Nahrungsergänzungsmittel per Klick |
Das Problem bei Influencern sei, meint Angela Clausen von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen, dass deren Follower sie als eine Art Freunde betrachten. »Und wenn Freunde etwas empfehlen, dass ihnen angeblich fantastisch geholfen hat, dann probiere ich das eher auch mal.«
Dazu komme, dass man bei Tiktok schnell in einer Blase sei, weil der Algorithmus immer ähnliche Inhalte vorschlage: Dadurch könnte man schnell von einem Influencer inklusive Bestellmöglichkeit zum nächsten geleitet werden. »Ich hoffe, dass Eltern ihren Jugendlichen den Geldhahn im Handy zugedreht haben, damit die nicht einfach bestellen können.«
Das Risiko für unüberlegte Spontankäufe steige mit Tiktok-Shop auf alle Fälle, betont die Psychologin Astrid Müller von der Medizinischen Hochschule Hannover. »Die Zeit, darüber noch mal nachzudenken, verkürzt sich immens. Es entsteht der Wunsch und sofort kann bestellt werden.« Das erhöhe das Risiko, in eine Kaufsucht zu rutschen. Besonders gefährdet seien junge Menschen – also genau jene Gruppe, bei der Tiktok besonders beliebt sei.
Was viele Menschen nicht wissen: Nahrungsergänzungsmittel gelten als Lebensmittel. Anders als Arzneimittel brauchen sie keine behördliche Zulassung, erklärt das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit. Gesetzliche Höchstmengen für Vitamine und Mineralstoffe gebe es nicht. Es gebe aber Empfehlungen vom BfR.
Welche Zutaten stecken in einem Nahrungsergänzungsmittel, wie viel der angepriesenen Vitamine sind drin, wer sollte das Produkt besser nicht nehmen? Verbraucherschützerin Clausen ist skeptisch, dass man diese eigentlich vorgeschriebenen Informationen in den kurzen Clips auf Tiktok oder anderen Social-Media-Plattformen bekommt. Die Erfahrungen zeigten schon jetzt, dass Werbeaussagen in den sozialen Medien häufig irreführend seien und gegen geltendes Recht verstießen, sagt sie.
In einer Studie haben Pharmakologen der Medizinischen Hochschule Hannover rund 100 Nahrungsergänzungsmittel analysiert, die Influencer zwischen 2021 und 2023 auf Instagram beworben hatten. Etwa zwei Drittel überschritten die empfohlenen Tageshöchstmengen, ohne dass die Influencer auf die negativen Folgen einer Überdosierung hingewiesen hätten, schreiben die Autoren. Auch Kontraindikationen oder unerwünschte Wirkungen hätten Influencer nur unzureichend angesprochen.