Neuer innovativer Arzneistoff bei Brustkrebs |
Annette Rößler |
08.11.2024 07:00 Uhr |
Jährlich erkranken in Deutschland 74.500 Menschen an Brustkrebs. Häufig sind die Tumoren Estrogenrezeptor-positiv, aber HER2-negativ. / © Getty Images/KARRASTOCK
Brustkrebs ist mit zuletzt rund 74.500 Neuerkrankungen jährlich in Deutschland die mit Abstand häufigste Krebserkrankung bei Frauen. Etwa 1 Prozent der Erkrankungsfälle betrifft Männer. Bei etwa 70 Prozent der Frauen und Männer mit fortgeschrittenem Brustkrebs überexprimiert der Tumor Estrogenrezeptoren (ER), aber nicht den humanen epidermalen Wachstumsfaktor-Rezeptor 2 (HER2). Diese Patientinnen (und Patienten) erhalten üblicherweise zunächst eine endokrine Therapie, oft einen Aromatasehemmer, in Kombination mit einem CDK4/6-Inhibitor. Häufig kommt es aber unter dieser Behandlung irgendwann zu einem Progress.
Für diese Situation ist mit Capivasertib (Truqap® 160 mg, 200 mg Filmtabletten, Astra-Zeneca) nun ein neuer Wirkstoff verfügbar. Er hemmt selektiv die Aktivität der Serin/Threonin-Kinase AKT, und zwar aller drei Isoformen des Enzyms (AKT1, AKT2 und AKT3). Die AKT ist ein zentraler Bestandteil der Phosphatidylinositol-3-Kinase-(PI3K-)Signalkaskade, die zahlreiche zelluläre Prozesse reguliert. Hierzu zählt neben der Proliferation und dem Überleben der Zelle auch der Glucosemetabolismus.
Der PI3K/AKT/PTEN-Signalweg kann durch verschiedene genetische Alterationen überaktiviert werden, die die Gene AKT1, PI3KCA und/oder PTEN betreffen. Eine oder mehrere solche Mutationen liegen bei etwa der Hälfte der Patientinnen mit ER-positivem, HER2-negativem Brustkrebs vor.
Capivasertib wird in Kombination mit dem selektiven ER-Degrader (SERD) Fulvestrant zur Behandlung von Erwachsenen mit ER-positivem, HER2-negativem, lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem Mammakarzinom angewendet, bei denen es während oder nach einer endokrinen Therapie zu einem Rezidiv oder Fortschreiten der Erkrankung gekommen ist (siehe Grafik). Vor Beginn der Therapie mit Capivasertib muss das Vorhandensein einer oder mehrerer PIK3CA/AKT1/PTEN-Gen-Alterationen nachgewiesen sein. Bei prä- oder perimenopausalen Frauen sollte zusätzlich ein GnRH-Agonist gegeben werden.
Durch die Kombination von Capivasertib und Fulvestrant werden sowohl PI3K-Signalweg-abhängige als auch durch Estrogen vermittelte Wachstumssignale für die Tumorzellen unterdrückt. / © PZ/Stephan Spitzer
Empfohlen wird eine Dosierung von 800 mg Capivasertib täglich, aufgeteilt auf zwei Dosen à 400 mg (zwei 200-mg-Filmtabletten) morgens und abends. Der Abstand zwischen den Einnahmen sollte zwölf Stunden betragen. Wird eine Dosis vergessen, kann sie innerhalb von vier Stunden nachgeholt werden, sodass dann zwischen der nachgeholten Einnahme und der nächsten noch mindestens acht Stunden vergehen. Danach soll die vergessene Dosis nicht mehr nachgeholt, sondern diese ausgelassen und die Therapie mit der nächsten Einnahme fortgesetzt werden. Die Tabletten werden im Ganzen mit Wasser unabhängig von den Mahlzeiten geschluckt.
Pro Woche wird Capivasertib an vier aufeinanderfolgenden Tagen auf diese Weise eingenommen. Dann folgt eine Einnahmepause von drei Tagen, dann wieder vier Tage mit Capivasertib-Einnahme, wieder drei Tage Pause et cetera. Fulvestrant wird derweil mit 500 mg an den Tagen 1, 15, 29 und danach einmal monatlich dosiert. Die Anwendung erfolgt bis zur Krankheitsprogression oder bis zum Auftreten einer inakzeptablen Toxizität.