Quarantäne statt kostenlose Pflichttests |
Für Reiserückkehrer aus Risikogebieten soll in wenigen Wochen wieder die Quarantänepflicht zuhause gelten. So können laut der Gesundheitsminister von Bund und Ländern Kosten und Laborkapazitäten gespart werden. / Foto: Getty Images/Westend61/Kniel Synnatzschke
Entsprechende Vorschläge legten die Minister am Montag nach einer Schaltkonferenz vor. Kritik daran kam aus Bayern. Es habe eine hohe Übereinstimmung gegeben, dass richtigerweise im Sommer die Tests für Reisende ausgeweitet worden seien, sagte Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) nach dem Gespräch. Man sei sich aber gleichzeitig einig, dass mit Ende der Rückreisewelle die Kapazitäten wieder stärker im Bereich Pflege und Krankenhäuser genutzt werden sollten. Konkret geplant ist demnach, dass für diejenigen, die aus Risikogebieten einreisen, wieder ausschließlich die Quarantäneregelung gelten soll. Das heißt: Die Betroffenen müssen sich wie bisher beim Gesundheitsamt melden und sich in Quarantäne begeben. Diese soll im Unterschied zur jetzigen Regelung erst dann verlassen werden dürfen, wenn mit einem frühestens fünf Tage nach der Einreise gemachten Test ein negatives Ergebnis vorgewiesen wird.
Faktisch dürfte das die Dauer der Quarantäne für die betreffenden Reisenden verlängern. Im Moment gilt, dass Reisende, die in Risikogebieten waren, sich nach der Einreise testen lassen müssen, wenn sie keinen eigenen maximal 48 Stunden alten negativen Test vorweisen können. Ein negatives Ergebnis hebt die vorgeschriebene Quarantänepflicht auf.
Seit Ende Juli können sich zudem Urlaubsrückkehrer auch aus Nicht-Risikogebieten in Deutschland kostenlos auf das Coronavirus testen lassen. Die geplante Neuausrichtung wird unter anderem damit begründet, dass die Labore in Deutschland inzwischen an ihre Grenzen stießen, sowohl beim Personal als auch bei der Verfügbarkeit von Materialien. Ein Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums sagte am Montag. «Wenn wir wochenlang Volllast fahren in dem Bereich, werden wir Material- und Personalprobleme bekommen.» Deshalb müsse man die Teststrategie entsprechend anpassen. Pro Woche werden dem Sprecher zufolge momentan rund 875 000 Coronavirus-Tests gemacht. Die Labore hätten eine theoretische Kapazität von rund 1,2 Millionen.
Unklar ist noch, wann genau die neuen Regeln in Kraft treten sollen. Diskutiert wird über den 15. September oder den 1. Oktober. Mitte September beginnt auch im letzten Bundesland Baden-Württemberg wieder die Schule. Auch ein späteres Datum ist möglich. Das dürfte bei den Beratungen der Ministerpräsidenten der Länder mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Donnerstag eine Rolle spielen.
Insbesondere Bayern sprach sich gegen ein vorzeitiges Ende der Corona-Testpflicht für Urlaubsrückkehrer aus. «Die Diskussion zur Beendigung einer Testpflicht für Reiserückkehrer aus Risikogebieten ist verfrüht», sagte Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) am Montagabend in München. Die Auswertungen aktueller Ausbruchsschwerpunkte von Coronavirus-Infektionen zeige klar die Bedeutung von infizierten Reiserückkehrern an diesen Infektionsketten. Huml äußerte sich besorgt über die am Montag zuvor mehrheitlich von ihren Amtskollegen aus Bund und Ländern befürwortete neue Teststrategie. «Jetzt, wo dieses wirkungsvolle Instrument greift und akzeptiert ist, sollte man es nicht verfrüht stoppen», betonte sie und verwies auf die erzielten Erfolge bei den Kontrollen in Bayern.
Auch der Gesundheitsminister von Mecklenburg-Vorpommern, Harry Glawe (CDU), sieht noch offene Fragen. Eine sei, wie das Gesundheitsamt erfährt, wer aus einem Risikogebiet heimgekehrt ist, erklärte Glawe am Montag in Schwerin. Die Frage sei konkret, wie die Information von der Aussteigerkarte im Flugzeug an die Gesundheitsämter vor Ort komme und wie die Quarantäne der Rückkehrer effektiv kontrolliert und überwacht werden könne. Reise-Rückkehrer aus Risikogebieten haben die Pflicht, in Quarantäne zu gehen. Doch das setze die Ehrlichkeit und Vernunft voraus, dass die Rückkehrenden sich daran halten, räumte Glawe ein.
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