Soforthilfe unerlässlich |
Sven Siebenand |
14.01.2024 17:20 Uhr |
Thomas Benkert, Präsident der Bundesapothekerkammer, eröffnete den diesjährigen Fortbildungskongress Pharmacon in Schladming. / Foto: Alois Müller
Benkert betonte, dass Kostensteigerungen in einem nie dagewesenen Ausmaß die wirtschaftliche Situation der Apotheken belasten, was sich auch deutlich an der Zahl der Betriebsschließungen zeige. »Wir kämpfen mit Personalmangel und gleichzeitig belasten uns die Lieferengpässe«, verwies der BAK-Präsident auf zwei weitere von vielen Sorgenfalten des Berufsstands.
In seiner Rede erinnerte Benkert daran, dass die ABDA Anfang 2023 einen Forderungskatalog aufgestellt hat, in dem klar formuliert wurde, was für eine gute und sichere Arzneimittelversorgung der Bevölkerung extrem wichtig ist. »Kernpunkt war und ist, dass wir verlässliche und stabile Rahmenbedingungen brauchen, um die Menschen gut und sicher zeit- und wohnortnah versorgen zu können.« Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) hat Inflations- und Kostenausgleiche für fast alle anderen Bereiche des Gesundheitswesens vorgenommen. Allerdings war die Politik bislang nicht bereit, die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der Apotheken zu stabilisieren. Benkert äußerte seinen Missmut darüber: »Es ist für mich unverständlich und nicht nachvollziehbar, dass es bei den Apotheken nicht möglich sein soll, diese für ihre Leistungen, aber auch die damit verbundenen, enorm gestiegenen Kosten, angemessen zu vergüten.«
Fortbildungshungrige en masse: Das Thema von Pharmacon Schladming 2024 lautet »Autoimmunerkrankungen und Allergien«. / Foto: PZ/Alois Müller
Wie dem Eckpunktepapier des BMG zu einer Apothekenhonorar- und Strukturreform aus dem Dezember zu entnehmen ist, soll der Apothekenabschlag zum 1. Februar 2025 von derzeit 2,00 wieder auf 1,77 Euro abgesenkt werden. »Hier soll uns alter Wein in einem neuen Schlauch verkauft werden«, kritisierte Benkert. Denn der erhöhte Apothekenabschlag war ohnehin nur für zwei Jahre bis zum 31. Januar 2025 befristet. Von einer Verbesserung der Honorierung könne bei Rückführung des Apothekenabschlages keine Rede sein, da diese nur die Rücknahme einer Sonderbelastung sei. »Aus den Plänen des BMG zur Honorierung ist nicht erkennbar, wie die unhaltbare wirtschaftliche Lage der Apotheken sofort und wirksam verbessert werden soll.«
Apropos sofort: Im Folgenden ging Benkert auf das Vorhaben ein, dass der GKV-Spitzenverband und der Deutsche Apothekerverband ab 1. Januar 2027 (!!) Anpassungen über den Festzuschlag verhandeln sollen. Dabei sollen die Entwicklung der Situation zur Sicherstellung einer flächendeckenden Arzneimittelversorgung sowie Änderungen des Verbraucherpreisindexes und der Grundlohnsumme beachtet werden. Grundsätzlich, so Benkert, sei dieser Ansatz es wert, ihn weiterzuverfolgen.
Allerdings gibt es für ihn zwei wichtige Einschränkungen – zwei sehr markante: Zum einen brauche es klare gesetzliche Vorgaben für die Fortschreibung der Vergütung und für die Verhandlungen. Es könne nicht sein, dass sich notwendige Anpassungen der Honorierung durch verfahrenstechnische Spitzfindigkeiten in die Länge ziehen. Und zum anderen komme eine solche Anpassung bei Weitem viel zu spät. Benkert: »Wir fordern daher, den Festzuschlag nach der Arzneimittelpreisverordnung sofort anzupassen und den Apothekenabschlag ebenfalls sofort wieder auf 1,77 Euro zurückzusetzen.«
Während sich das BMG in Sachen Honorierung offenbar Zeit lassen will, sind andere Vorhaben, die die Apotheken strukturell verändern und letztendlich das ganze System gefährden werden, kurzfristiger angelegt. So sollen Apotheken auch vorübergehend öffnen können, wenn »eine erfahrene PTA oder ein erfahrener PTA vor Ort die Arzneimittelabgabe übernimmt«. Voraussetzung soll sein, dass eine telepharmazeutische Beratung durch eine approbierte Kraft der Apotheke beziehungsweise des Filialverbunds stattfinden kann. Die vermeintliche Sicherheit, die die telepharmazeutische Zuschaltung bieten soll, sei aber keine Sicherheit, sondern eine Hürde, die mit technischem Aufwand verbunden ist. Und sie setze voraus, dass die approbierte Kraft auch zu eben diesem Zeitpunkt verfügbar und nicht durch andere Aufgaben gebunden ist. Das Risiko für Fehleinschätzungen, ob und wann in bestimmten Beratungssituationen die apothekerliche Kompetenz in Anspruch genommen werden muss, erhöhe sich und damit steige auch das Risiko, dass Fehlentscheidungen getroffen werden, die die Patientensicherheit gefährden. »Der Betrieb einer Apotheke ist aus gutem Grund an die Anwesenheit eines Apothekers oder einer Apothekerin gebunden«, erteilte Benkert diesem Vorhaben aus dem BMG folglich eine eindeutige Absage . »Das kann und darf so nicht kommen!«
Im Folgenden informierte Benkert über Neuigkeiten zur Nachwuchskampagne der ABDA. Unter www.apotheken-karriere.de finden Interessierte bereits jetzt viele Informationen über die Berufe in der Apotheke. Am 1. Februar 2024 werde das Angebot um die Mockumentary-Serie »How to sell drugs offline!« erweitert. Es handele sich dabei um eine Mischung aus Dokumentation, Reportage und Comedy, in der die Arbeit in der Apotheke vorgestellt wird. Junge Menschen sollen damit für die Arbeit in der Apotheke begeistert werden.
Ende des ersten Quartals 2024, so Benkert, startet die ABDA dann eine weitere Kampagne. Mit dieser sollen die pharmazeutischen Dienstleistungen, die seit eineinhalb Jahren in den Apotheken angeboten werden, auf breiter Basis bei Patienten bekannt gemacht werden. Man werde Spots im Fernsehen schalten, um noch mehr Menschen anzusprechen und zu motivieren, diese Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen.