So funktioniert ein OTC-Switch |
Daniela Hüttemann |
04.07.2023 13:00 Uhr |
Beim möglichen OTC-Switch von Sildenafil (Viagra® und Generika) zur Behandlung der erektilen Dysfunktion ist nun eine außergewöhnliche Situation eingetreten. Dieser Wirkstoffs stand in einer Dosierung von 50 mg mit maximal vier Tabletten pro Packung bereits im Januar 2022 auf der Tagesordnung. Damals lehnte der Sachverständigenausschuss den Antrag auf Entlassung aus der Verschreibungspflicht einstimmig ab. Ende 2022 wurde bekannt, dass das BMG dennoch den OTC-Switch von Sildenafil prüft, und zwar insbesondere vor dem Hintergrund des illegalen Handels mit dem Potenzmittel. Dabei sollten zunächst die Ansichten von Fachverbänden eingeholt und die Erfahrungen aus anderen Ländern berücksichtigt werden, in denen der Wirkstoff bereits nicht mehr rezeptpflichtig ist.
Als dann am 13. Juni die Tagesordnung für die nächste reguläre Sitzung des Sachverständigenausschusses am 11. Juli veröffentlicht wurde, stand Sildenafil erneut darauf, dieses Mal mit den 25-mg-Tabletten. Zudem wird in der Sitzung der Antrag diskutiert werden, auch den verwandten, länger wirksamen PDE-5-Hemmer Tadalafil 10 mg aus der Verschreibungspflicht zu entlassen.
Es bleibt abzuwarten, wie das Votum des Ausschusses in diesen Angelegenheiten ausfallen wird. Dass die Mehrheit der Mitglieder ihre wissenschaftlich begründete Einschätzung zu Sildenafil in den letzten anderthalb Jahren geändert haben könnte, scheint zweifelhaft. Zwar hat Viagra-Hersteller Viatris vor Kurzem ein Gutachten zur Selbstmedikation mit Sildenafil erstellen lassen. Die urologischen Fachverbände (selbst nicht im Ausschuss vertreten) hatten sich jedoch erst vergangene Woche erneut eindeutig gegen den OTC-Switch ausgesprochen. Sollte sich der Ausschuss wieder gegen den OTC-Switch aussprechen, wird es interessant sein, wie das BMG darauf reagiert. Auf aktuelle Nachfrage teilte es der PZ lediglich mit, es werde nach der Sitzung des Sachverständigen-Ausschusses das weitere Vorgehen prüfen.
Beim Notfallkontrazeptivum mit Levonorgestrel war es übrigens umgekehrt: Hier hatte sich der Sachverständigenausschuss 2004 und 2014 für eine Entlassung aus der Verschreibungspflicht ausgesprochen, das BMG war dagegen. Allerdings wurde dann auf europäischer Ebene ein Jahr später die Rezeptpflicht für Ulipristalacetat als Notfallkontrazeptivum EU-weit aufgehoben. Daraufhin wurde dann doch auch Levonorgestrel als Notfallpille in Deutschland aus der Verschreibungspflicht entlassen.