»Spiegel« kritisiert fehlende BtM-Pflicht für Tramadol |
Daniela Hüttemann |
20.03.2025 13:46 Uhr |
Tramadol wird immer noch recht häufig bei chronischen Rückenschmerzen verordnet. / © Imago/Pond5 Images
Tramadol wurde von der Firma Grünenthal entwickelt und kam 1977 als Tramal® auf den Markt. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) stuft das synthetische Opioid nach wie vor als niederpotentes Opioid-Analgetikum der Stufe zwei ein. Im Gegensatz zu anderen Ländern fällt Tramadol in Deutschland nicht unter die Betäubungsmittelpflicht. Jetzt wirft das Magazin »Spiegel« den deutschen Behörden ein Kontrollversagen und Grünenthal eine Verharmlosung der Substanz vor.
Neben drei persönlichen Patientenschicksalen schildert der »Spiegel« seine Recherche beim Bundesinstitut für Arzneimittel für Medizinprodukte (BfArM) und der dort angesiedelten Bundesopiumstelle sowie dem Sachverständigenausschuss für Betäubungsmittel.
Tramadol gelte als »schwächeres Opioid«, das seltener abhängig mache, als andere Opioide. »Jeder Hausarzt kann es verschreiben, es fällt nicht unter das Betäubungsmittelgesetz. Was ein fataler Fehler ist«, schreibt der »Spiegel«. Das Abhängigkeitspotenzial werde unterschätzt. Experten würden beobachten, dass vor allem Jugendliche die weniger potenten Opioide als Einstiegsdroge nutzen, »weil sie mit echten oder gefälschten Rezepten in jeder Apotheke zu haben sind«.
Nach Tilidin wird Tramadol in Deutschland am häufigsten verordnet, was wenig verwunderlich ist, da beide Arzneistoffe als Stufe-2-Opioidanalgetika ein breiteres Einsatzfeld haben als die stärker wirksamen Opioide. Nach Zahlen des Deutschen Arzneiprüfungsinstitut aus dem Jahr 2023 waren die Verordnung für Tramadol zulasten der Gesetzlichen Krankenversicherung deutlich rückläufig: von 2,31 Daily Defined Doses pro 1000 Bewohner pro Tag (sogenannte DID) im Jahr 2019 auf 1,79 Dosen im Jahr 2023 – ein Rückgang um 22 Prozent. Zahlen für Privatrezepte liegen allerdings nicht vor. Tilidin plus Naloxon liegt unverändert bei 6,5 DID. Tilidin/Naloxon ist in flüssiger Form BtM-pflichtig, nicht jedoch in festen Zubereitungen mit verzögerter Wirkstofffreigabe. Diese Zahlen, die das DAPI im Oktober 2024 publizierte, zitiert der Spiegel jedoch nicht. 2023 sei Tramadol 2,5 Millionen Mal verordnet worden. Tramadol ist indiziert bei mäßig starken bis starken Schmerzen.