So geht gesunde Ernährung bei Diabetes |
Eine möglichst ausgewogene Ernährung ist bei Diabetes wichtiger als bestimmte Nahrungsergänzungsmittel. / Foto: iStock/Maskot
Rund ein Drittel der Diabetiker in Deutschland nimmt Nahrungsergänzungsmittel (NEM) ein. »Empfehlungen durch die Fachgesellschaften gibt es hierfür aufgrund fehlender Evidenz nicht«, erläuterte Professor Dr. Karsten Müssig vom Franziskus-Hospital Harderberg in Georgsmarienhütte in seinem Referat. Meist ist nicht bekannt, ob sich mit einem NEM das Diabetes-Risiko senken oder die Stoffwechsel-Einstellung verbessern lässt. Hinweise aus Studien gibt es, aber deren Ergebnisse fallen heterogen aus. Sie reichen nicht aus, um klare Empfehlungen auszusprechen. Das zeigen drei Beispiele.
So benötigen Erwachsene laut Deutscher Gesellschaft für Ernährung 300 bis 350 mg Magnesium täglich. Der Körper braucht es unter anderem für die Enzymaktivierung, zum Beispiel die Tyrosinkinase-Aktivität des Insulin-Rezeptors und im Energiestoffwechsel bei der Energiegewinnung aus Kohlenhydraten, Fetten und Proteinen. »20 bis 25 Prozent der Patienten mit Diabetes haben zu niedrige Magnesium-Spiegel«, sagte Müssig. Einer Metaanalyse zufolge ist die Magnesiumzufuhr umgekehrt mit einem erhöhten Diabetes-Risiko assoziiert. Einer weiteren Metaanalyse zufolge nimmt die Inzidenz pro 100 mg mehr eingenommenen Magnesium um 10 Prozent ab.
Einen ähnlichen Zusammenhang finde man bei Vitamin D, so Müssig. Eine generelle Empfehlung könne man nicht aussprechen. Allerdings gebe es Hinweise aus Beobachtungsstudien, dass eine Supplementation mit Vitamin D in der frühen Kindheit vor der Entwicklung eines Typ-1-Diabetes schützen könnte. Keinen Nutzen zeigte die Gabe hingegen, wenn es um die Verbesserung einer Insulinresistenz bei Typ-2-Diabetikern gehe. An Studien fehle es dabei nicht. Jedoch konnte kein Effekt auf die Glucose-Homöostase oder in der Diabetes-Prävention gezeigt werden.
Möglicherweise genetische Einflüsse könnten erklären, warum die ω-3-Fettsäure α-Linolensäure in Studien nur in asiatischen Bevölkerungen günstige Effekte auf die Diabetes-Prävention gezeigt habe. Zwar könnte sich der Gesamtkonsum von Weiß- und Fettfisch möglicherweise auf das Diabetes-Risiko auswirken, Studien mit Supplementen hätten jedoch keinen Effekt auf die Kontrolle des Glucose-Stoffwechsels gezeigt. Müssigs Fazit: »Eine ausgewogene Ernährung deckt üblicherweise auch bei Patienten mit Diabetes den Bedarf an Mikronährstoffen.«
Dass sich die Ernährung auch auf das Verhalten auswirken kann, zeigte Professor Dr. Sebastian Schmid vom Universitätsklinikum Schleswig-Holstein in Lübeck unter anderem an einer Studie, die in Gefängnissen durchgeführt wurde. Ein »artifizielles Setting«, aber trotzdem interessant, da die Teilnehmer durch die Anstaltskost weitgehend gleich mit Nährstoffen versorgt werden. In der Studie erhielten die Teilnehmer der Verumgruppe eine Mikronährstoff-Supplementation mit Vitaminen, Mineralstoffen und essenziellen Fettsäuren, die Kontrollgruppe ein Placebo. Bereits nach zwei Wochen waren in der Verumgruppe mehr als ein Drittel weniger aggressive Übergriffe zu verzeichnen (»The British Journal of Psychiatry« 2002, DOI: 10.1192/bjp.181.1.22). Die Studie wurde mit demselben Ergebnis in einem anderen Land wiederholt. Die Unterschiede zeigten sich auch, nachdem die Einflüsse von Alkohol- oder Drogenkonsum herausgerechnet wurden.
Und die Makronährstoffe? Sowohl von Low Fat als auch von Low Carb gebe es jeweils eine gesunde und eine ungesunde Variante, erläuterte Professor Dr. Stefan Lorkowski vom Institut für Ernährungswissenschaften der Friedrich-Schiller-Universität in Jena. Es bringe nichts, die Gesamtmenge an Kohlenhydraten oder Fetten zu reduzieren, wenn gleichzeitig mehr einfache Kohlenhydrate, mehr tierisches Protein und mehr gesättigte Fette konsumiert würden. Die jeweils gesunde Variante bestehe aus mehr komplexen Kohlenhydraten, mehr pflanzlichem Protein und mehr ungesättigten Fetten. Dann sei es jedoch weitgehend unbedeutend, ob dabei Low Carb oder Low Fat praktiziert würde. Beide Vorlieben könnten und sollten in ihrer Vollwert-Variante durchgeführt werden. »Die Qualität der Makronährstoffe ist wichtiger als deren Relation«, betonte Lorkowski.