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Urogenitale Infekte

Schleimhaut braucht Schutz

Einer Vaginalinfektion liegt nicht so sehr ein verändertes Keimspektrum, sondern eine veränderte Keimzahl in Verbindung mit einer geschwächten körpereigenen Abwehr zugrunde. Bei Beschwerden im weiblichen Schritt gilt es deshalb, das fein austarierte Mikrosystem der Vaginalschleimhaut zu stärken.
AutorKontaktElke Wolf
Datum 22.05.2023  12:30 Uhr

Die Vagina ist dicht besiedelt, wobei hauptsächlich physiologische Laktobazillen die Mikrobiota bestimmen. Diese - nach ihrem Entdecker auch Döderlein-Bakterien genannt - sind es, die vor fakultativ pathogenen anderen Bakterien wie Streptokokken, Staphylokokken oder Mycoplasmen, seltener auch Pilzsporen, schützen. Das im estrogenisierten Vaginalepithel gebildete Glykogen wird zu Glucose und Maltose gespalten und stellt das wichtigste Substrat für diese Laktobakterien dar, die daraus Milchsäure bilden und den pH-Wert in den sauren Bereich sinken lassen - was die Besiedelung durch andere pathogene Keime erschwert.

Doch Laktobazillen sind nicht gleich Laktobazillen. Einige Stämme wie etwa Lactobacillus gasseri sind zudem in der Lage, Wasserstoffperoxid (H2O2) zu bilden. Dieses ist für viele Mikroorganismen, die nicht H2O2-verwertende Enzyme wie Katalase enthalten, toxisch. Die Fähigkeit zur Abgabe von H2O2 gilt als wichtiges Merkmal der Laktobazillen-Aktivität und bildet zusammen mit dem sauren Milieu die Hauptabwehrlinie gegen die Besiedelung mit pathogenen Keimen.

Da das Vorhandensein der Laktobakterien estrogenabhängig ist, ist ihre Konzentration vor allen Dingen ab den Wechseljahren vermindert. Und das spürt frau: Scheidentrockenheit ist das klassische Symptom unzureichender Produktion von Vaginalsekret. Aufgrund der abfallenden Hormonwerte werden die Schleimhäute schlechter durchblutet und jucken, brennen oder es entsteht ein unangenehmer Druck. Vor allem beim Geschlechtsverkehr kann die Schleimhaut abschilfern, was Schmerzen verursacht. Im Klimakterium werden Scheide und Harnwege anfälliger für Entzündungen und Infektionskrankheiten.

Milchsäure fürs Milieu

Milchsäure-haltige Vaginalpräparate oder gefriergetrocknete Kulturen von Wasserstoffperoxid-bildenden Laktobakterien (wie Kadeflora Milchsäurekur®, Symbiovac® Vaginalzäpfchen Lactat, Vagiflor® Zäpfchen, Döderlein Vaginalkapseln®) besiedeln nach lokaler Applikation die Vaginalschleimhaut, senken durch Bildung von Milchsäure den pH-Wert in den sauren Bereich und bauen damit die physiologische Vaginalmikrobiota wieder auf, wenn diese nach Infektionen aus dem Lot geraten ist. Das stärkt die Keimbarriere zum Schutz vor Neuinfektionen. Die Präparate werden dazu entweder kurmäßig bis zu sieben Tage hintereinander angewendet oder zwei- bis dreimal pro Monat. Das soll immer wiederkehrende Harnwegsinfekte und Vaginalmykosen sowie bakterielle Vaginosen vermeiden helfen. Ausnahme: Direkt nach einer vaginalen Pilzinfektion verlangt die postinfektiöse Schleimhaut Pflege etwa in Form von Lipid-haltigen Cremes (wie Deumavan® oder Vagisan® Schutzsalbe). Eine Säure würde dagegen brennen. Auch Gele, die regenerierendes Vitamin E und feuchtigkeitsspendende Hyaluronsäure enthalten, sind geeignet (wie Kadefungin® Befeuchtungsgel mit Hyaluronsäure, Gynomunal®).

Auch im Anschluss an eine Antibiotikatherapie kann es sinnvoll sein, die Vaginalflora wieder aufzubauen. Die Zerstörung der Laktobazillen durch die antimikrobielle Substanz lässt den vaginalen pH-Wert ansteigen. Nitrat kann nicht mehr in Nitrit umgewandelt werden; die Bereitstellung von viruzidem und bakterizidem Stickstoffmonoxid (NO) ist behindert. Deshalb ist es sinnvoll, der Kundin ein Milchsäure- oder Laktobazillen-Präparat zu empfehlen.

Das Risiko, dass eine bakterielle Vaginose durch Gardnerella vaginalis erneut aufflammt, kann durch die Ansäuerung der Vaginalflora mit entsprechenden Präparaten verringert werden. So empfiehlt es sich, direkt nach der Antibiotikatherapie mit Metronidazol oder Clindamycin für ein Vierteljahr die Vaginalflora von außen zu unterstützen, und nicht nur für acht bis zehn Tage. Infrage kommen neben Zubereitungen mit Lactobazillen oder Milchsäure auch solche mit Vitamin C (wie Vagi-C®) oder bioadhäsiven sauren Gelen (wie Multi-Gyn® ActiGel, Rephresh® Vaginalgel). Sie fördern den Wiederaufbau und die Stabilisierung des leicht sauren pH-Werts. Das beugt einer erneuten Anhaftung pathogener Keime vor.

Zucker für die Blase

Blaseninfektionen kommt man wiederum bei, indem man nicht die säurebildenden Laktobazillen der Vaginalflora, sondern einen Zucker »eine Etage höher« nutzt. Laut S3-Leitlinie zur Behandlung von Harnwegsinfekten ist das Monosaccharid D-Mannose (wie Femannose®) in der Lage, beim akuten Infekt die Symptome zu lindern und das Risiko des Auftretens einer erneuten Entzündung herabzufahren. Das Wirkprinzip ist simpel, macht man sich doch das körpereigene Vorhandensein der Mannose im Urothel zunutze.

Das funktioniert so: Die Pathogenese einer Harnwegsinfektion spielt sich am Urothel, der Auskleidungsschicht von Blase und Harnwegen, ab. Escherichia coli, der Hauptübeltäter im Infektionsgeschehen, heftet sich mithilfe seiner Fimbrien an die Mannose-haltige Glycoprotein-Oberfläche des Urothels, auch Glykokalyx genannt. Das setzt die lästigen inflammatorischen Prozesse in Gang. Durch die orale Einnahme zusätzlicher Mannose – die zum großen Teil unverstoffwechselt über den Harn wieder ausgeschieden wird - binden die Fimbrien von E. coli nicht an die Glykokalix, sondern an die zugeführten Mannose-Moleküle. Diese ummanteln quasi die Bakterien, sodass diese nicht mehr an der Schleimhaut anhaften können.

Dazu reicht die Einnahme von 2 Gramm Mannose pro Tag. Der Organismus kann Mannose zwar auch selbst aus Fructose herstellen, aber nicht in dafür erforderlichen Mengen. Interessant für die Beratung: Das Stereoisomer zu D-Glucose schlägt im Kalorienkonto nicht zu Buche.

 

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