Pharmazie

Erkältungskrankheiten: Der Schwerpunkt des 8. Kongresses der
Gesellschaft für Phytotherapie in Würzburg paßte diesmal zur winterlichen
Jahreszeit. Vorgestellt wurden Studien zu Präparaten wie Sinupret®,
Esberitox® oder Echinacin®. Die Teilnehmer diskutierten den Stellenwert
der Phytotherapeutika und die Schwierigkeiten eines angemessenen
Prüfdesigns.
"Ein Schnupfen dauert mit Behandlung sieben Tage und ohne eine Woche." Dieses
Sprichwort taucht immer wieder auf, zwei Gründe sprechen dennoch für eine
Therapie banaler Erkältungen: Es gilt, unangenehme Symptome zu lindern und
Komplikationen, vor allem bakteriellen Folgeinfektionen, vorzubeugen.
Und wie ist das nun mit der Dauer der Erkältung? Dr. Olav Hoheisel, Werksarzt aus
Schweden, stellte hierzu eine doppelblinde, randomisierte Studie mit Echinagard®
(schwedischer Handelsname für Echinacin®-Lösung) vor. 120 Mitarbeiter einer
großen Möbelfabrik in Schweden erhielten bei beginnender Erkältung zehn Tage
lang Extrakt oder Placebo. Die Behandlung begann mit einer Stoßtherapie von fünf-
bis sechsmal je 20 Tropfen, ab dem zweiten Tag nahmen die Patienten dreimal
täglich 20 Tropfen ein. Über den Verlauf der Erkältung wurde Tagebuch geführt.
In der Verumgruppe besserte sich die Erkältung signifikant früher als in der
Placebogruppe, und signifikant weniger Patienten entwickelten das Vollbild einer
Erkältung (60 versus 40 Prozent). Unter den Patienten mit dem Vollbild einer echten
Erkältung besserten sich die Symptome nach vier, bei den Placebopatienten im
Durchschnitt erst nach acht Tagen.
Immunmodulatoren frühzeitig anwenden
Dr. Hans-Heinrich Heinnecke-von-Zepelin von der Firma Schaper und Brümmer
stellte eine doppelblinde, randomisierte Studie zu Esberitox® vor: 242 Patienten, die
wegen einer Erkältung zum Arzt kamen, erhielten entweder das Phytopharmakon
oder Placebo über sieben bis neun Tage. Untersucht wurde unter anderem, ob die
Heilungschancen bei frühem Behandlungsbeginn besser sind. Das Stadium der
Erkrankung wurde anhand des Symptoms "verstopfte Nase" charakterisiert.
Patienten, die mit der Therapie begannen, bevor die Erkältung weit fortgeschritten
war, unterschieden sich dabei im Gesamtsymptombild ab dem vierten Tag signifikant
von der Placebogruppe. Die Besserung betraf die Symptome Schnupfen und
Husten. Schmerzen oder Fieber wurden durch das Präparat nicht signifikant
beeinflußt. Bei Patienten mit einer sehr schwachen oder einer länger bestehenden
Erkältung konnte kein signifikant positiver Effekt der Behandlung nachgewiesen
werden.
Es bleiben noch Fragen offen
Immunmodulatoren wirken also bei Erkältung, insbesondere wenn sie rechtzeitig
eingenommen werden. Nicht bewiesen aber, auch das wurde auf dem Kongreß
betont, ist zweierlei: der Wirkmechanismus und die Vorteile einer längerfristigen
prophylaktischen Einnahme.
Professor Dr. Rudolf Hänsel aus München warnte davor, Ergebnisse aus
In-vitro-Versuchen kritiklos auf die Situation in vivo zu extrapolieren. Die Wirkung
sei vielschichtig und auch Interferon habe je nach Versuchsanordnung
supprimierende oder stimulierende Effekte. Der Begriff Immunstimulation sollte
daher nach seiner Überzeugung besser durch Immunmodulation ersetzt werden.
Der Nachweis der prophylaktischen Wirkung steht ebenfalls noch aus. Es mache
keinen Sinn, betonte Professor Dr. Hans Baenkter vom Universitätsklinikum in
Erlangen, Echinacea-Präparate den ganzen Winter über einzunehmen. Zumindest in
vitro lasse sich das Immunsystem nur für einen begrenzten Zeitraum stimulieren.
Sinusitis mit Pflanzen bekämpfen
Leitsymptom einer Nasennebenhöhlenentzündung ist der Mittelgesichtsschmerz, der
sich beim Bücken verschlimmert. Führend in der Therapie ist das
Kombinationspräparat Sinupret®. Seit 1933 ist es im Handel, im September 1997
erhielt es als erste Fünffach-Kombination die Neuzulassung. Dafür wurde in
klinischen Studien die Wirksamkeit der Kombination und in pharmakologischen
Studien die Wirksamkeit der einzelnen Bestandteile nachgewiesen. Eisenkraut wirkt
antiviral und sekretolytisch, Holunderblüten sind sekretolytisch, Enzianwurzel wirkt
ebenfalls leicht sekretolytisch, vorwiegend aber antiphlogistisch, der
Gartensauerampfer ist antiphlogistisch, und die Blüten der Schlüsselblume wirken
antiviral, erklärte der Diplompsychologe Reinhard März von der Firma Bionorica auf
einer Pressekonferenz der Firma im Rahmen des Kongresses.
13 klinische Studien wurden für die Zulassung insgesamt durchgeführt. Chaim Ismail,
ebenfalls von der Herstellerfirma, stellte einige vor: Patienten mit einer akuten
Sinusitis erhielten Sinupret® über zwei bis drei Wochen. Die Kontrollgruppen
wurden jeweils mit N-Acetylcystein, Ambroxol oder Gelomyrtol® behandelt. Über
Röntgenbild und Patientenurteil, teilweise auch mit Ultraschall, wurde der Erfolg der
Behandlung bestimmt. In keiner Studie unterschied sich die Wirkung des Verums
von den Vergleichssubstanzen. Eine placebokontrollierte, doppelblinde Studie zeigte
sogar, daß bei gleichzeitiger Behandlung mit Antibiotika und Nasentropfen durch
Sinupret® zusätzlich noch eine Verbesserung zu erreichen ist. Mit dem neuen,
doppelt so hoch dosierten Fortepräparat müssen Erwachsene dreimal täglich nur
noch je ein Dragee einnehmen.
PZ-Artikel von Stephanie Czajka, Würzburg



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