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Apalutamid

Neues Antiandrogen bei Prostatakrebs

Mit Apalutamid kam im Februar ein neues Antiandrogen für Männer mit Prostatakarzinom auf den Markt. Der oral einzunehmende Wirkstoff konnte in einer Phase-III-Studie das metastasenfreie Überleben deutlich verlängern.
Brigitte M. Gensthaler
28.02.2019  14:00 Uhr

Testosteron ist der wichtigste Wachstumsfaktor für die Zellen des Prostatakarzinoms. In der Tumortherapie versucht man daher zunächst, die Hormonproduktion weitgehend zu unterdrücken; dies gelingt chirurgisch durch Entfernung der Hoden oder durch Gabe von GnRH-Agonisten oder -Antagonisten (chemische Kastration). Trotz dieser Androgendeprivation kommt es früher oder später erneut zum Krebswachstum. In dieser Situation kommen Androgen-Antagonisten zum Einsatz, die die Wirkung von Testosteron am Rezeptor blockieren, zum Beispiel Flutamid, Bicalutamid und Enzalutamid. Im Februar kam nun mit Apalutamid ein weiteres Antiandrogen auf den Markt.

Apalutamid (Erleada® 60 mg Filmtabletten, Janssen) ist zugelassen für Männer mit nicht metastasiertem, kastrationsresistentem Prostatakarzinom (nm-CRPC), die ein hohes Risiko für die Entwicklung von Metastasen haben. Als kastrationsresistent gilt der Krebs, wenn er trotz massiver Unterdrückung der ­gonadalen Testosteronsynthese voranschreitet, erkennbar am Anstieg des Prostataspezifischen Antigens (PSA).

Blockade des Androgenrezeptors

Apalutamid ist ein oral anzuwendender selektiver Androgenrezeptor(AR)-­Inhibitor, der direkt an die Liganden-­bindende Domäne des Rezeptors bindet und damit das Andocken von Testosteron und die dadurch vermittelte Transkription verhindert. Der neue Arzneistoff vermindert die Proliferation der Tumorzellen und steigert die Apoptose und hat damit eine ausgeprägte anti­tumorale Aktivität. Sein Hauptmetabolit N-Desmethylapalutamid zeigte in ­vitro noch ein Drittel der Aktivität.

Die empfohlene Dosierung beträgt 240 mg Apalutamid (vier Tabletten à 60 mg) einmal täglich unabhängig von den Mahlzeiten. Hat der Mann eine ­Dosis vergessen, sollte er diese möglichst rasch nachholen und am nächsten Tag den üblichen Einnahmeplan fortsetzen. Bei schweren Nebenwirkungen wird die Einnahme besser unterbrochen als dauerhaft beendet. Eventuell ist die Dosis dann zu verringern (180 oder 120 mg). Bei älteren Patienten ist keine Dosisanpassung erforderlich.

Hohes Interaktionspotenzial

Apalutamid kann mit vielen Arzneistoffen interagieren, da es ist ein potenter Enzyminduktor ist, zum Beispiel von CYP 3A4, -2C19 und -2C9, und Arzneistoff-Transporter wie p-Glykoprotein induziert. Somit kann er die Wirksamkeit zahlreicher Arzneistoffe reduzieren. Laut Fachinformation sollte die bestehende Begleitmedikation zu Beginn der Apalutamid-Gabe überprüft werden. Die gleichzeitige Anwendung mit Warfarin und Cumarin-ähnlichen Antikoagulanzien sollte vermieden werden.

Zu beachten ist ferner, dass eine Androgendeprivationstherapie das QT-­Intervall des Herzens verlängern kann. Dies erfordert ein sorgfältiges Abwägen, wenn Apalutamid gleichzeitig angewendet werden soll mit Arzneimitteln, die das QT-Intervall verlängern oder Torsade-de-Pointes auslösen können, zum Beispiel Antiarrhythmika, Methadon, Moxifloxacin oder Anti­psychotika wie Haloperidol.

Wirksamkeit und Sicherheit wurde in der doppelblinden Phase-III-Studie SPARTAN (ARN-509-003) an 1207 Männern mit nicht metastasiertem Prostatakrebs nachgewiesen. Die Männer hatten ein hohes Risiko für eine Metastasenbildung. Sie erhielten entweder Apalutamid 240 mg/Tag oder Placebo, jeweils in Kombination mit einer An­drogendeprivation (medikamentöse oder chirurgische Kastration). Primärer Endpunkt war das Metastasen-freie Überleben (MFS).

Signifikant verlängertes Überleben ohne Metastasen

Apalutamid verlängerte das mediane MFS signifikant auf fast 41 Monate im Vergleich zu 16 Monaten unter Placebo. Zudem sank das relative Risiko für Fernmetastasen oder Tod im Vergleich zu Placebo um 70 Prozent. Signifikante Verbesserungen hatten die Patienten auch bei den sekundären Endpunkten: Zeit bis zur Metastasierung, progressionsfreies Überleben und Zeit bis zur symptomatischen Progression. Nach der ersten Progression überlebten die Männer länger.

Häufigste Nebenwirkungen waren Ermüdung, Hautausschlag sowie Gewichtsverlust, Arthralgien und Stürze. Bedeutsame Nebenwirkungen sind Frakturen und Hypothyreose. Die Rate von unerwünschten Ereignissen, die in der SPARTAN-Studie zur Unterbrechung der Therapie führten, betrug 10,6 Prozent im Apalutamid-Arm versus 7 Prozent unter Placebo.

 

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