Rote-Hand-Briefe für zwei MS-Medikamente |
Daniela Hüttemann |
10.11.2020 15:00 Uhr |
Im Fall von Dimethylfumarat (Tecfidera®), das ebenfalls bei MS zum Einsatz kommt, kam es nun nicht nur, wie bereits bekannt, unter mittlerer bis schwerer Lymphopenie zu einer progressiven multifokalen Leukenzephalopathie (PML). Diese Hirnentzündung kann neuen Fallmeldungen zufolge auch schon bei leichter Lymphopenie auftreten (Lymphozytenwert ≥ 0,8 x 109/l und unter dem unteren Normwert), meldet Hersteller Biogen in einem anderen Rote-Hand-Brief vom Montag.
Darin weist das Unternehmen daraufhin, dass Dimethylfumarat bei Patienten mit vermuteter oder bestätigter PML kontraindiziert ist. Falls die Lymphozytenzahl unterhalb der Norm liegt, sollte vor Einleitung einer Therapie mit Dimethylfumarat eine umfassende Abklärung möglicher Ursachen durchgeführt werden. Wenn eine PML auftritt, muss dieses MS-Medikament dauerhaft abgesetzt werden. Bei allen MS-Patienten unter Dimethylfumarat-Einnahme sollten vor Behandlungsbeginn und dann alle drei Monate die absoluten Lymphozyten-Zahlen bestimmt werden.
»Die PML ist eine durch das John-Cunningham-Virus (JCV) hervorgerufene schwerwiegende opportunistische Infektion, die tödlich verlaufen oder zu schwerer Behinderung führen kann«, heißt es im Rote-Hand-Brief zur Erklärung. Unter den mehr als 475.000 mit Dimethylfumarat behandelten MS-Patienten seien bislang elf bestätigte PML-Fälle aufgetreten. Die Gemeinsamkeit bei allen Fällen sei eine reduzierte absolute Lymphozytenzahl gewesen, die einen biologisch plausiblen Risikofaktor für eine PML darstelle. »Drei dieser Fälle traten im Rahmen einer leichten Lymphopenie auf, während sich die übrigen acht Fälle während einer mäßigen bis schweren Lymphopenie entwickelten«, teilte Biogen mit.