Neues Knochen-Anabolikum auf dem Markt |
Annette Rößler |
30.04.2024 07:00 Uhr |
Die Zulassungsstudie hieß ACTIVE und war sowohl placebo- als auch aktiv kontrolliert, nämlich mit Teriparatid. Insgesamt 2070 postmenopausale Frauen mit Osteoporose erhielten zusätzlich zu einer Basistherapie mit Calcium und Vitamin D randomisiert und doppelblind über 18 Monate täglich entweder 80 µg Abaloparatid, 20 µg Teriparatid oder Placebo. Nach einem Monat Nachbeobachtungszeit schloss sich die offene Verlängerungsstudie ACTIVExtend an, in der Patientinnen, die zuvor Abaloparatid erhalten hatten, und Patientinnen aus der ehemaligen Placebogruppe bis zu 24 Monate mit 70 mg Alendronat wöchentlich sowie weiter mit Calcium und Vitamin D behandelt wurden.
Die ACTIVE-Studie ergab in der modifizierten Intention-to-treat-Population eine signifikante Reduzierung des Risikos für neue Wirbelfrakturen unter Abaloparatid im Vergleich zu Placebo (primärer Endpunkt). Allerdings schnitt der neue Wirkstoff dabei nicht besser ab als der alte: Unter Abaloparatid erlitten 3 von 583 Frauen eine Wirbelfraktur (0,5 Prozent), unter Teriparatid 4 von 600 (0,7 Prozent) und in der Placebogruppe 25 von 600 (4,2 Prozent).
Die ACTIVExtend-Studie bestätigte, dass der Vorteil von Abaloparatid gegenüber Placebo unter der antiresorptiven Therapie beibehalten wurde. Nach 43 Monaten war es in der Abaloparatid/Alendronat-Gruppe insgesamt bei 4 von 457 Patientinnen (0,9 Prozent) zu einer Wirbelfraktur gekommen, in der Placebo/Alendronat-Gruppe bei 26 von 489 (5,3 Prozent).
In der ACTIVE-Studie waren die häufigsten Nebenwirkungen von Abaloparatid Hypercalciurie (15,6 Prozent der Behandelten), Schwindel (11,1 Prozent), Rückenschmerzen (8,6 Prozent), Übelkeit und Kopfschmerzen (je 8,5 Prozent), Arthralgie (8,4 Prozent), Hypertonie (6,8 Prozent), Reaktion an der Injektionsstelle (6,2 Prozent) sowie Palpitationen (5,6 Prozent).
Eladynos ist im Kühlschrank bei 2 bis 8 °C zu lagern. Der Pen kann nach der Entnahme aus dem Kühlschrank bis zu 30 Tage bei Raumtemperatur (unter 25 °C) aufbewahrt werden, muss dann aber verwendet werden. Für jede Injektion ist eine neue sterile Nadel (8 mm, 31 G) zu benutzen. Die Injektionsnadeln liegen der Packung nicht bei.
Abaloparatid, dessen Zulassung von der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) 2018 im ersten Anlauf abgelehnt wurde, reiht sich ein bei den osteoanabolen Therapeutika. Ein Therapiefortschritt ist allerdings nicht erkennbar. Die vorläufige Einstufung lautet daher Analogpräparat.
Die Ähnlichkeit zum altbekannten Teriparatid ist nicht zu übersehen. Während Teriparatid das aktive Fragment des endogenen humanen Parathormons (PTH) ist, besitzt Abaloparatid eine hohe Homologie mit dem Parathormon-verwandten Peptid (PTHrP). Beide Wirkstoffe aktivieren den PTH1-Rezeptor-Signalweg und wirken osteoanabol. Die Zulassungsstudie zeigte, dass Abaloparatid Teriparatid ebenbürtig ist bei der Verringerung von Frakturen, aber nicht überlegen. Wie Teriparatid muss auch der Neuling einmal täglich injiziert werden, sodass es auch beim Dosierungsintervall keinen Vorteil zugunsten von Abaloparatid gibt. Hinsichtlich des Einsatzgebietes gibt es sogar einen Nachteil, denn Teriparatid ist aktuell die einzige in der EU zugelassene Substanz für eine osteoanabole Therapie bei Männern. Möglicherweise wird Abaloparatid hier eines Tages nachziehen. In den USA ist der Wirkstoff bei Männern bereits zugelassen.
Sven Siebenand, Chefredakteur