Neues zu den Spätfolgen der Corona-Infektion |
Annette Rößler |
14.01.2021 18:00 Uhr |
Auf eine Besonderheit von Langzeit-Covid-19 weist eine weitere Publikation hin, die Ende Oktober auf der Website des britischen National Institute for Health Research (NIHR) erschien: Die Symptome vieler Betroffenen fluktuieren und wandern von einem Organsystem zum nächsten. Häufig zeigten sich Beschwerden an einer Stelle und verschwänden dann wieder, nur um an anderer Stelle neu aufzutauchen, heißt es in der Übersichtsarbeit (DOI: 10.3310/themedreview_41169).
Die enorme Vielfalt der möglichen Symptome unterstreichen zahlreiche Berichte von Patienten, die in die Publikation ebenso eingebettet sind wie ein Youtube-Video des Betroffenen-Zusammenschlusses »LongCovidSOS«:
Ein Schlusssatz, den die Mitglieder der wissenschaftlichen Steering Group der Arbeit daraus ziehen, lautet: Möglicherweise handelt es sich bei Langzeit-Covid-19 um verschiedene Syndrome, die in Ermangelung klarer Kriterien zur Abgrenzung unter diesem Dachbegriff zusammengefasst werden. Denkbar sei etwa, Betroffene mit einem Post-Intensive-Care-Syndrome (PICS), mit einem viral bedingten Fatigue-Syndrom und mit bleibenden Organschäden von solchen mit »echtem« Langzeit-Covid-19, für das eben die Vielzahl wandernder Symptome typisch sei, abzugrenzen. In jedem Fall sei es unerlässlich, den ganzen Patienten in den Blick zu nehmen statt, wie bisher meist geschehen, einzelne Organsysteme separat zu betrachten, heißt es in einer begleitenden Mitteilung des NIHR.
Nicht nur die Spätfolgen, auch die akuten Symptome von Covid-19 sind äußerst vielfältig und können zu verschiedenen Zeitpunkten im Krankheitsverlauf auftauchen. Einen Versuch einer Strukturierung unternahmen Mitarbeiter der US-Gesundheitsbehörde CDC Mitte November im Fachjournal »JAMA« (DOI: 10.1001/jama.2020.22717).
Covid-19 sei möglicherweise als Krankheit mit drei Phasen zu sehen, so die Gruppe um Dr. S. Deblina Datta. Phase I, die akute Infektion, sei gekennzeichnet von viraler Replikation und der initialen Immunantwort sowie von Symptomen wie Husten, Fieber und Atemnot, wobei diese auch entfallen könnten. Phase II, eine postakute hyperinflammatorische Erkrankung, die bei Kindern dem Kawasaki-Syndrom ähnelt, aber auch bei Erwachsenen auftreten kann, sei typischerweise in Woche 2 bis 5 nach dem Auftreten der Akutsymptome erreicht. Sie komme insgesamt nur sehr selten vor und beruhe vermutlich auf einer fehlgeleiteten Immunantwort. Phase III schließlich, das Langzeit-Covid-19, beginne meist vier Wochen nach den ersten Symptomen und habe eine bislang noch unbekannte Dauer. Als Auslöser kämen entzündliche oder viral bedingte Reaktionen infrage. Auch Datta und Kollegen halten es für möglich, dass es sich bei Langzeit-Covid-19 um verschiedene Syndrome mit unterschiedlichen zugrunde liegenden pathophysiologischen Prozessen handelt.
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.