Sekundärprophylaxe nach Schlaganfall |
Ein Schlaganfall kann zu bleibender Behinderung führen. Das betrifft den Patienten und seine An- und Zugehörigen schwer. / Foto: Getty Images/Jessie Casson
Der Schlaganfall ist weltweit die zweithäufigste Todesursache und eine wichtige Ursache für Behinderung im Erwachsenenalter. Pro Jahr ereignen sich in Deutschland circa 270.000 neue Schlaganfälle, wobei 80 bis 85 Prozent der Patienten das erste Ereignis in der Akutphase überleben. Jedoch erleiden 8 bis 15 Prozent im ersten Jahr einen zweiten Infarkt. Insgesamt stellt der Schlaganfall hierzulande nach kardialen und bösartigen Erkrankungen die dritthäufigste Todesursache dar. Aufgrund der demografischen Entwicklung wird es in den nächsten Jahren zu einem weiteren Anstieg der Inzidenz kommen.
Am 10. Mai ist wieder bundesweiter Aktionstag gegen den Schlaganfall, den die Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe ausrichtet (www.schlaganfall-hilfe.de). Im Fokus stehen dieses Jahr die Angehörigen unter dem Motto: »Ein Schlaganfall trifft nie einen Menschen allein.«
Der Terminus »akuter Schlaganfall« bezeichnet ein plötzlich auftretendes neurologisches Defizit mit oder ohne Kopfschmerzen oder Bewusstseinsstörungen. Man unterscheidet zerebrale Ischämien und zerebrale Blutungen.
Die zerebrale Ischämie stellt mit 85 bis 90 Prozent die häufigste Erkrankungsgruppe des Schlaganfalls dar. Es kommt zu einer Minderdurchblutung oder einem vollständigen Verschluss einer Gehirnarterie mit dem plötzlichen Auftreten von neurologischen Symptomen wie Hemiparese, Sensibilitätsstörungen, Ataxie, Sehstörung, Dysarthrie und Aphasie. Bildet sich das neurologische Defizit innerhalb von 24 Stunden zurück, handelt es sich definitionsgemäß um eine transitorisch ischämische Attacke (TIA). Bestehen die Symptome über die 24-Stunden-Grenze hinaus, so wird klinisch ein Hirninfarkt diagnostiziert.
Bei Hirnblutungen (zerebralen Blutungen), die 10 bis 15 Prozent aller Schlaganfälle repräsentieren, kommt es zu Einblutungen in das Hirnparenchym oder in die Liquorräume. Die Art des neurologischen Defizits hängt von der Lokalisation und dem Ausmaß der zerebralen Schädigung ab.
Die Symptome treten akut auf und können in Abhängigkeit vom betroffenen Hirnareal vielfältig sein. Typisch sind unter anderem:
Klinisch lassen sich zerebrale Ischämie und zerebrale Blutung nicht differenzieren. Eine zerebrale Bildgebung mittels Computertomografie (CT) oder Magnetresonanztomografie (MRT) ist daher erforderlich. In der Notfalldiagnostik wird zuerst die zerebrale CT eingesetzt.
Nach einem Schlaganfall kommt der Sekundärprophylaxe eine besondere Bedeutung zu. Wichtig ist, die Pathogenese des Schlaganfalls zu kennen.
Eine zerebrale Ischämie wird zu circa 25 Prozent durch kardiale Embolien, zu je 20 Prozent durch Mikro- oder Makroangiopathien und zu einem geringen Anteil durch andere spezifische Ätiologien, zum Beispiel Dissektion hirnversorgender Arterien oder Vaskulitis, verursacht. Bei etwa jedem fünften Patienten bleibt die Ursache unklar. Kardioembolische Schlaganfälle werden häufig durch Herzrhythmusstörungen wie Vorhofflimmern ausgelöst.
Um die Ursache des Schlaganfalls zu finden, ist eine umfangreiche Diagnostik erforderlich. Diese umfasst:
Mehr als 85 Prozent der Schlaganfälle lassen sich auf definierte Risikofaktoren zurückführen. Dabei unterscheidet man modifizierbare und nichtmodifizierbare Risikofaktoren (Tabelle 1).
Anhand eines Patientenfalls werden eine leitliniengerechte Sekundärprophylaxe sowie die Behandlung der kardiovaskulären Risikofaktoren dargestellt.
Art der Risikofaktoren | Risikofaktoren |
---|---|
modifizierbar (medikamentös) | arterielle HypertonieHyperlipidämieDiabetes mellitusVorhofflimmern |
modifizierbar (nichtmedikamentös) | AdipositasAlkohol- und Nikotinkonsum |
nichtmodifizierbar | Alter, weibliches Geschlechtgenetische Disposition |
Der 67-jährige Herr F. L. (93 kg, 172 cm) wird am 5. August vom Rettungsdienst mit einer seit mehr als sechs Stunden bestehenden Hemiparese rechts, mit Sprachstörungen und hängendem Mundwinkel rechts, teilweise fluktuierend, in der zentralen Notaufnahme vorstellig. Bei Eintreffen in der Notaufnahme sind die Symptome rückläufig. Der Patient wird unter der Verdachtsdiagnose eines Arteria-cerebri-media-Infarktes links auf die Stroke Unit aufgenommen.
In der initial am Aufnahmetag durchgeführten Computertomografie inklusive Angiografie zeigte sich kein Nachweis einer Blutung, eines Infarktes oder eines Großgefäßverschlusses, aber mikroangiopathische Veränderungen. Der Blutdruck war bei Vorstellung in der Notaufnahme mit 165/98 mmHg erhöht. Das EKG zeigte einen Sinusrhythmus mit 74 Schlägen pro Minute. An Vorerkrankungen sind arterielle Hypertonie, Fettstoffwechselstörung und Adipositas bekannt. In Tabelle 2 sind die Laborparameter des Patienten aufgeführt.
Laborparameter (Einheit) | Referenzwert | aktuelle Werte |
---|---|---|
Blutglucose nüchtern (mg/dl) | <100 | 141 |
Serum-Kreatinin (mg/dl) | <0,9 | 1 |
eGFR (CKD-EPI) (ml/Min) | >90 | 74 |
Natrium (mmol/l) | 130 bis 150 | 141 |
Kalium (mmol/l) | 3,5 bis 4,8 | 4,4 |
Gesamtcholesterol (mg/dl) | <241 | 245 |
HDL-Cholesterol (mg/dl) | >65 | 42 |
LDL-Cholesterol (mg/dl) | individuell | 156 |
Triglyceride (mg/dl) | <200 | 191 |
HbA1C (Prozent) | <6,5 | 8,8 |
Die Medikation bei Aufnahme bestand aus Captopril 25 mg Tabletten einmal täglich morgens und Atorvastatin 10 mg Tabletten einmal täglich morgens.
Die weiterführende Diagnostik ergab:
Die Kasuistik zeigt einen Patienten mit einer frischen zerebralen Ischämie im Stromgebiet der Arteria cerebri media links mikroangiopathischer Genese. Hier ist es wichtig, eine optimale medikamentöse Sekundärprophylaxe zu etablieren, die kardiovaskulären Risikofaktoren zu behandeln und nichtmedikamentöse Maßnahmen einzuleiten.
Die medikamentöse Sekundärprophylaxe ist umfangreich. / Foto: Adobe Stock/Ingo Bartussek
Die Auswahl des Arzneimittels zur Sekundärprophylaxe einer zerebralen Ischämie folgt der Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) (1). Eingesetzt werden die Thrombozytenaggregationshemmer Acetylsalicylsäure (ASS), Clopidogrel und (in der Praxis sehr selten) Ticagrelor. Dipyridamol, Ticlopidin und Prasugrel sowie intravenöses Abciximab sollten aufgrund fehlenden Mehrnutzens oder ihres ungünstigen Nebenwirkungsprofils nach ischämischem Schlaganfall oder TIA nicht eingesetzt werden. Der Stellenwert des selektiven Phosphodiesterase-3-Hemmers Cilostazol bleibt in der Schlaganfallprophylaxe weiterhin unklar. Das Medikament kann daher nicht empfohlen werden.
Da der ischämische Schlaganfall im vorliegenden Fall am ehesten auf eine mikroangiopathische Genese zurückzuführen ist und sich keine kardiale Emboliequelle nachweisen lässt (kein Nachweis von Vorhofflimmern im Langzeit-EKG und kein Nachweis einer kardialen Emboliequelle in der TEE), ist ASS 100 mg pro Tag als Sekundärprophylaxe indiziert. Laut Leitlinie sollen Patienten mit ischämischem Schlaganfall oder TIA zur Sekundärprävention mit ASS 100 mg täglich behandelt werden, sofern keine Indikation zur Nutzung eines anderen Thrombozytenaggregationshemmers oder zur Antikoagulation vorliegt (1).
Eine Alternative zu ASS bietet Clopidogrel. Eine Monotherapie mit Ticagrelor kann als Alternative zu einer Monotherapie mit ASS oder Clopidogrel, zum Beispiel bei Unverträglichkeit, erwogen werden.
Auf welche häufigen arzneimittelbezogenen Probleme Offizinapotheker bei Schlaganfallpatienten besonders achten sollten, sei am Beispiel der antithrombotischen Therapie gezeigt.
Da das Rezidivrisiko eines ischämischen Schlaganfalls in den ersten Tagen bis Wochen nach dem Ereignis am höchsten ist und mit der Zeit abnimmt, haben randomisierte kontrollierte Studien eine intensivierte Sekundärprophylaxe in den ersten Monaten nach einem ischämischen Ereignis untersucht. Drei randomisierte kontrollierte Studien der letzten Jahre – CHANCE (2), POINT (3) und THALES (4) – konnten zeigen, dass eine vorübergehende duale Thrombozytenaggregationshemmung in den ersten ein bis drei Monaten nach nicht-kardioembolischem leichten Schlaganfall oder Hochrisiko-TIA zu einer deutlichen Reduktion an ischämischen Rezidiven führt. Gleichzeitig zeigte sich aber auch eine leicht erhöhte Gefahr an klinisch relevanten Blutungen.
Bei der Beratung von Schlaganfallpatienten sollten Offizinapotheker besonders auf die Therapieadhärenz achten. / Foto: Getty Images/Westend61
Gemäß aktueller Leitlinie können ausgewählte Patienten mit einem leichten, nicht-kardioembolischen ischämischen Schlaganfall oder einer TIA mit hohem Rezidivrisiko (NIHSS <4 Punkte [5]) oder Hochrisiko-TIA (ABCD2-Score ≥ 4 [6], Tabelle 3), die nicht mit intravenöser Thrombolyse oder endovaskulärer Schlaganfalltherapie behandelt wurden, innerhalb von 24 Stunden nach Symptombeginn mit einer dualen Plättchenhemmung behandelt werden. Hierfür stehen die Kombination von ASS und Clopidogrel für 21 Tage, alternativ ASS plus Ticagrelor für 30 Tage zur Verfügung.
Risikofaktoren | Punkte | |
---|---|---|
A: Alter | <60 Jahre | 0 |
≥60 Jahre | 1 | |
B: Blutdruck | <140 systolisch und <90 mmHg diastolisch | 0 |
>140 systolisch oder >90 mmHg diastolisch | 1 | |
C: Clinical features (Symptome) | andere Beschwerden | 0 |
Sprachstörung ohne einseitige Schwäche | 1 | |
einseitige Schwäche | 2 | |
D: Dauer der Symptome | <10 Minuten | 0 |
10 bis 59 Minuten | 1 | |
≥60 Minuten | 2 | |
D: Diabetes mellitus | nicht bestehend | 0 |
bestehend | 1 |
Eine Hyperlipidämie ist ein etablierter Risikofaktor für die Entstehung einer Atherosklerose. Damit ist sie für die Entwicklung kardiovaskulärer Erkrankungen einschließlich Myokardinfarkt, pAVK und Schlaganfall von erheblicher Bedeutung.
Bei Patienten mit Schlaganfall ist die Bestimmung des Lipidprofils (Gesamtcholesterol, LDL- und HDL-Cholesterol, Triglyceride) erforderlich. Vor allem bei jüngeren Patienten sollte auch Lipoprotein (a) bestimmt werden. Dieses Plasma-Lipoprotein gilt als unabhängiger Risikofaktor für Atherosklerose, denn Lp (a) hat Thrombose-fördernde und vor allem Atherosklerose-fördernde Eigenschaften. Durch Ablagerung in der Gefäßwand kann die Atherosklerose beschleunigt werden. Die individuelle Lp-(a)-Konzentration im Blut ist überwiegend genetisch bestimmt. Patienten mit erhöhtem Lp (a) haben ein höheres Risiko für einen ersten und einen erneuten Schlaganfall. Daher ist eine zielwertorientierte LDL-Cholesterolsenkung erforderlich.
Neben nichtmedikamentösen Maßnahmen wie Lebensstilmodifikation sollten Patienten nach einem ischämischen Schlaganfall/TIA auch bei normwertigem Ausgangs-LDL-Cholesterol mit einem Statin behandelt werden (1).
Bei Patienten mit Schlaganfall muss das Lipidprofil regelmäßig kontrolliert und gegebenenfalls medikamentös korrigiert werden. / Foto: Adobe Stock/Jamrooferpix
Statine (Cholesterol-Synthese-Hemmer, CSE-Hemmer) hemmen kompetitiv das Schlüsselenzym der Cholesterolbiosynthese, die HMG-Co-A-Reduktase. Diese Inhibition führt zu einem verminderten LDL-Cholesterolgehalt und damit kompensatorisch zu einer Hochregulation der LDL-Rezeptoren in den Leberzellen (7). Dadurch steigt die Aufnahme von LDL-Cholesterol aus dem Plasma in die Leber. Hinzu kommen auch sogenannte pleiotrope Effekte der Statine wie Stabilisierung arteriosklerotischer Plaques, Verbesserung der Endothelfunktion und antiinflammatorische Effekte (7).
In der Regel senken Standarddosen (Atorvastatin 10 bis 20 mg, Rosuvastatin 5 bis 10 mg, Simvastatin 20 bis 40 mg) das LDL-Cholesterol um 30 bis 50 Prozent und eine Hochdosis-Statintherapie (Atorvastatin 40 bis 80 mg, Rosuvastatin 20 bis 40 mg) um mehr als 50 Prozent. Durch eine Verdoppelung der Dosis ist nur noch eine geringe weitere LDL-Cholesterolsenkung zu erreichen (1).
Zurück zum Fallbeispiel: Unter der aktuellen Therapie mit Atorvastatin 10 mg pro Tag wurde keine ausreichende Senkung des LDL-Werts erreicht. Ziel ist es, gemäß Leitlinie den LDL-Cholesterolspiegel unter 70 mg/dl zu senken; daher ist die Dosis von Atorvastatin auf 40 mg pro Tag zu erhöhen.
Eine Kontrolle von LDL-Cholesterol sollte nach circa vier Wochen erfolgen. Wird nach drei bis sechs Wochen der Zielwert nicht erreicht, sollte auf die maximal tolerable Statindosis erhöht werden; ist dieses bereits ausdosiert, sollte Ezetimib zusätzlich eingesetzt werden (1).
Die arterielle Hypertonie ist der Hauptrisikofaktor für Schlaganfälle. Eine konsequente antihypertensive Behandlung verringert das Risiko für das Auftreten vaskulärer Ereignisse.
Die Hypertonie wurde im vorliegenden Patientenfall nur mit Captopril 25 mg einmal täglich behandelt. Unter dieser Medikation zeigten sich während des stationären Aufenthalts -Blutdruckwerte von durchschnittlich 160/100 mmHg. Dies macht eine Optimierung der antihypertensiven Therapie erforderlich.
Eine gute Blutdruckeinstellung samt regelmäßiger Kontrolle ist generell zu empfehlen. / Foto: Getty Images/BSIP/UIG
Der Blutdruck sollte nach einem Hirninfarkt oder einer TIA langfristig auf unter 140/90 mmHg gesenkt werden. Unter Beachtung der Verträglichkeit und der Vorerkrankungen sowie des Alters des Patienten kann der systolische Blutdruck auf 120 bis 130 mmHg gesenkt werden (1). Da Captopril eine sehr kurze Halbwertszeit von circa zwei Stunden aufweist, empfiehlt sich die Umstellung auf einen lang wirksamen ACE-Hemmer, zum Beispiel Ramipril 5 mg einmal täglich oder Perindopril 5 mg einmal täglich.
Gemäß der Nationalen Versorgungsleitlinie Hypertonie sind zur Behandlung der arteriellen Hypertonie nach einem Schlaganfall bevorzugt Calciumkanalblocker oder ACE-Hemmer empfohlen. Alternativ können auch Thiazid-Diuretika eingesetzt werden (8). Aufgrund des zusätzlich begleitenden Diabetes sollen ACE-Hemmer oder Sartane bevorzugt werden. Auch der Einsatz von Calciumantagonisten ist möglich.
Während der Therapie sollte der Patient seinen Blutdruck regelmäßig kontrollieren (lassen). Der Hausarzt sollte regelmäßig Serum-Kreatinin und Kalium überprüfen.
Patienten mit Diabetes mellitus haben ein 1,5- bis 3-fach erhöhtes Schlaganfallrisiko im Vergleich zur Gesamtbevölkerung. Diabetespatienten mit Hypertonus haben ein 2,5-fach erhöhtes Schlaganfallrisiko im Vergleich zu Normotonikern (5).
Im vorliegenden Patientenfall wird aufgrund der erhöhten Nüchternglucose (> 126 mg/dl) und des HbA1C-Werts von 8,8 Prozent die Erstdiagnose eines Typ-2-Diabetes gestellt. Dies entspricht den Diagnosekriterien der Nationalen Versorgungsleitlinie Typ-2-Diabetes (9).
Patienten mit Diabetes mellitus haben ein deutlich höheres Schlaganfallrisiko als die Gesamtbevölkerung. Kommt eine Hypertonie hinzu, steigt das Risiko weiter. / Foto: Adobe Stock/Printemps
Ziel der antidiabetischen Therapie ist unter anderem die Verbesserung prognostisch relevanter Parameter und Verhinderung von kardiovaskulären und renalen Ereignissen. Um dies zu erreichen, müssen alle relevanten Begleiterkrankungen wie die arterielle Hypertonie und Lipidstoffwechselstörungen adäquat behandelt werden.
Neben einer nichtmedikamentösen Basistherapie ist die Etablierung einer Medikation unter Berücksichtigung des individuellen Therapieziels erforderlich. Hier stehen orale Antidiabetika, subkutan zu verabreichende GLP-1-Rezeptoragonisten und Insuline zur Verfügung.
Dem Algorithmus der medikamentösen Therapie des Typ-2-Diabetes folgend ist aufgrund klinisch relevanter kardiovaskulärer Erkrankungen eine Therapie aus Metformin plus SGLT2-Hemmern (Gliflozine) oder GLP-1-Rezeptoragonisten zu empfehlen. Ist das individuelle Therapieziel nach drei bis sechs Monaten nicht erreicht, ist gegebenenfalls eine Intensivierung der Therapie erforderlich (9). Das individuelle Therapieziel ist aufgrund der hohen Lebenserwartung, der kurzen Therapiedauer und der guten funktionellen und kognitiven Fähigkeiten bei 6,5 bis 7,5 Prozent anzusiedeln (siehe auch Titelbeitrag in PZ 15/2024).
Für den Beispielpatienten (eGFR 74 ml/Min; BMI 31 kg/m²) ist Metformin das Mittel der ersten Wahl. Es sollte eine Eindosierung mit zweimal täglich 500 mg erfolgen. Bei guter Verträglichkeit kann die Dosis nach wenigen Tagen auf zweimal täglich 1000 mg gesteigert werden. Als SGLT2-Hemmer stehen in Deutschland Dapagliflozin und Empagliflozin zur Verfügung. Diese sollten gemäß den Empfehlungen der Leitlinie ergänzt werden.
Unter der Therapie mit Metformin und einem Gliflozin sind regelmäßig das Serum-Kreatinin und der HbA1C-Wert zu kontrollieren.
Niemals zu vernachlässigen: möglichst viel Bewegung und gesunde Ernährung / Foto: Adobe Stock/yamix
Regelmäßige körperliche Aktivität und eine gesunde Ernährung mit Verzehr von Obst und Gemüse (mindestens drei Portionen pro Tag, vorzugsweise Gemüse) oder eine mediterrane kardioprotektive Diät reduzieren das Risiko eines Schlaganfallrezidivs und vaskulärer Folgeereignisse. Dadurch können Patienten auch Gewicht abnehmen und Übergewicht vermeiden. Zudem sind ein Rauchstopp sowie Reduktion von Alkohol (Männer kleiner 20 g pro Tag, Frauen kleiner 10 g pro Tag) und Kochsalz (kleiner 5 g pro Tag) zu empfehlen (5).
Kommt es trotz Sekundärprophylaxe zu einem erneuten Schlaganfall oder einer TIA, müssen die kardiovaskulären Risikofaktoren weiter optimiert, die kardialen Ursachen untersucht beziehungsweise ausgeschlossen und die Adhärenz des Patienten überprüft werden.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Medikationsmanagement bei Schlaganfallpatienten zu einer effektiveren Arzneimitteltherapie führt. Medikationsfehler werden vermieden, die Adhärenz des Patienten wird verbessert und die Arzneimitteltherapiesicherheit erhöht. Dies eröffnet dem Apotheker neue Möglichkeiten der interdisziplinären Zusammenarbeit.
Carina Hohmann studierte Pharmazie an der Philipps-Universität Marburg und erhielt 2003 ihre Approbation als Apothekerin. Seitdem arbeitet sie am Klinikum Fulda mit Schwerpunkt Stationsapothekerin (Neurologie). Seit 2004 ist sie in die Lehre der Klinischen Pharmazie an der Philipps-Universität Marburg einbezogen. Hohmann schloss 2007 ihre Promotion im Fach Klinische Pharmazie ab und erhielt 2014 die Venia legendi für dieses Fach. 2022 wurde sie zur außerplanmäßigen Professorin ernannt. Hohmann ist Fachapothekerin für Klinische Pharmazie mit Zusatzbezeichnungen »Geriatrische Pharmazie« und »Infektiologie« sowie ABS-Expertin (DGI).