Oveporexton als Hoffnungsträger bei Narkolepsie |
Sven Siebenand |
06.06.2025 13:30 Uhr |
Exzessive Tagesschläfrigkeit und plötzlicher Verlust des Muskeltonus sind typische Symptome von Narkolepsie Typ 1. / © Imago Images / ingimage
Narkolepsie Typ 1 ist eine Hypersomnolenz, die durch exzessive Tagesschläfrigkeit, plötzlichen Verlust des Muskeltonus (Kataplexie), gestörten Nachtschlaf und deutlich reduzierte Lebensqualität gekennzeichnet ist. Bisher verfügbare Behandlungen zielen darauf ab, die Wachheit am Tag zu erhöhen und die Kataplexie zu verringern; in die Pathophysiologie greifen sie jedoch nicht ein.
Bei der Erkrankung kommt es zum Verlust von Orexin-produzierenden Neuronen im Hypothalamus. Orexine wirken über zwei G-Protein-gekoppelte Rezeptoren: den Orexin-Rezeptor 1 (OX1R) und den Orexin-Rezeptor 2 (OX2R). Beide Rezeptoren spielen bei einer Reihe von physiologischen Reaktionen eine Rolle. Insbesondere weist OX2R Funktionen im Wachzustand, im REM-Schlaf und bei der Vorbeugung von Kataplexie in Tiermodellen von Narkolepsie auf. Dies erklärt auch, warum der duale Orexin-Rezeptorantagonist Daridorexant, der bei Schlafstörungen zugelassen ist, bei Narkolepsie kontraindiziert ist. Oveporexton überwindet die Blut-Hirn-Schranke und macht mehr oder weniger das Gegenteil von Daridorexant. Es bindet als Agonist selektiv an den OX2R und soll so wachheitsfördernde Wirkungen entfalten.
Im »New England Journal of Medicine« sind die Ergebnisse der Phase-IIb-Studie TAK-861-2001 mit Oveporexton bei Narkolepsie Typ 1 veröffentlicht worden. An der Studie nahmen 112 Erwachsene teil. Sie wurden für acht Wochen gleichmäßig auf einen von vier Dosierungsarmen (zweimal täglich 0,5/0,5 mg, 2/2 mg, 2/5 mg oder einmal täglich 7 mg) oder Placebo randomisiert. Die primären und sekundären Endpunkte der Studie bewerteten die Auswirkungen von Oveporexton auf subjektive und objektive Messungen von Wachsein und Tagesschläfrigkeit, die Kataplexie-Rate und die Sicherheit im Vergleich zu Placebo.
Der primäre Endpunkt zeigte eine deutliche Verbesserung der mittleren Schlaflatenz beim Maintenance of Wakefulness Test (MWT), einer wichtigen Messgröße für die Wachheit, wobei die Verbesserungen bei allen Dosierungen im Vergleich zu Placebo über acht Wochen anhielten. Die mittlere Schlaflatenz beim MWT erreichte Werte, die mit normativen Werten gesunder Personen übereinstimmen.
Die wichtigsten sekundären Endpunkte zeigten eine signifikante Verringerung der Werte auf der Epworth Sleepiness Scale (ESS), einem Maß für exzessive Tagesschläfrigkeit, und eine Verringerung der wöchentlichen Kataplexie-Rate in allen Dosierungen im Vergleich zu Placebo, die ebenso über acht Wochen anhielten.
Obwohl die Studie nicht darauf ausgelegt war, die Wirksamkeit von Oveporexton mit der anderer Narkolepsie-Medikamente zu vergleichen, waren die dosisabhängigen Verbesserungen von fast 14 bis 27 Minuten bei der durchschnittlichen Schlaflatenz im MWT mit Oveporexton deutlich größer als die durchschnittlichen Verbesserungen von 2 bis 12 Minuten, die mit derzeit verfügbaren Narkolepsie-Medikamenten beobachtet wurden, heißt es in der Originalpublikation.
Auch die Verbesserungen der ESS-Gesamtwerte seien ausgeprägter als die, die mit derzeit verfügbaren Narkolepsie-Medikamenten beobachtet wurden, wobei 79 Prozent der Teilnehmer, die Oveporexton erhielten in Woche 8 Werte auf oder unter dem normativen Schwellenwert von 10 Punkten erreichen konnten.
Die häufigsten unerwünschten Ereignisse im Zusammenhang mit Oveporexton waren Schlaflosigkeit, Harndrang und häufiges Wasserlassen. Hepatotoxische Wirkungen wurden nicht gefunden. Dies ist insofern wichtig, weil eine Vorgängersubstanz (TAK-994) in einigen Fällen mit solchen Effekten verbunden war.
Bevor der Arzneistoff in Richtung Zulassung gehen kann, muss Hersteller Takeda nun im nächsten Schritt die positiven Ergebnisse in einer größeren und längeren Phase-III-Studie bestätigen.