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Brigatinib

Neue Option bei Lungenkrebs

Mit Brigatinib kam im Januar ein neues peroral bioverfügbares Arzneimittel zur Behandlung von Patienten mit fortgeschrittenem nicht kleinzelligem Lungenkarzinom auf den Markt. In einer direkten Vergleichsstudie schnitt der Neuling besser ab als Crizotinib.
Brigitte M. Gensthaler
31.01.2019  14:00 Uhr

Brigatinib (Alunbrig® Filmtabletten 30 mg, 90 mg und 180 mg, Takeda) ist ein Tyrosinkinase-Hemmer, der sich unter anderem gegen das Protein anaplastische Lymphomkinase (ALK) richtet . Das Arzneimittel ist als Monotherapie zugelassen bei Patienten mit ALK-positivem, fortgeschrittenem nicht kleinzelligem Lungenkarzinom (NSCLC), die zuvor mit Crizotinib behandelt wurden. Crizotinib ist ebenfalls ein ALK-Hemmer und kam 2012 auf den deutschen Markt.

Die Tyrosinkinase ALK ist bei den betroffenen Lungenkrebspatienten überaktiv und sorgt für Wachstum und Vermehrung der Krebszellen. Bei 3 bis 5 Prozent aller NSCLC-Patienten, meist jüngeren Menschen, lässt sich das Enzym nachweisen. Wichtig ist, dass der ALK-positive NSCLC-Status vor Behandlungsbeginn mit einem validierten Test nachgewiesen wurde. Brigatinib hemmte auch die Lebensfähigkeit von Zellen, die bestimmte mutierte ALK-Formen exprimieren, die wiederum mit einer Resistenz gegen ALK-Hemmer in Verbindung gebracht werden.

Als Anfangsdosis wird in den ersten sieben Tagen einmal täglich 90 mg empfohlen, danach 180 mg. Die siebentägige Gabe von 90 mg gilt auch, wenn die Einnahme 14 Tage oder länger aus anderen Gründen als Nebenwirkungen unterbrochen wurde. Die Tabletten werden im Ganzen mit Wasser zu oder unabhängig von den Mahlzeiten geschluckt. Da Grapefruit(saft) die Plasmakonzentration von Brigatinib erhöhen kann, sollte der Patient diese Frucht meiden.

Hat er eine Dosis vergessen oder nach der Einnahme erbrochen, sollte er keine weitere Tablette schlucken, sondern am nächsten Tag wie geplant fortfahren. Das Arzneimittel ist angezeigt, solange ein klinischer Nutzen erkennbar ist. Die Fachinformation enthält eine Tabelle zur Dosisreduktion, zum Beispiel bei Nebenwirkungen. Wenn der Patient auch eine Tagesdosis von 60 mg nicht verträgt, wird das Medikament abgesetzt.

Höhere Dosis besser wirksam

Die Sicherheit und Wirksamkeit von Brigatinib wurde in der randomisierten, offenen multizentrischen Studie ALTA an 222 Patienten mit lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem ALK-positivem NSCLC geprüft, die unter Crizotinib eine Tumorprogression erlitten hatten (»Journal of Clinical Oncology« 2017, DOI: 10.1200/JCO.2016.71.5904). Auch Patienten mit Hirnmetastasen wurden einbezogen, sofern sie neurologisch stabil waren und keine steigenden Corticosteroid-Dosen brauchten. Die Patienten erhielten entweder dauerhaft einmal täglich 90 mg oder sieben Tage lang 90 mg (Einleitungsphase), gefolgt von 180 mg einmal täglich. Die Nachuntersuchung dauerte median 22,9 Monate.

Die Patienten in der 90/180 mg-Gruppe schnitten durchweg besser ab. Die objektive Ansprechrate lag bei 56 Prozent (versus 46 Prozent) und die mediane Ansprechdauer bei 13,8 Monaten (versus 12). Das progressionsfreie Überleben (PFS) betrug 15,6 versus 9,2 Monate und das Gesamtüberleben 34,1 versus 29,5 Monate. Auch Patienten mit Hirnmetastasen sprachen auf die höhere Dosis besser an. Nebenwirkungen wie Nausea, Diarrhö, Kopfschmerzen und Husten waren meist leicht (Grade 1 bis 2).

Direkter Vergleich mit Crizotinib

In einer im November 2018 im »New England Journal of Medicine« veröffentlichten direkten Vergleichsstudie erhielten 275 ALK-positive NSCLC-Patienten, die noch keinen ALK-Hemmstoff bekommen hatten, entweder Brigatinib (90/180 mg einmal täglich) oder Crizotinib 250 mg zweimal täglich (DOI: 10.1056/NEJMoa1810171).

Zum Zeitpunkt der ersten geplanten Interimsanalyse lag das mediane Follow-Up bei elf Monaten in der Brigatinib-Gruppe und 9,3 Monaten in der Crizotinib-Gruppe. Signifikant mehr Patienten erfuhren unter Brigatinib keine Progression im Vergleich zu Crizotinib (67 versus 43 Prozent, geschätztes PFS nach zwölf Monaten). Auch die Ansprechrate war mit 71 versus 60 Prozent höher. Hirnmetastasen sprachen deutlich besser auf das neue Medikament an.

Nebenwirkungen

Die Liste der Nebenwirkungen unter Brigatinib ist lang. Am häufigsten waren unter anderem erhöhte Leberwerte, Stoffwechselstörungen wie Hyperglykämie und Hyperinsulinämie, Magen-Darm-Probleme wie Übelkeit, Erbrechen und Diarrhö, Husten, Kopfschmerz, Erkrankungen des Bluts wie Anämie, Hautausschlag, Myalgie und periphere Neuropathie. Die häufigsten schwerwiegenden Nebenwirkungen, die nicht mit einer Tumorprogression assoziiert waren, waren Pneumonitis, Pneumonie und Dyspnoe.

Die gleichzeitige Anwendung von Alunbrig mit starken CYP3A-Hemmern sollte vermieden werden. Ist dies nicht möglich, sollte die Dosis auf 90 mg oder 60 mg reduziert werden. Auch die gleichzeitige Anwendung starker und moderater CYP3A-Induktoren ist zu vermeiden.

Bekommen Frauen im gebärfähigen Alter den ALK-Inhibitor, müssen sie während der Behandlung und mindestens vier Monate nach der letzten Einnahme zuverlässig nicht hormonell verhüten. Werden Männer behandelt, müssen ihre Frauen während der Behandlung und mindestens drei Monate nach Therapieende zuverlässig verhüten.

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