Raus aus dem Seelentief |
Für komplementäre Behandlungsansätze wie Kunst-, Musik- und Ergotherapie sowie Jugendhilfemaßnahmen, etwa durch Erziehungsberatungsstellen, sprechen positive Erfahrungen aus der klinischen Praxis, insbesondere im (teil)stationären Bereich. Aussagekräftige Untersuchungen für deren Wirksamkeit liegen jedoch nicht vor. Deshalb konnten die Leitlinienautoren hier keine evidenzbasierten Empfehlungen aussprechen.
Auch für Johanniskraut (Hypericum perforatum) fehlen valide Daten für Kinder und Jugendliche aus randomisierten kontrollierten Studien. Wegen möglicher unerwünschter Arzneimittelwirkungen und Interaktionen mit anderen Medikamenten, beispielsweise Kontrazeptiva, wird der Einsatz nicht empfohlen.
Auch zu Omega-3-Fettsäuren liegen zu wenige Daten aus aussagekräftigen Untersuchungen vor. Erste Studien sprechen für einen positiven Effekt einer 16-wöchigen Therapie mit 400 mg/Tag Eicosapentaensäure (EPA) und 200 mg/Tag Docosahexaensäure (DHA) bei depressiven Kindern. Mehrere randomisiert kontrollierte Studien laufen noch.
Eine Lichttherapie scheint bei Jugendlichen mit saisonaler Depression wirksam zu sein; bei nicht-saisonaler Erkrankung fand sich jedoch kein Hinweis auf eine Verbesserung.
Einzelne Studien mit geringen Fallzahlen deuten darauf hin, dass eine repetitive transkranielle Magnetstimulation am präfrontalen Cortex die depressive Symptomatik bei Jugendlichen verringern kann. Die Betroffenen hatten auf eine vorherige pharmakologische und/oder psychotherapeutische Behandlung nicht angesprochen.
Die meisten Kinder und Jugendlichen finden mit einer geeigneten Behandlung schnell wieder aus ihrer seelischen Krise heraus – oft schneller als Erwachsene. »Die Chance auf einen positiven Verlauf steigt, je früher die Diagnose gestellt wird und die Therapie einsetzt«, betont Schulte-Körne. Allerdings besteht bei bis zu 80 Prozent die Gefahr eines Rückfalls. Das gilt insbesondere dann, wenn mehrere Risikofaktoren vorliegen, etwa körperliche oder seelische Misshandlung oder eine psychische Erkrankung eines Elternteils.
Wichtig ist deshalb, dass sowohl die Betroffenen als auch ihre Bezugspersonen frühe Warnsymptome erkennen. Zusammen mit dem betreuenden Arzt können sie Strategien entwickeln, wie sie in Risikosituationen einem drohenden Rezidiv entgegenwirken.
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Clara Wildenrath ist Diplom-Biologin, Wissenschaftsjournalistin und Buchautorin. Sie berichtet sowohl für Fachkreise als auch für Laien über Grundlagen und Neuerungen in der Medizin. Zu ihren Schwerpunktthemen gehören unter anderem die Gynäkologie, Immunologie und Biochemie.