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ABDA zu GKV-Sparplänen

»Schallende Ohrfeige für alle Apothekerinnen und Apotheker«

Mit dem gestern vom Bundeskabinett auf den Weg gebrachten Gesetzentwurf für das GKV-Stabilisierungsgesetz ist nun klar: Der erhöhte Apothekenabschlag wird kommen. Die ABDA reagiert mit Unverständnis: Die De-facto-Honorarkürzung sei eine »schallende Ohrfeige« für alle Apothekerinnen und Apotheker.
Cornelia Dölger
Melanie Höhn
28.07.2022  11:00 Uhr

Bereits kurz nachdem gestern Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) den beschlossenen Kabinettsentwurf zum GKV-Finanzstabilisierungsgesetz vorstellte, äußerten sich Kassen, Politik und Pharmaindustrie kritisch.  Nun hat auch die ABDA zu den Plänen des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) Stellung bezogen.  »Deutschlands 18.000 Apotheken mit ihren 160.000 Beschäftigten weisen die neuen Sparpläne der Bundesregierung an der lokalen Arzneimittelversorgung scharf zurück«, leitet die ABDA ihr Statement ein. Statt an den Apotheken zu sparen, wie es der Entwurf mittels erhöhtem Kassenabschlag vorsehe, müsse die Politik den Apotheken Planungssicherheit sowie eine an die drastisch gestiegenen Kosten angepasste Vergütung gewähren. »Die Apotheken vor Ort haben bewiesen, dass sie für ein krisenfestes Gesundheitswesen unverzichtbar sind. Das muss politisch jetzt endlich honoriert werden.«

ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening betonte in der Mitteilung: »Das ist ein Schlag ins Gesicht für jede Apothekerin und jeden Apotheker.« Der durch den auf zwei Euro erhöhte Kassenabschlag angepeilte Sparbetrag der Apotheken belaufe sich auf netto etwa 240 Millionen Euro. »Für alle engagierten Apothekerinnen und Apotheker, gerade auch für den dringend benötigten Nachwuchs, ist das eine schallende Ohrfeige.« Nach den durch die Coronavirus-Pandemie verursachten zahlreichen Sonderaufgaben müssten sich die Apothekenteams endlich wieder ihren Kernaufgaben widmen können – sie würden aber »durch rigide Sparmaßnahmen bestraft«, so Overwiening. »Dieses Vorhaben ist absolut versorgungs- und patientenfeindlich.« Die Absurdität der Sparpläne werde noch unterstrichen, wenn der Bundesgesundheitsminister in einem Atemzug die Apotheken für ihre Pandemie-Leistungen sowie für die pharmazeutischen Dienstleistungen lobe.

Solidarabgabe der Pharmaindustrie fällt weg

Bundesgesundheitsminister Professor Karl Lauterbach (SPD) hatte den Apotheken gestern während der Pressekonferenz nach der Kabinettssitzung ausdrücklich für ihr Engagement bedankt und sie als »wichtige Leistungserbringer« gelobt. Nichtsdestotrotz hielt das BMG an seinem bereits im allerersten Entwurf aus dem vergangenen März festgehaltenen erhöhten Kassenabschlag für zwei Jahre fest.

Der zunächst für die Pharmaindustrie vorgesehene Solidarabgabe von jährlich einer Milliarde Euro taucht im finalen Entwurf hingegen nicht mehr auf. Stattdessen soll ein erhöhter Herstellerabschlag um fünf Prozentpunkte eine Ersparnis von einer Milliarde Euro bringen. Die Maßnahme soll aber nur für ein Jahr gelten. Dem Vernehmen nach stammt diese Modifizierung vor allem aus dem FDP-geführten Finanzministerium. Lauterbach hatte im ersten Entwurf aus dem Frühjahr bereits einen erhöhten Herstellerabschlag vorgeschlagen.

Weitere Kritik kam nach dem Beschluss auch vom Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI). Der Vorstandsvorsitzende Hans-Georg Feldmeier kritisiert, dass der Entwurf des GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes sowohl den Pharmastandort Deutschland als auch eine »sichere Arzneimittelversorgung gerade in Krisenzeiten« schwäche. Zudem würden Arbeitsplätze in der pharmazeutischen Industrie gefährdet. »Wir treten seit Jahren für die Abschaffung des innovations- und mittelstandsfeindlichen Preismoratoriums und für neue faire Ausschreibungsbedingungen bei den Rabattverträgen ein, um eine leistungsfähige Pharmaindustrie in Europa zu erhalten«, sagte er. »Unsere Kosten für Energie, Rohstoffe und Wirkstoffe explodieren, die Personalkosten steigen. Die Antwort der Bundesregierung darauf ist eine Erhöhung der Herstellerabschläge und eine Verlängerung des Preismoratoriums. Als einziger Wirtschaftszweig haben wir damit keine Möglichkeit, Kostensteigerungen weiterzugeben.« 

Apotheken »im Würgegriff von Politik und Krankenkassen«

Der Verein »Freie Apothekerschaft« moniert, dass mit dem geplanten GKV-Finanzstabilisierungsgesetz »das Apothekensterben in die nächste Runde« gehe. Apotheken würden sich »im Würgegriff von Politik und Krankenkassen« befinden. »Es wird hier auch wieder einmal von der Politik total ignoriert, dass die Apotheken seit fast zwei Jahrzehnten komplett von der Inflationsrate abgekoppelt wurden, d.h. dass wir beim Packungshonorar für die Abgabe eines verschreibungspflichtigen Arzneimittels jetzt schon mit ca. 13 Euro vergütet werden müssten. Davon sind wir Lichtjahre entfernt«, sagte Daniela Hänel, 1. Vorsitzende der Freien Apothekerschaft. »Hinzu kommt, dass den Apotheken im Laufe der Jahre Unmengen an Dienstleistungen von der Politik und den Krankenkassen aufgebürdet wurden, ohne dass dafür eine Vergütung erfolgt wie z.B. die Überprüfung der Arzneimittel durch Securpharm, die Kontrolle der ärztlichen Gebrauchsanweisung und vieles mehr.«

Tino Sorge, gesundheitspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag, kritisiert den erhöhten Herstellerabschlag und das verlängerte Preismoratorium für die Pharmabranche als »einseitige Belastungen, welche die Attraktivität des Standortes Deutschland nachhaltig untergraben«. Sorge: »Dabei hatte sich die Ampel eigentlich die Stärkung der heimischen Arzneimittelproduktion in den Koalitionsvertrag geschrieben.« Die Bundesregierung drücke sich »weiter vor den dringend notwendigen Strukturreformen, um das Defizit in der gesetzlichen Krankenversicherung zu beheben«, so Sorge weiter. »Stattdessen wählt sie kurzfristige, einmalige Scheinlösungen, um mit einem zusammengewürfelten Maßnahmenkatalog die fehlenden Mittel aufzutreiben«. 

Beitragszahler schultern Kassendefizit

Doris Pfeiffer, Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes, spricht von nur »kurzfristigen Entlastungseffekten« durch den Gesetzentwurf. »Darunter werden vor allem die Beitragszahlenden leiden, die die Hauptlast der erforderlichen Mehreinnahmen aufbringen sollen«, sagt sie. Angesichts der »hohen Inflationsrate und der zu erwartenden wirtschaftlichen Entwicklung« seien höhere Zusatzbeiträge und der Zugriff auf die angesparten Reserven »ein falsches Signal«. Vielmehr erfordere »die ökonomische Krise nachhaltige Maßnahmen und durchgreifende, echte Strukturreformen«, so Pfeiffer weiter. 

Dass die Beitragszahler die Kassendefizite nun »stopfen« müssen, kritisiert auch die Bundestagsabgeordnete Kathrin Vogler (Die Linke).  Den »Löwenanteil der Reform« tragen ihrer Meinung nach die Beitragszahler durch Beitragserhöhungen und die Versicherten durch die »Plünderung der Rücklagen und Reserven von Krankenkassen und Gesundheitsfonds«, erklärte sie. 

In einer gemeinsamen Pressemitteilung äußerten sich auch die Verbände der Krankenkassen kritisch: »Wir fordern die Bundesregierung auf, Ihrer Verantwortung für eine faire und nachhaltige Finanzierung der GKV nachzukommen und ihre Versprechen aus dem Koalitionsvertrag umzusetzen«. Dazu gehöre »eine auskömmliche Finanzierung der Gesundheitsversorgun g von ALG II Empfängern, ein dauerhaft dynamisierter Bundeszuschuss und die noch im Entwurf des Koalitionsvertrages enthaltene Senkung der Mehrwertsteuer für Arzneimittel von 19 auf 7 Prozent«. 


 

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