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Parkinson

Phase-I-Studien zu Zell- und Gentherapien gestartet

Zwei Bayer-Tochterunternehmen haben jeweils eine klinische Studie mit einer neuartigen Therapie für Morbus Parkinson gestartet. In einer wird die Transplantation von dopaminergen Neuronen getestet, in der anderen ein Vektor, der zur Freisetzung eines Wachstumsfaktors für Nervenzellen führt.
Christina Hohmann-Jeddi
08.06.2021  16:00 Uhr

Das biopharmazeutische Bayer-Tochterunternehmen BlueRock Therapeutics hat dem ersten Parkinson-Patienten weltweit in einer offenen Phase-I-Studie erfolgreich die erste Dosis dopaminerger Neuronen (DA01) verabreicht, die aus pluripotenten Stammzellen gewonnen wurden. Das meldet das Unternehmen Bayer heute. Bei der neurodegenerativen Parkinson-Krankheit gehen Dopamin-produzierende Nervenzellen im Gehirn zugrunde, weshalb es zu einem Dopamin-Mangel kommt. Dopamin-Substitute wie Levodopa werden eingesetzt, um die Symptome der Krankheit zu reduzieren. Die Krankheitsursache können bisherige Therapien nicht beheben. Aus diesem Grund wird schon seit Längerem an Zell- und Gentherapien gearbeitet, die den Neuronenmangel ausgleichen sollen.

So zielt BlueRock mit dem Einsatz von dopaminergen Neuronen darauf ab, die betroffenen Regionen des menschlichen Gehirns zu reinnervieren und den degenerativen Prozess umzukehren. Hierdurch könnten die durch den Neuronenuntergang beeinträchtigten motorischen Funktionen wiederhergestellt werden, heißt es in der Mitteilung. In die klinische Studie von BlueRock werden insgesamt zehn Patienten an Klinikzentren in den USA und Kanada aufgenommen. Sie erhalten eine chirurgische Transplantation der Dopamin-produzierenden Zellen in das Putamen, eine tiefe Gehirnstruktur, die von der Parkinson-Krankheit betroffen ist. Das primäre Ziel der Phase-I-Studie (NCT04802733) ist die Bewertung der Sicherheit und Verträglichkeit der DA01-Zelltransplantation ein Jahr nach dem Eingriff. Zudem wird das Überleben der transplantierten Zellen und die Verbesserung der motorischen Effekte nach einem und zwei Jahren bewertet sowie die anhaltende Sicherheit und Verträglichkeit nach zwei Jahren geprüft.

In einem weiteren Projekt treibt die Bayer-Tochter Asklepios BioPharmaceutical (AskBio) ein Gentherapie-Programm voran, das auf Adeno-asoziierten Viren (AAV) basiert. Diese Vektoren schleusen das humane Gen für den Wachstumsfaktor GDNF (Glial Cell Line-Derived Neurotrophic Factor) in die Neuronen im Putamen ein. Dadurch kommt es zur Expression und Freisetzung von GDNF in den von der Parkinson-Krankheit betroffenen Hirnregionen. Eine anhaltende Expression von GDNF soll zu einer Regeneration der Mittelhirn-Neuronen und einer motorischen Verbesserung führen. Seit Beginn der Phase-Ib-Studie (NCT04167540) im August 2020 wurden insgesamt zehn Patienten rekrutiert.

»Wir schätzen das Potenzial der klinischen Produkt-Kandidaten von BlueRock und AskBio zur Behandlung der Parkinson-Krankheit als sehr hoch ein«, sagt Wolfram Carius, Leiter von Bayers Zell- und Gentherapieplattform, in der Mitteilung. »Zum ersten Mal könnte es möglich sein, diese degenerative Erkrankung zu stoppen und ihren Verlauf umzukehren. So könnte Patienten mit hohem ungedeckten therapeutischen Bedarf wirklich geholfen werden. Der Start der klinischen Studien ist der Aufbruch hin zu einer bahnbrechenden Behandlungsmöglichkeit, um das Leben von Patienten dramatisch zu verbessern.«

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