Pritelivir als neues Herpes-simplex-Mittel |
Herpes-simplex-Viren (HSV) sind weit verbreitet. Infektionen führen zu einer lebenslangen Persistenz der Viren. / Foto: Adobe Stock/Aleksandra Gigowska
Herpes-simplex-Viren (HSV) sind weit verbreitet. Unterschieden werden die Typen 1 und 2 (HSV-1 und HSV-2). Während HSV-1 vor allem Läsionen im Mund verursacht, manifestiert sich HSV-2 in der Genitalregion und wird meist sexuell übertragen. Bei immungeschwächten Patienten kann eine HSV-Infektion zu ernsten Komplikationen führen. Wie das Pharmaunternehmen AiCuris meldet, ist das Thiazolylamid Pritelivir gegen beide Virustypen wirksam, auch gegen Viren, die gegen die andere HSV-Mittel resistent geworden sind.
Das oral bioverfügbare Pritelivir besitzt ein neues Wirkprinzip. Während Nukleosid-Analoga wie Aciclovir und dessen Prodrug Valaciclovir sowie Famciclovir, das Prodrug von Penciclovir, die fortlaufende Verlängerung des DNA-Strangs durch die Inaktivierung der viralen DNA-Polymerase stoppen, hemmt Foscarnet als Pyrophosphatanalogon unter anderem die DNA-Polymerase. Pritelivir verhindert dagegen durch die Blockade des Helikase-Primase-Komplexes die De-novo-Synthese viraler DNA. Die blockierten Virusenzyme sind zum Beispiel wichtig für die Entwindung doppelsträngiger DNA und den Start der Replikation. Pritelivir greift also früher in die Virusreplikation ein als Nukleosid-Analoga. Zudem muss es nicht erst wie diese in HSV-infizierten Zellen durch die virale Thymidinkinase aktiviert werden. Deshalb ist Pritelivir auch wirksam bei Nukleosid-Analoga-resistenten Herpes-Viren, denen die aktivierende Kinase fehlt.
Im Juni 2020 erhielt AiCuris für Pritelivir von der US-amerikanischen Zulassungsbehörde FDA den Status »Breakthrough Therapy« für die Behandlung von HSV-Infektionen bei immungeschwächten Patienten. Basierend auf frühen Ergebnissen einer Phase-II-Studie bereitet das Unternehmen derzeit eine Phase-III-Studie mit immungeschwächten Patienten vor, deren HSV-Infektion gegen Aciclovir resistent geworden ist.