Pilze in der Atemluft kein Asthma-Risiko |
Annette Rößler |
30.08.2023 11:00 Uhr |
In welcher Umgebung ein Kind groß wird, beeinflusst sein Asthma- und Allergierisiko. Laut einer finnischen Studie sind aber Schimmel- und Hefepilze dabei nicht die Übeltäter. / Foto: Adobe Stock/Nedrofly
Forschung und Aufklärung zu Allergien und Asthma haben in Finnland einen hohen Stellenwert (siehe Kasten). Jetzt präsentieren Mitarbeiter des staatlichen Finnischen Instituts für Gesundheit und Wohlfahrt (TFL) im Fachjournal »Annals of the American Thoracic Society« ein überraschendes Ergebnis ihrer Grundlagenforschung zu den Risikofaktoren von Asthma im Kindesalter. Wie die Gruppe um Martin Täubel schreibt, erhöht es das Asthmarisiko von Kindern nicht, wenn sich in den Wohnräumen, in denen es aufwächst, Schimmel- und Hefepilze finden.
Die Gruppe machte diese Beobachtung bei Kindern aus der LUKAS-Kohorte. Dieser gehören sowohl Kinder an, die in Städten aufwachsen, als auch Kinder, die auf Bauernhöfen groß werden. Die Forschenden analysierten zunächst, welche und wie viele Schimmel- und Hefepilze sich in Staubproben aus den Wohnzimmern der Haushalte der Kinder nachweisen ließen, die genommen worden waren, als die Kinder zwei Monate alt waren. Anschließend wurden diese Ergebnisse mit dem Asthmastatus der Kinder im Alter von 10,5 Jahren korreliert. Insgesamt konnten die Daten von 259 Kindern berücksichtigt werden.
In einer früheren Untersuchung hatten die Forschenden zeigen können, dass das Asthmarisiko von Kindern steigt, wenn sie während ihres ersten Lebensjahres in einem Gebäude mit einem Wasserschaden wohnen. Da die Restfeuchte im Gemäuer nach einem Wasserschaden das Pilzwachstum begünstigt, erwarteten sie, in der aktuellen Studie diejenigen Pilze auszumachen, die dafür verantwortlich sind beziehungsweise solche Pilze zu identifizieren, die möglicherweise auch vor Asthma schützen. Zu ihrer Überraschung stellten sie jedoch fest, dass weder die Anzahl der gefundenen Schimmel- und Hefepilze noch ihre Diversität oder Menge das Risiko erhöhten.
Die Bestimmung des Mykobioms, also der vorhandenen Pilze, in der Innenraum-Umgebung von Kindern sei allein zur Beurteilung des Asthmarisikos nicht ausreichend, schlussfolgern die Autoren. Stattdessen müsse in kommenden Untersuchungen berücksichtigt werden, welche der gefundenen Pilze und auch Bakterien lebendig seien und welche möglicherweise das Mikrobiom der Atemluft dominieren.
Als Reaktion auf die auch in Finnland steigende Allergie- und Asthmaprävalenz legte die Regierung des skandinavischen Landes 2008 ein auf zehn Jahre angelegtes nationales Programm auf, das darauf abzielte, die Belastungen durch Allergien unter anderem durch systematiche Aufklärung der Bevölkerung zu verringern. Die Bilanz dieses Programms konnte sich sehen lassen: 2018 hatte die Allergieprävalenz stark abgenommen – während sie in anderen Industrienationen, darunter Deutschland, weiter gestiegen war. Asthma verursachte in Finnland 2018 weniger Symptome und Behinderung sowie 50 Prozent weniger Krankenhaustage als vor dem Start des Programms. Die direkten und indirekten Kosten durch Asthma und allergische Erkrankungen waren innerhalb der zehn Jahre um 30 Prozent gesunken (»The Journal of Allergy and Clinical Immunology« 2021, DOI: 10.1016/j.jaci.2021.03.037).