Patienten anzusprechen lohnt sich |
Brigitte M. Gensthaler |
13.03.2024 09:00 Uhr |
Wohl dem, der so gut schlafen kann und keine Medikamente dafür braucht. / Foto: Getty Images/miodrag ignjatovic
Nach einer Datenanalyse des Epidemiologischen Suchtsurvey (ESA) 2021 liegt bei etwa 2,9 Millionen Personen in Deutschland ein problematischer Medikamentenkonsum vor. Neben Opioid-Analgetika sind vor allem Hypnotika und Sedativa kritisch. Bei Verdacht auf einen schädigenden Arzneimittelkonsum sollte das Apothekenteam den Patienten auf ein mögliches Abhängigkeitsproblem ansprechen.
»Fragen Sie empathisch mit professioneller Neugier; viele Patienten sind dankbar für die Möglichkeit zum Gespräch«, sagte Professor Dr. Oliver Pogarell von der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, LMU Klinikum München, bei einem Online-Seminar der Bayerischen Landesapothekerkammer.
Bereits eine Kurzintervention, also Ansprechen des schädigenden Medikamentenkonsums mit Hilfeangebot, sei »wirksam und hilfreich«, denn sie könne eine Reflexion bei den Patienten auslösen. »Selbst bei unmotivierten Patienten sollte man immer auf eine Reduktion des Suchtmittelkonsums hinwirken.«
Der Psychiater riet den Heilberuflern, im Gespräch authentisch zu sein, gemeinsam mit dem Patienten den Grund und die Motive für die Einnahme zu suchen, Verständnis zu zeigen und Ziele zu vereinbaren. Dabei könnten einfache Hilfsmittel wie Schmerz- oder Schlaftagebücher oder Positiv-Negativ-Listen hilfreich sein. Wichtig sei aber auch der Umgang mit eigenen Grenzen; »verweisen Sie eventuell an andere Stellen«.
Um Hinweise auf eine Abhängigkeit zu erkennen, sollten Arzt und Apotheker aufmerksam sein, wenn Patienten gezielt zur Verschreibung oder Abgabe eines bestimmten Arzneimittels drängen, wenn sie über Absetzprobleme nach längerem Gebrauch psychotroper Medikamente oder Dauerkopfschmerzen und Dauereinnahme von Schmerzmitteln berichten.
In der Apotheke solle man auf Wiederholungsrezepte, Doppelverordnungen und die Verordnung von großen Packungen achten. Auch wenn Patienten die Dosis eigenständig erhöhen oder öfter nach einer Neuverordnung fragen, als es das Verschreibungsintervall vorgibt, sollte man an eine medikamentenbezogene Störung denken.