Richtig essen, besser trainieren |
Laura Rudolph |
24.06.2024 18:00 Uhr |
Für ambitionierte Sportlerinnen und Sportler gibt es eine Menge hinsichtlich der Zufuhr von Makro- und Mikronährstoffen zu beachten. / Foto: Adobe Stock/Studio Romantic
Sport und Ernährung hängen eng zusammen, denn die Nahrung liefert die für die körperliche Aktivität benötigte Energie. Doch welche Nährstoffe benötigen Sportler in welchen Mengen? Dabei ist Sport nicht gleich Sport und Mensch ist nicht gleich Mensch – zumindest, was den Gesamtenergieverbrauch und -bedarf angeht. So können Sporttreibende pro Tag nur 1500 Kilokalorien (kcal) oder aber auch 6000 kcal benötigen. Dies hängt unter anderem vom Gewicht, der Körpergröße und -zusammensetzung sowie von der Trainingsintensität und -dauer ab, wie die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) informiert (Positionspapier »Energiebedarf im Sport«).
Der individuelle Energieverbrauch lässt sich näherungsweise mit speziellen Verfahren wie der sogenannten direkten oder indirekten Kalorimetrie bestimmen. Sportler können ihren ungefähren Kalorienbedarf auch mit Kalorienrechnern aus dem Internet abschätzen, wie ihn beispielsweise die Techniker Krankenkasse anbietet, oder eine Ernährungsberaterin oder einen Ernährungsberater aufsuchen. Den eigenen Bedarf zu kennen, ist eine wichtige Grundlage, um die für sich passende Ernährung festzulegen.
Die wichtigste Energiequelle, insbesondere im Ausdauersport, sind Kohlenhydrate. Sie liefern schneller und effizienter Energie als Fette und Proteine. In der Leber und den Muskeln werden sie in Form von Glykogen gespeichert. Dieser Pool ist jedoch auf etwa 1600 bis 2400 kcal begrenzt und wird während des Sports nach und nach abgebaut.
Die DGE empfiehlt Sporttreibenden – je nach Trainingsintensität und -dauer – täglich 6 bis 12 Gramm Kohlenhydrate pro Kilogramm Körpergewicht (g KH/kg KG) zu sich zu nehmen (»Kohlenhydrate in der Sporternährung«, DOI: 10.4455/eu.2019.044). Wer pro Tag eine Stunde moderaten Sport betreibt, dem können 5 bis 7 g KH/kg KG täglich reichen. Sporttreibende, die dagegen täglich ein bis zu dreistündiges, intensives Training absolvieren, können durchaus 6 bis 10 g KH/kg KG benötigen. Für Hochleistungssportler empfehlen sich mindestes 8 g KH/kg KG.
Neben dieser »Kohlenhydrat-Basisversorgung« können sich Sporttreibende auf Events, die mindestens 90 Minuten andauern, mittels eines »Carbohydrate Loading« vorbereiten. Dabei nehmen sie in den letzten 36 bis 48 Stunden vor dem Ereignis pro Tag 10 bis 12 g KH/kg KG zu sich. Dadurch kann sich der Glykogengehalt in den Muskeln um bis zu 15 Prozent erhöhen. Zwei bis drei Stunden vor einem Wettkampf empfiehlt sich außerdem eine sogenannte Vorbelastungsmahlzeit mit 1 bis 4 g KH/kg KG.
Wer mindestens eine Stunde am Stück intensiven Sport betreibt, sollte sich auch während des Sports Kohlenhydrate zuführen. »Aktuell wird empfohlen, dass in Abhängigkeit von Intensität, individueller Verträglichkeit und klimatischen Bedingungen bei Belastungen mit einer Dauer von über 60 Minuten alle 15 Minuten 150 bis 350 Milliliter eines Getränks mit einem Kohlenhydratanteil von circa 6 Prozent getrunken werden sollen«, informiert die DGE. Auch kohlenhydratreiche Riegel oder Gels sind möglich. Wichtig ist in jedem Fall, ausreichend zu trinken, um eine zu hohe osmotische Last zu vermeiden. Nach dem Sport helfen »schnelle« Kohlenhydrate mit hohem glykämischem Index (etwa in Kartoffeln, weißem Reis oder Weißbrot enthalten), die Glykogenspeicher wieder aufzufüllen.
Wichtig: Nicht jeder Mensch verträgt sehr hohe Kohlenhydratmengen gut. Um keine Magen-Darm-Probleme vor wichtigen Wettkämpfen zu riskieren, sollte die »Toleranz« vorher erprobt beziehungsweise trainiert werden.
Eine weitere wichtige Nährstoffgruppe im Sport sind Proteine. Einen erhöhten Bedarf haben gesunde Erwachsene allerdings erst, wenn sie mehr als fünf Stunden Sport pro Woche treiben, anderenfalls genügt eine Zufuhr von 0,8 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag (g/kg KG/Tag). Bei Menschen ab 65 Jahren steigt der empfohlene Referenzwert auf 1,0 g/kg KG/Tag.
Wer mehr als fünf Stunden pro Woche sportlich aktiv ist, dem legt die DGE je nach Trainingszustand und -ziel eine Proteinzufuhr von etwa 1,2 bis 2,0 g/kg KG/Tag nahe. Höhere Proteinmengen empfiehlt die Gesellschaft nicht. »Vor allem für Sportlerinnen und Sportler im Ultralangstreckenbereich wird von einigen Autorinnen und Autoren eine deutlich höhere Proteinzufuhr als 1,2 bis 2,0 g/kg KG gefordert«, heißt es im Positionspapier »Proteinzufuhr im Sport« (DOI: 10.4455/eu.2020.039). Dies sei jedoch wissenschaftlich nicht gesichert. Außerdem: »Für einen gezielten Muskelaufbau reicht es nicht aus, einfach nur die Proteinzufuhr zu erhöhen. Gleichzeitig muss auch die Trainingsaktivität verändert werden.«
Proteine sind besonders für den Muskelaufbau wichtig. Sie können aus tierischen oder pflanzlichen Quellen stammen. / Foto: Adobe Stock/anaumenko
Bei der Proteinzufuhr kommt es auch auf die Qualität der Proteine an. Tierische Proteinquellen seien nicht nachgewiesen besser als pflanzliche. Letztere gingen meist sogar mit einem höheren Anteil an Ballaststoffen, Kohlenhydraten und Vitaminen sowie einem geringeren Anteil an gesättigten Fettsäuren einher. Eine Mischung verschiedener Proteinquellen mit unterschiedlichen Zusammensetzungen ist aus Sicht der DGE die beste Wahl für Sportler.
Ob Proteine besser vor, während oder nach der Belastung aufgenommen werden sollten, konnte in Studien nicht eindeutig nachgewiesen werden. Verschiedene Publikationen kommen zu unterschiedlichen Ergebnissen. Das Timing der Proteinzufuhr sollte deshalb »nicht allzu dogmatisch« gesehen werden, rät die DGE. Sie empfiehlt, die Gesamtproteinmenge über den Tag verteilt in drei bis vier Portionen zu sich zu nehmen.
Protein-Shakes und Co. seien meist unnötig. »Im Ernährungsalltag der Sportlerinnen und Sportler gibt es keinen physiologischen Grund, warum die Proteinzufuhr durch Supplemente ergänzt werden müsste«, so die Gesellschaft. Lediglich bei Unverträglichkeiten, einer Energierestriktion oder bei besonders intensiven oder neuen Trainingsinhalten sei eine Supplementation unter Umständen sinnvoll.
Im Vergleich zu Kohlenhydraten und Proteinen sind Fette weniger bedeutend für die sportliche Leistung. Für Sporttreibende gelten im Wesentlichen die selben Empfehlungen wie für die gesunde Allgemeinbevölkerung. Ambitionierten Sportlern rät die DGE, dass Fette 20 bis 30 Prozent der täglichen Energiezufuhr ausmachen sollten (»Fette in der Sporternährung«, DOI: 10.4455/eu.2019.042).
Öle wie Lein-, Walnuss- und Rapsöl sowie Fisch mit hohem Gehalt an Omega-3-Fettsäuren (beispielsweise Hering, Lachs oder Makrele) seien besonders empfehlenswert. Der Verzehr von gesättigten und Trans-Fettsäuren sollte zugunsten von einfach ungesättigten Fettsäuren, wie in Oliven- und Rapsöl sowie Nüssen und Samen enthalten, reduziert werden.
Von »Fat loading«, ketogenen oder anderen Low-Carb-High-Fat-Diäten, die mit einer stark verminderten Kohlenhydrat- und einer erhöhten Fettzufuhr einhergehen, rät die DGE ab. Die Fettverbrennung könne dadurch zwar zunehmen, die sportliche Ausdauer lässt sich hierdurch jedoch nicht nachgewiesenermaßen verbessern. Auch für Nahrungsergänzungsmittel zur besseren Fettverbrennung gibt es keine Empfehlung.
Und wie sieht es mit Mikronährstoffen aus? Gesunde Sporttreibende sind über eine ausgewogene und energiebedarfsdeckende Ernährung in der Regel ausreichend versorgt. Es gelten die D-A-CH-Referenzwerte für die Allgemeinbevölkerung, die von den Ernährungsgesellschaften aus Deutschland, Österreich und der Schweiz herausgegeben werden.
Bestimmte Nährstoffe können unter bestimmten Voraussetzungen jedoch kritisch werden, darunter Eisen, Calcium, Natrium und Vitamin D. Dies gilt etwa für Sportler, die dauerhaft oder wiederholt ihre Nahrung einschränken oder starken Belastungen über längere Zeit ausgesetzt sind. »Hier ist es wichtig, eine individuell angepasste Ernährung zu verfolgen, die von Ernährungsfachkräften unterstützt wird. Das hilft, Nährstoffdefizite zu vermeiden, selbst bei hoher körperlicher Belastung«, erklärt die DGE (»Mineralstoffe und Vitamine im Sport«, DOI: 10.4455/eu.2019.050).
Eisenmangel im Sport betrifft vorrangig Frauen, Ausdauersportler, Vegetarier und Veganer sowie Sportler mit restriktiver Ernährung. Eine Supplementation sollte nur nach ärztlicher Diagnose erfolgen. Eine unzureichende Vitamin-D-Versorgung liegt häufig bei Sportlern, die Hallensport betreiben, eine dunkle Hautfarbe oder einen hohen Körperfettanteil haben, vor.
Aufgrund ihres gesteigerten Energieverbrauchs haben Sporttreibende einen höheren Bedarf an Vitaminen, die am Energiestoffwechsel beteiligt sind, darunter Thiamin (Vitamin B1), Riboflavin (Vitamin B2) und Niacin. Eine vollwertige Ernährung kann diesen Mehrbedarf in der Regel aber abdecken. Da durch Sport mehr freie Radikale gebildet werden, ist zudem eine antioxidanzienreiche Ernährung sinnvoll, die beispielsweise genügend Vitamin C und E sowie β-Carotin enthält. »Athletinnen und Athleten, die sich aus individuellen Gründen für die Supplementation von Antioxidanzien entscheiden, sollten Tageshöchstdosen in Nahrungsergänzungsmitteln von 30 mg Vitamin E und 250 mg Vitamin C nicht überschreiten«, schreibt die DGE.
Sportler nehmen Nahrungsergänzungsmittel (NEM) häufiger ein als die Allgemeinbevölkerung. Diese können eine unzureichende Ernährung jedoch nicht ausgleichen und bergen im schlimmsten Fall sogar gesundheitliche Risiken oder eine unabsichtliche Verletzung von Anti-Dopinggesetzen, warnt die DGE. Schätzungsweise 6 bis 9 Prozent der Dopingfälle seien auf NEM zurückzuführen, etwa infolge von Verunreinigungen mit oder bewussten Beimischungen von unerlaubten Substanzen. Nur wenn eine medizinische Diagnose vorliegt und eine Ernährungsanpassung nicht möglich oder unwirksam ist, sollten Sporttreibende die Einnahme von NEM erwägen (»Sicherheitsaspekte bei Nahrungsergänzungsmitteln im Sport«, DOI: 10.4455/eu.2020.012).
Diese ist meist jedoch unnötig, wie die DGE betont: »Eine individuell bedarfsgerechte Ernährung kann mit Unterstützung von Ernährungsfachkräften auch bei hoher metabolischer Beanspruchung erreicht werden und reduziert das Risiko von Nährstoffdefiziten.« Eine darüber hinausgehende Zufuhr von Mikronährstoffen verbessere die sportliche Leistungsfähigkeit nicht. Wer nach gründlicher Risiko-Nutzen-Analyse supplementieren möchte, solle die Höchstmengenempfehlungen des Bundesinstituts für Risikobewertung beachten.