Politik

Zwei Gesetzesänderungen, die für die öffentlichen Apotheken von großer
Bedeutung sind, stehen in nächster Zeit an: Die Novellierung der
Arzneimittelpreisverordnung und die auf einen Antrag der Berliner
Landesregierung zurückgehende Änderung des Apothekengesetzes. Die
Erfolgsaussichten der beiden Novellen sind recht unterschiedlich. Während
die Änderung der Distributionsspannen im Prinzip beschlossen ist, stößt die
Ergänzung des Apothekengesetzes auf starken Widerspruch.
Der Wirtschaftsausschuß des Bundesrates werde der Änderung der
Arzneimittelpreisverordnung in der nächsten Sitzung ohne Nachbesserungen
zustimmen, sagte Dr. Peter Klocker, Referatsleiter beim
Bundeswirtschaftsministerium, auf einer Veranstaltung des Colloquium
Pharmaceuticum am 6. Februar in Bonn. Die Neufassung werde wie geplant zum 1.
Juli in Kraft treten. In seiner Sitzung am 22. Januar hatte der Wirtschaftsausschuß
die Zustimmung zur Änderung verweigert und zusätzliche Informationen gefordert.
Die Änderung der Arzneimittelpreisverordnung sieht eine Kappung der Zuschläge für
Großhandel und Apotheken bei einem Verkaufspreis von mehr als 1063, 81 DM
vor. Als Ausgleich für die Apotheken werden die Notdienstgebühr und die
Rezepturzuschläge angehoben. Nach bisherigen Berechnungen resultiert aus der
Novellierung für die Apotheker kurzfristig ein Plus von 30 Millionen DM. Wie
Professor Dr. Rainer Braun, ABDA-Geschäftsführer Pharmazie, erläuterte, sei die
Freude über diesen Gewinn jedoch von kurzer Dauer, denn mit zunehmender Zahl
hochpreisiger Medikamente werde die Bilanz aus der Novelle für die Apotheker
schlechter. Heute gebe es lediglich 200 Pharmazentralnummern, die von der
Absenkung der Spanne betroffen seien. Die Zahl werde kontinuierlich steigen.
Die Modifikation der Preisspannenverordnung stößt auch bei den Marktpartnern auf
breite Akzeptanz. Peter Dewein, Geschäftsführer beim Bundesverband der
Pharmazeutischen Industrie (BPI) und Professor Dr. Hilko Meyer vom
Bundesverband des Pharmazeutischen Großhandels erwarten, daß die Novellierung
zu einer Stabilisierung des bewährten Distributionsweges führen wird und somit das
bewährte System erhalte.
"Entscheidung nicht ausgeschlossen"
Während die Novelle der Arzneimittelpreisverordnung wohl beschlossene Sache ist,
steht das Schicksal des vom Bundesrat initiierten Entwurfes zur Änderung des
Apothekengesetzes noch in den Sternen. Wenn der Bundestag dem Entwurf
zustimmt, dann dürften in Zukunft Krankenhausapotheken Arzneimittel auch an
Krankenhausambulanzen, psychiatrische Institutsambulanzen und Sozialpädiatrische
Zentren "zur unmittelbaren Anwendung" abgeben. Außerdem dürften sie in
dringenden Fällen Kranken, die aus der stationären Behandlung entlassen werden,
Arzneimittel zur Überbrückung mitgeben.
Ferner sieht der Gesetzentwurf vor, daß Apotheker schriftliche Verträge mit der
Leitung von Heimen abschließen dürfen, um die Arzneimittelversorgung der
Heimbewohner zu regeln. Außerdem soll es Apothekern gestattet werden, eine
Zytostatikazubereitung unmittelbar an den anwendenden Arzt abzugeben.
Wie Dr. Hermann Josef Pabel, Ministerialdirigent im Bundesgesundheistministerium
ausführte, befürwortet die Bundesregierung die Mitgabe von Arzneimitteln in
dringenden Fällen. Allerdings müsse die Abgabe der Arzneimittel auf der Station
oder in der Ambulanz erfolgen, nicht in der Krankenhausapotheke. Diese sei für
Publikumsverkehr ohnehin nicht ausgelegt. Den Vorschlag, daß die
Krankenhausapotheke Arzneimittel auch an die obengenannten Insititutionen
abgeben darf, will die Regierung prüfen lassen.
Wie Pabel weiter ausführte, geht der Bundesregierung der Gesetzentwurf zu
Verträgen zwischen Heimleitung und Apotheker nicht weit genug. Im Sinne der
Arzneimittelsicherheit sollte ein solcher Vertrag nicht nur erlaubt, sondern gesetzlich
vorgeschrieben werden. Eine vom Gesetzentwurf abweichende Lösung strebt die
Bundesregierung nach Pabels Ausführung auch bei der Zytostatikaabgabe an. Der
Vorschlag führe nicht zwangsläufig zu einer besseren Zusammenarbeit zwischen auf
Zytostatikaherstellung spezialisiertem Apotheker und behandelndem Arzt, bemängelt
die Bundesregierung. Sie favorisiert deshalb ein Gesetz, daß es dem Arzt ermöglicht,
die Zytostatikaverordnung einer spezialisierten, nahegelegenen Apotheke
zuzuweisen.
Die Position der Bundesregierung zur Belieferung von Zytostatikarezepten werde
von der ABDA begrüßt, sagte Braun. Allerdings forderte er den Zusatz, daß der
Patient sich die beliefernde Apotheke aussuchen darf, wenn es in der Umgebung
mehrere Offizinen gibt, die die Anforderungen erfüllen. Die Änderungen bei der
Versorgung von Heimen unterstützte Braun ebenfalls. Durch einen Vertrag erhalte
der Apotheker die Möglichkeit, sich intensiver als bislang um die
Arzneimittelversorgung der Heimbewohner zu kümmern.
Die Arzneimittelabgabe von Krankenhausapotheken an Krankenhausambulanzen in
Polikliniken sei tolerabel, sagte Braun weiter. Die Abgabe an sonstige Ambulanzen
im Krankenhaus lehne die ABDA jedoch strikt ab. Die Mitgabe von Arzneimittel an
Patienten, die am Wochenende aus dem Krankenhaus entlassen werden, stößt bei
dem ABDA-Geschäftsführer ebenfalls auf wenig Sympathie. Gäbe es am
Wochenende einen ausreichenden ärztlichen Notdienst, dann käme der im
Gesetzentwurf genannte "dringende Fall" überhaupt nicht vor. Die Abgabe von
Arzneimitteln durch die öffentlichen Apotheken sei rund um die Uhr gewährleistet,
am Wochenende gebe es jedoch keinen niedergelassenen Arzt, der dem Patienten
ein Rezept ausstellt.
Wann und in welchem Umfang die Gesetzesänderung verabschiedet wird, ist zur Zeit
noch völlig offen. Eine Entscheidung in dieser Legislaturperiode sei "nicht
ausgeschlossen", sagte Pabel. Den meisten anderen Anwesenden ging selbst diese
vage Formulierung noch zu weit. Sie rechnen nicht mit einer Entscheidung vor dem
Wahltag.
PZ-Artikel von Daniel Rücker, Bonn



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