So behandeln Sie Haarausfall richtig |
Daniela Hüttemann |
23.05.2020 09:00 Uhr |
Typische Nebenwirkungen sind Kopfschmerzen, Hautausschlag, Juckreiz, Übelkeit, Schwindel, Bluthochdruck, Gewichtszunahme und auch ein vermehrtes Haarwachstum im Gesicht (Hypertrichose). Das passiert, wenn bei der Applikation das Präparat nicht nur auf die Kopfhaut gelangt. Dafür reichen schon Wirkstoffreste auf dem Kopfkissen. Deshalb Lösung oder Schaum mehrere Stunden vor dem Schlafengehen auftragen.
Minoxidil ist ein Kaliumkanalöffner und wirkt vasodilatierend. Vermutlich wirkt es am Haarfollikel, indem es die Durchblutung verbessert und die Ruhephase des Haarzyklus verkürzt. In den ersten acht Wochen der Behandlung können vermehrt Haare ausfallen. Dieser sogenannte Shedding-Effekt kommt durch die Umstrukturierung der Follikelphasen zustande. Neue Haare schieben durch ihr Wachstum die alten, locker sitzenden aus der Kopfhaut heraus, was als verstärkter Haarverlust wahrgenommen wird. Darüber gilt es, die Patienten zu informieren, da sie dieses Phänomen sonst als Misserfolg werten.
Eine topische Alternative zu Minoxidil sind Ell-Cranell® und Pantostin®-Lösung, die Alfatradiol enthalten, ein Stereoisomer des weiblichen Sexualhormons 17β-Estradiol. Die Präparate werden einmal täglich aufgetragen. Die oral einzunehmenden 5α-Reduktasehemmer Finasterid und Dutasterid sind für Frauen keine Option.
Zeigen die Betroffenen Androgenisierungserscheinungen, sind die oral einzunehmenden Antiandrogene Cyproteronacetat, Dienogest, Drospirenon und Chlormadinon eine Behandlungsalternative. Als Monosubstanz wird Cyproteron nur bei schweren Formen verordnet. Möglich ist auch die Verordnung eines entsprechend kombinierten hormonellen Kontrazeptivums oder in den Wechseljahren eines Hormonersatzpräparats.
Weitere mögliche Ursachen für Haarausfall sind Eisenmangel, Fehlernährung (zum Beispiel bei radikalen Diäten), Schilddrüsenfunktionsstörungen, entzündliche Erkrankungen und Pilzerkrankungen der Kopfhaut. Oft kommt es dann zu einem diffusen, also gleichmäßig über den Kopf verteilten Haarausfall. Hier sollte freilich die Ursache behandelt werden. Eisen ist nur zu substituieren, wenn entsprechende Laborwerte vorliegen, die einen Mangel anzeigen.
Auch bestimmte Medikamente können als Nebenwirkung die Haare ausfallen lassen. Bekannt ist dies von der Chemotherapie, aber auch Tamoxifen und Methotrexat können einen deutlichen Haarverlust bedingen. Mögliche Verursacher sind auch einige Antibiotika wie Nitrofurantoin und Erythromycin, Allopurinol, Fibrate und Statine, ACE-Hemmer, Betablocker, Phenprocoumon, Heparin und Methylphenidat. In der Regel wachsen die Haare nach Absetzen des Medikaments nach. Sollte ein Medikament als Ursache des Haarverlusts in Frage kommen, ist mit dem verordnenden Arzt eine Alternative zu besprechen.
Bei arzneimittelinduziertem Haarausfall oder wenn die Ursache nicht festgestellt werden kann, kann eine mindestens zwölfwöchige Kur mit Mikronährstoffpräparaten erfolgen, die B-Vitamine (Biotin, Panthotensäure, Thiamin), Aminosäuren wie Cystin oder Siliciumverbindungen enthalten (wie Priorin®). Die Wirkung ist allerdings nicht evidenzbasiert belegt.