Neues zu den Ursachen von Thrombosen nach Impfung |
Warum gibt es überhaupt präexistierende B-Zellen, die Anti-PF4-Antikörper bilden? Diese sind Teil eines evolutionär alten Teils des Immunsystems, erklärte Greinacher. Die Mehrheit der Menschen weisen diese auf; sie sind sogar im Nabelschnurblut von Neugeborenen zu finden. »Auch bei PF4-Knockout-Mäusen, die gar kein PF4 bilden können, sind diese B-Zellen nachweisbar«, berichtete der Forscher.
Diese alte unspezifische Immunreaktion sei sehr potent, aber auch schlecht zu kontrollieren. »Sie ist wie ein alter Drache, der in einer Höhle schläft, und den man besser nicht wecken sollte«, so Greinacher. Irgendetwas im Impfstoff weckt die präexistierenden B-Zellen aber in sehr seltenen Fällen auf und sie bilden in hohem Maß Anti-PF4-Antikörper. Bei den allermeisten Menschen führen die präexistierenden B-Zellen aber nicht zu Problemen.
Bei wem der Drache aufwacht, wer also solche seltenen Thrombosen nach einer Covid-19-Impfung entwickelt, sei nicht vorherzusagen, sagte Greinacher. Nach entsprechenden prädiktiven Faktoren suche man bei der HIT schon seit mehr als 30 Jahren – ohne Erfolg. Er selbst sei auch zunehmend skeptisch, dass das Geschlecht das Risiko beeinflusst, so der Mediziner. Bislang sind die meisten dieser thromboembolischen Ereignisse bei jungen Frauen aufgetreten. Dies könne aber auch daran liegen, dass – zumindest in Deutschland – diese Personengruppe vorrangig mit Astra-Zenenca geimpft wurde.
Kollegen aus Kanada hätten ihm berichtet, dass sie eine etwa gleiche Verteilung der Thrombosefälle nach Impfung bei Männern und Frauen sehen, gerade in der älteren Bevölkerung. Auch die Daten aus Großbritannien zeigten ein »nahezu ausgewogenes Risiko« für diese Nebenwirkung bei Männern und Frauen, mit einem leichten Überhang in Richtung Frauen. »Es ist keine Erkrankung von jungen Frauen«, zeigte sich Greinacher überzeugt.
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