»Reform mit Game-Changer-Qualität nötig« |
Andreas Storm, Vorstandsvorsitzender der DAK-Gesundheit, hält ebenfalls eine Reform des GKV-Systems für dringend notwendig. »Wir brauchen wieder eine Reform mit Game-Changer-Qualität wie 2003 und 2008«, forderte er. Für den Umbau sei allerdings Geld nötig. Denkbar sei, einen Transformationsfonds einzurichten. Der Gesundheitsmarkt sei ein Wachstumsmotor, aber die GKV kranke daran, dass sie unterfinanziert sei. Die Kassen hätten ein »gravierendes Einnahmenproblem«. Grund dafür sei unter anderem, dass der Bund für die Gesundheitsversorgung der Grundsicherungsempfänger lediglich 110 Euro im Monat zahle, was viel zu wenig sei. Allein für diese Versicherten müsse der Bund 11 Milliarden Euro im Jahr mehr beisteuern.
»Wir sind jetzt an einem Punkt, an dem wir neu nachdenken müssen«, betonte Michael Hennrich. Der Gesundheitspolitiker und langjährige Bundestagsabgeordnete der CDU/CSU sprach sich für einen parteiübergreifenden Dialog bei einer Strukturreform aus. Das System sollte behutsam weiterentwickelt werden. Im Februar hatte Hennrich sein Bundestagsmandat niedergelegt, um die Geschäftsführung des BAH zu übernehmen. Beim DAV-Wirtschaftsforum führte er aus, dass es von 2011 bis 2019 satte Überschüsse im System gegeben habe, die Reserven aber nun aufgebraucht seien. Er plädierte für mehr Transparenz im System. Sinnvoll sei auch, über eine Art »Sozial-Soli« sowie die Regionalisierung der Krankenhausbeiträge nachzudenken, so Hennrich. Neue Strukturen zu schaffen, wie beispielsweise die Gesundheitskioske, lehne er hingegen ab.
Doch wann ist eine grundlegende Strukturreform zu erwarten? Professorin Arentz hofft, dass Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) dazu einen Vorschlag präsentieren wird, befürchtet jedoch, dass es angesichts der schwierigen Gesamtsituation »kein großer Wurf wird«. »Wir können uns damit nicht zehn Jahre Zeit lassen«, sagte sie. DAK-Vorstandschef Storm sieht kurzfristig keine Chance für eine grundlegende Reform. Bei den Leistungen könne die GKV nicht sparen, und aus dem Bundeshaushalt sei wegen der Schuldenbremse so bald kein zusätzliches Geld zu erwarten. »Wenn die Reform nicht kommt, ist das allerdings dramatisch. Wir werden die Krankenhaus-Reform gegen die Wand fahren und beim Gesundheitsmarkt eine Chance vergeben«, machte Storm deutlich.
Diskutiert wurde auch über den Wettbewerb zwischen den gesetzlichen Krankenkassen. »Der Wettbewerb funktioniert nicht«, äußerte Hennrich. Auch DAK-Vorstandschef Storm räumte ein, dass es derzeit eher einen Wettbewerb um Zusatzangebote statt um die beste Versorgung gebe. Aus diesem Grund die Zahl der Kassen zu reduzieren, um Kosten zu sparen, sei aber nicht zielführend. »Wir müssen jedoch über neue Wege der Kooperation zwischen den Kassen nachdenken. Nur so bekommen wir Megathemen wie die Digitalisierung hin«, zeigte sich Storm überzeugt.
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