unter anderem ein Einbruchdiebstahl, für den H. nun zusätzlich 55.000 Euro als Wertersatz zahlen soll, sowie der Besitz kinderpornografischen Datenmaterials. Zugutehalten will der Staatsanwalt den beiden Angeklagten, dass sie strafrechtlich bislang noch nicht aufgefallen sind.

Bellartz' Verteidiger, Professor Carsten Wegner, kommentierte die Ausführungen des Staatsanwalts mit: »Wir werden zeigen, dass heute viel heiße Luft produziert wurde.« Am 27. März wird die Verteidigung ihr Plädoyer halten. Das Urteil könnte dann Anfang April fallen – nach mehr als einem Jahr Verhandlungsdauer. Prozessauftakt war bereits im Januar 2018.

Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
 
FAQ
SENDEN
Wie kann man die CAR-T-Zelltherapie einfach erklären?
Warum gibt es keinen Impfstoff gegen HIV?
Was hat der BGH im Fall von AvP entschieden?
GESAMTER ZEITRAUM
3 JAHRE
1 JAHR
SENDEN
IHRE FRAGE WIRD BEARBEITET ...
UNSERE ANTWORT
QUELLEN
22.01.2023 – Fehlende Evidenz?
LAV Niedersachsen sieht Verbesserungsbedarf
» ... Frag die KI ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln. ... «
Ihr Feedback
War diese Antwort für Sie hilfreich?
 
 
FEEDBACK SENDEN
FAQ
Was ist »Frag die KI«?
»Frag die KI« ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums versehen, in denen mehr Informationen zu finden sind. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung verfolgt in ihren Artikeln das Ziel, kompetent, seriös, umfassend und zeitnah über berufspolitische und gesundheitspolitische Entwicklungen, relevante Entwicklungen in der pharmazeutischen Forschung sowie den aktuellen Stand der pharmazeutischen Praxis zu informieren.
Was sollte ich bei den Fragen beachten?
Damit die KI die besten und hilfreichsten Antworten geben kann, sollten verschiedene Tipps beachtet werden. Die Frage sollte möglichst präzise gestellt werden. Denn je genauer die Frage formuliert ist, desto zielgerichteter kann die KI antworten. Vollständige Sätze erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer guten Antwort.
Wie nutze ich den Zeitfilter?
Damit die KI sich bei ihrer Antwort auf aktuelle Beiträge beschränkt, kann die Suche zeitlich eingegrenzt werden. Artikel, die älter als sieben Jahre sind, werden derzeit nicht berücksichtigt.
Sind die Ergebnisse der KI-Fragen durchweg korrekt?
Die KI kann nicht auf jede Frage eine Antwort liefern. Wenn die Frage ein Thema betrifft, zu dem wir keine Artikel veröffentlicht haben, wird die KI dies in ihrer Antwort entsprechend mitteilen. Es besteht zudem eine Wahrscheinlichkeit, dass die Antwort unvollständig, veraltet oder falsch sein kann. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung übernimmt keine Verantwortung für die Richtigkeit der KI-Antworten.
Werden meine Daten gespeichert oder verarbeitet?
Wir nutzen gestellte Fragen und Feedback ausschließlich zur Generierung einer Antwort innerhalb unserer Anwendung und zur Verbesserung der Qualität zukünftiger Ergebnisse. Dabei werden keine zusätzlichen personenbezogenen Daten erfasst oder gespeichert.
THEMEN
ApothekeAugen

Mehr von Avoxa