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Autoimmunität

SARS-CoV-2 »dramatisch« reaktogener als andere Viren

Virusinfektionen können bei entsprechend prädisponierten Menschen die Entwicklung von Autoimmunerkrankungen triggern. Das Coronavirus SARS-CoV-2 ist in dieser Hinsicht besonders problematisch. Professor Dr. Rolf Marschalek von der Goethe-Universität in Frankfurt am Main erklärte beim Fortbildungskongress Pharmacon in Schladming, warum das so ist.
AutorKontaktAnnette Rößler
Datum 15.01.2024  17:30 Uhr
SARS-CoV-2 »dramatisch« reaktogener als andere Viren

»Das Genom von SARS-CoV-2 ist circa 30.000 RNA-Codons lang und kodiert für 28 unterschiedliche Eiweiße«, informierte der pharmazeutische Biologe. Wie bei einigen anderen Viren läuft die Synthese der viralen Proteine bei SARS-CoV-2 über die Zwischenstufe eines sogenannten Polyproteins. Das ist im Prinzip eine lange Kette aneinandergereihter Proteine, die von viralen Proteasen an bestimmten Stellen zerteilt wird, um die einzelnen Eiweiße freizusetzen. Im Fall von SARS-CoV-2 ist das Polyprotein 16 Bausteine lang und die schneidenden Proteasen heißen Papain-ähnliche Protease (PLPro) sowie virale Hauptprotease (3CLPro).

Virale Proteasen erkennen die Stellen in der Proteinkette, an denen sie schneiden müssen, an bestimmten Basenfolgen. »Diese Sequenzen sind aber keine Motive, die nur im Virus vorkommen, sondern sie kommen auch in anderen Proteinen vor«, erklärte Marschalek. Schneiden die viralen Proteasen nun Eiweiße des Wirts, können Neoantigene entstehen: Proteinfragmente, die dem Immunsystem fremd sind und auf die es reagiert – mit einer akuten Entzündung, die später in eine chronische Inflammation, also eine Autoimmunerkrankung, übergehen kann.

Ein Drittel des menschlichen Proteoms kann zerschnitten werden

Die Erkennungssequenzen der beiden SARS-CoV-2-Proteasen kommen auf menschlichen Proteinen sehr viel häufiger vor als diejenigen anderer viraler Proteasen. »PLPro kann 602 Proteine schneiden und 3CLPro sogar 6444. Insgesamt können diese beiden Enzyme damit etwa ein Drittel unseres Proteoms zerschneiden«, erklärte Marschalek. »Das ist eine dramatische Anzahl, die man von keinem anderen Virus kennt.«

Das enorme Potenzial von SARS-CoV-2, die Bildung von Neoantigenen auszulösen, habe sich schon sehr früh im Verlauf der Pandemie gezeigt. »In einer Studie aus dem Jahr 2020 waren neun von zehn Antikörpern bei genesenen Covid-19-Patienten Autoantikörper«, berichtete Marschalek (»Cell«, DOI: 10.1016/j.cell.2020.09.049). Besonders häufig seien SARS-CoV-2-getriggerte Autoantikörper gegen G-Protein-gekoppelte Rezeptoren (GPCR) gerichtet. Sie spielen eine entscheidende Rolle unter anderem bei Entzündungsprozessen, aber auch beim Zellwachstum und bei der Zelldifferenzierung. Der Referent zeigte sich überzeugt: »Ich glaube, dass Autoimmunreaktionen einen wesentlichen Anteil an Long Covid haben, insbesondere Autoantikörper gegen GPCR.«

Doch warum entwickeln angesichts dieser Besonderheiten von SARS-CoV-2 nicht noch deutlich mehr Menschen nach einer Infektion eine Autoimmunerkrankung? Das liegt daran, dass es im Immunsystem Sicherungsmechanismen gibt, die genau dies verhindern sollen – was meistens ja auch klappt. So wird laut Marschalek nur 1 von 50 Proteinen überhaupt erkannt. Der Grund ist, dass eine Reaktion auf ein Neoantigen nur dann ausgelöst wird, wenn eine antigenpräsentierende Zelle den T-Zellen über ihren MHC-Komplex ausgerechnet ein kritisches Proteinfragment zeigt.

Welche Peptide die MHC-Komplexe präsentieren können, sei durch bestimmte »Beladungsregeln« stark beschränkt, so Marschalek. Hinzu komme, dass die MHC-Komplexe selbst niemals bei zwei Menschen absolut identisch seien. »Bei den MHC-I-Komplexen ist die Variabilität so groß, dass statistisch betrachtet in der gesamten Bevölkerung in Deutschland nur jeweils sechs Menschen MHC-I-ident sind. Bei den MHC-II-Komplexen sind es sogar nur jeweils vier Menschen weltweit. In der Kombination ist also jeder Mensch absolut einzigartig.«

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