So stark steigt das Risiko bei Covid-19 |
Annette Rößler |
03.12.2020 09:00 Uhr |
Menschen, die über 60 Jahre alt sind, haben das höchste Risiko, schwer an Covid-19 zu erkranken, wenn sie sich mit SARS-CoV-2 infizieren. / Foto: Adobe Stock/tomertu
Anlass der Stellungnahme, die der G-BA am 24. November vorlegte, ist die geplante Abgabe von FFP2-Masken an Menschen mit einem erhöhten Risiko für einen schweren Covid-19-Verlauf. Diese sollen nach einem Beschluss von Bund und Ländern »gegen eine geringe Eigenbeteiligung« pro Person 15 Masken erhalten können, eine pro Winter-Kalenderwoche. Um abzuschätzen, wie viele Masken beschafft werden müssen, hatte das Bundesgesundheitsministerium den G-BA beauftragt, zu ermitteln, wie hoch einerseits das Ausmaß des jeweiligen Risikoanstiegs ausfällt und wie viele Personen in Deutschland andererseits der entsprechenden Gruppe angehören.
Um fundierte Antworten auf die erste Frage zu liefern, wertete der G-BA laut eigenen Angaben sechs Metaanalysen aus und ergänzte diese durch Auskünfte einschlägiger Institutionen wie dem Robert-Koch-Institut, der Weltgesundheitsorganisation und weiteren. Auf Basis all dieser Informationen erstellte er eine Tabelle, in der die Risikofaktoren einzeln aufgeführt und ihre Auswirkungen auf die Endpunkte Mortalität, Krankenhauseinweisung, Notwendigkeit der Behandlung auf einer Intensivstation und Beatmungspflicht angegeben werden.
Am stärksten gefährdet sind demnach Menschen ab 60 Jahren und Immunsupprimierte nach einer Organtransplantation. Bei ihnen ist sowohl das Sterberisiko als auch das Risiko, hospitalisiert werden zu müssen, relativ mindestens um den Faktor 5 erhöht. Eine deutliche Erhöhung des Mortalitätsrisikos (einen Anstieg des relativen Risikos um den Faktor 2 bis unter 5) fand der G-BA für Menschen mit zerebrovaskulärer Erkrankung beziehungsweise Demenz, Niereninsuffizienz mit einer eGFR unter 30ml/min/1,73m2 und Adipositas (BMI ab 30). Ebenfalls deutlich erhöht ist das Sterberisiko für Männer, wobei es hier auch Angaben über einen lediglich mäßigen Risikoanstieg (relatives Risiko 1- bis 2-fach erhöht) zu finden waren.
Weitere Risikofaktoren mit mäßigem Mortalitätsanstieg sind laut Liste Herzinsuffizienz, Typ-2-Diabetes, Krebs, Niereninsuffizienz unabhängig vom Schweregrad, Immunschwäche beziehungsweise Autoimmunerkrankung, chronisch-obstruktive Lungenerkrankung (COPD), chronische Lebererkrankung und Rauchen. Schwangere Frauen, bei denen aufgrund ihres Alters oder anderer Faktoren eine Risikoschwangerschaft besteht, haben zwar laut der Stellungnahme kein erhöhtes Mortalitätsrisiko, aber ein deutlich erhöhtes Risiko für Intensiv- und Beatmungspflicht. Bei Asthmatikern, Obdachlosen und Hypertonikern ist lediglich das Risiko für Krankenhauseinweisung aufgrund von Covid-19 erhöht – bei Asthmatikern und Obdachlosen deutlich, bei Hypertonikern mäßig –, ohne dass in den anderen Kategorien Anstiege zu verzeichnen wären.
Was Teil 2 seines Auftrags anbetrifft, nämlich die Anzahl der Personen abzuschätzen, die den jeweiligen Risikogruppen angehören, stellt der G-BA fest, »dass alleine über das Kriterium Alter der weitaus größte Teil der besonders vulnerablen Gruppen abgedeckt sein dürfte«. Denn bei den 60- bis 65-Jährigen gebe es bereits eine große Überlappung mit Vorerkrankungen.
Menschen ab 60 Jahren gebe es in Deutschland etwa 23,7 Millionen, hinzu kämen circa 200.000 Frauen mit Risikoschwangerschaften, circa 250.000 Patienten mit Herzinsuffizienz unter 60 Jahren, circa 200.000 Patienten mit zerebrovaskularen Erkrankungen unter 60 Jahren, 1,2 Millionen Typ-2-Diabetiker unter 60 Jahren, circa 165.000 Krebspatienten unter Therapie, 50.000 organtransplantierte Patienten, circa 1,5 Millionen COPD-/Asthmapatienten unter 60 Jahren und circa 80.000 Patienten mit Niereninsuffizienz. Insgesamt seien dies etwa 27,35 Millionen Personen.
Diese Zahlen sollte man sich merken, denn sie werden sicher wieder eine Rolle spielen, wenn es um die Verteilung von Impfstoffen geht. Allerdings wird es dabei dann auch Berufsindikationen geben, die sich nach der Zahl der (Risiko-)Kontakte der jeweiligen Person und nicht nach ihrem eigenen Erkrankungsrisiko richten.
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.