Neue Ansatzpunkte für Post-Covid-Therapie |
| Sven Siebenand |
| 13.11.2025 10:30 Uhr |
Die Ursachen des Post-Covid-Syndroms sind noch weitestgehend ungeklärt. Forschende haben nun eine interessante Entdeckung gemacht. / © Adobe Stock/angellodeco
Nach einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 kann ein Post-Covid-Syndrom auftreten (PCS, häufig fachlich nicht ganz korrekt auch Long Covid genannt). Die Betroffenen leiden an Spät- beziehungsweise Langzeitfolgen unterschiedlichster Symptomatik und Ausprägung. Die Ursachen sind bislang noch nicht geklärt. Die Universität Lübeck nimmt eine Publikation im Fachjournal »Nature Communications« zum Anlass, um über neue Ergebnisse zum Thema PCS zu informieren.
Proben von Nasenbiopsien von 25 Patienten mit moderatem bis schwerem PCS wurden auf zellulärer und molekularer Ebene untersucht. Dabei wurden unter anderem auch die vorhandenen Zelltypen und Signalwege, mit denen die Zellen miteinander kommunizieren, analysiert.
Die Forschenden fanden heraus, dass die Schleimhaut der oberen Atemwege auch Monate nach einer überstandenen SARS-CoV-2-Infektion strukturell verändert bleibt – auch wenn keine aktive Virusinfektion mehr vorliegt. Für die anhaltende Fehlprogrammierung machen sie zwei Zytokine verantwortlich: den Tumornekrosefaktor-alpha (TNFα) und den Transforming Growth Factor-beta (TGFβ). Anschließend wurde dieser Befund auch in humanen Schleimhautmodellen bestätigt.
»Unsere Daten zeigen, dass die Kombination der beiden Botenstoffe TNFα und TGFβ die Regeneration des Flimmerepithels empfindlich stört«, erklärt Erstautor Dr. Karosham D. Reddy vom Forschungszentrum Borstel, Leibniz Lungenzentrum. Die anhaltende Entzündung in der Nasenschleimhaut werde durch diese Botenstoffe angetrieben. Die Atemwegsschleimhaut kann somit ihre Abwehrfunktion nicht aufrechterhalten, wodurch langanhaltende Atemwegsbeschwerden und erhöhte Infektanfälligkeit, die für PCS typisch sind, resultieren können.
Die Ergebnisse der Studie könnten neue Ansatzpunkte für die gezielte PCS-Behandlung liefern. »Unsere Beobachtungen weisen auf spezifische Signalwege hin, die offenbar bei PCS eine entscheidende Rolle spielen. Diese könnten therapeutisch gezielt beeinflusst werden, um so die Symptome zu lindern und möglicherweise langfristige Schäden in der Nasenschleimhaut zu verhindern«, so Seniorautorin Dr. Anke Fähnrich von der Universität Lübeck.
In der Originalpublikation thematisieren die Forschenden zum Beispiel den TNFα-Hemmer Infliximab. In einem Mausmodell für allergische Rhinitis reduzierte er die Zytokinproduktion und die Infiltration von Immunzellen in die Nasenschleimhaut.
Auch der Wirkstoff Pirfenidon wird in der Arbeit genannt. Es habe Erfolge bei der Behandlung von Post-Covid-Lungenfibrose gezeigt. Obwohl sein Wirkmechanismus nicht vollständig verstanden ist, werde angenommen, dass Pirfenidon die Produktion von TNFα und TGFβ unterdrückt.
Last, but not least wird auch auf Metformin eingegangen, das als Option bei Vorhofflimmern diskutiert wird, einer Erkrankung, die durch hohe TGFβ- und TNFα-Serumspiegel gekennzeichnet ist. Metformin reduziert die TGFβ-Produktion in Kardiomyozyten signifikant. Zudem habe Metformin Berichten zufolge bei Diabetikern die Mortalität nach einer SARS-CoV-2-Infektion deutlich gesenkt und zur Verringerung des Risikos für das Auftreten von PCS geführt.
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.