Politiker diskutieren über Impfungen und Fachkräftemangel |
Cornelia Dölger |
19.02.2022 17:52 Uhr |
Einig waren sich alle in ihrer Sorge um den Fachkräftemangel in den Gesundheitsberufen. Auf diesen war zuvor auch Professor Stefan Sell, Direktor des Instituts für Sozialpolitik und Arbeitsmarktforschung der Hochschule Koblenz, in seinem Gastvortrag »Corona und die Folgen für den Arbeitsmarkt im Gesundheitwesen« eingegangen. Eine Forderung des Arbeitsmarktexperten, nämlich insbesondere nicht-akademische Berufe im Gesundheitswesen aufzuwerten, stieß in der politischen Runde auf viel Zustimmung. »Wir müssen sowohl das Studium als auch die Ausbildung attraktiver machen«, so Heidenblut.
Piechotta ergänzte, es sei zwar sinnvoll, Studienkapazitäten auszuweiten und Lehrgelder zu erhöhen, allerdings spielten die Rahmenbedingungen in den Berufen selbst auch eine wichtige Rolle. Gerade bei den Lehrberufen seien stetige Weiterbildungsmöglichkeiten wichtig. Und: Der Nachwuchs im pharmazeutischen, medizinischen wie pflegerischen Bereich befinde sich mitten in einem Wertewandel. »Unsere Generation tickt anders«, so die 35-jährige Piechotta, die vor ihrem Bundestagsmandat als Radiologin am Uniklinikum in Leipzig arbeitete. Etwa wollten viele in Teilzeit arbeiten.
Auf die unternehmerische Komponente in Heilberufen zielte CDU-Mann Kippels ab. Anders als früher seien heute weniger Beschäftigte im Gesundheitsbereich dazu bereit, als Freiberufler auch wirtschaftliche und personelle Verantwortung etwa für die eigene Apotheke oder Praxis zu übernehmen. »Sie wollen grundsätzlich eher im Team arbeiten.« Das wiederum wirke sich auf die traditionellen Organisationsformen aus. Ebenso bei den Ausbildungsberufen. Mitarbeitende wünschten sich hier mit Eigenverantwortlichkeit. »Der Beruf wird attraktiver, wenn das Erlernte eigenverantwortlich, kreativ und empathisch umgesetzt werden kann«, so Kippels. Da gebe es allerdings »ein paar alte Hürden, die immer wieder auftauchen«. Solche Schranken gelte es abzubauen.
Thomas Preis betrachtete das Thema auch von Arbeitgeberseite. Wenn die Heilberufler als Arbeitgeber mit der Industrie mithalten wollten, müssten für Apotheken höhere Honorare gezahlt werden. »Wir stehen ja im Wettbewerb mit anderen Arbeitgebern.« Dass etwa der Festbetragszuschlag seit 2004 nur minimal erhöht worden sei, sei »einfach zu wenig«.
Der AVNR-Vorsitzende plädierte zudem für weniger Bürokratie im Gesundheitswesen. Speziell für die Apotheker sei zum Beispiel die Präqualifizierung »ein bürokratischer Treppenwitz«, gegen den sich die Apothekerschaft schon seit Jahren wehre. Dass eine andere Regelung im Zuge der Coronavirus-Pandemie ausgesetzt worden sei, begrüßte er. So können Apotheken derzeit etwa einfacher von den Rabattverträgen abweichen, wenn ein Arzneimittel nicht lieferbar ist. Preis forderte, solche Regelungen auch für die Zeit nach der Pandemie zu entfristen. Dass beide Seiten, Regierung wie Opposition, »die große Bedeutung der Apotheken anerkennen«, hob Preis zum Schluss lobend hervor. »Ohne Apotheken geht es nicht, jetzt nicht und in der Zukunft auch nicht.«