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Sarkopenie und Frailty

Muskelschwäche mit krassen Folgen

Muskelschwund und Gebrechlichkeit sind im höheren Lebensalter weit verbreitet, werden jedoch häufig zu spät erkannt oder als normaler Alterungsprozess fehlgedeutet. Stürze, Hospitalisierungen, Autonomieverlust sowie eine reduzierte Lebensqualität und -erwartung sind die Folgen. Bei rechtzeitiger Therapie ist der Verlauf oft reversibel.
AutorKontaktSilke Kerscher-Hack
Datum 09.06.2024  08:00 Uhr

Der Umbau von Muskulatur in Fettgewebe ist ein physiologischer Vorgang, der etwa ab dem 30. Lebensjahr beginnt. Faktoren wie Inaktivität, Übergewicht oder chronische Erkrankungen beschleunigen diesen Prozess. Relevant wird der Verlust allerdings erst dann, wenn Gleichgewichtsprobleme zu Stürzen führen oder wenn alltägliche Aktivitäten, zum Beispiel von einem Stuhl aufzustehen, Mühe bereiten. Eine Sarkopenie entsteht (1).

Der Begriff Sarkopenie, zusammengesetzt aus den griechischen Wörtern »sarx« (Fleisch) sowie »penia« (Mangel), wurde erstmals 1989 von Irwin H. Rosenberg eingeführt und beschrieb zunächst ausschließlich einen Mangel an Muskelmasse. Keine Beachtung fanden damals Muskelkraft und körperliche Leistungsfähigkeit. Dies änderte sich allerdings 2010 mit der Veröffentlichung des Konsensuspapiers der Europäischen Arbeitsgruppe für Sarkopenie bei älteren Menschen (EWGSOP). Laut der hierin enthaltenen Definition handelt es sich bei Sarkopenie um ein geriatrisches Syndrom mit progressivem und generalisiertem Muskelmassen- und Muskelfunktionsverlust. Im Jahr 2018 wurde die erste Version überarbeitet und als EWGSOP2 publiziert.

▶ Sarkopenie ist heute definiert als fortschreitende Muskelkrankheit. Hauptmerkmal ist die eingeschränkte Muskelkraft (1–4, 45).

In Deutschland gilt Sarkopenie seit 2018 als Krankheit, die auch in die 10. Revision des Internationalen Klassifikationssystems der Krankheiten (ICD-10) aufgenommen wurde. Davor wurde Sarkopenie als geriatrisches Syndrom angesehen.

Die Angaben zur Häufigkeit variieren stark. Grund hierfür sind unter anderem die unterschiedlichen Diagnosekriterien der einzelnen Fachgesellschaften und Expertengremien sowie uneinheitliche Messmethoden. Schätzungsweise sind jedoch etwa 10 Prozent der Über-60-Jährigen betroffen, wobei die Prävalenz mit dem Alter zunimmt (2, 4, 47).

Primäre und sekundäre Sarkopenie

Bis heute ist nicht genau bekannt, wie der altersbedingte Muskelschwund entsteht. Man geht jedoch davon aus, dass dieser Prozess multifaktoriell bedingt ist. Sicher ist, dass die Muskulatur während der Alterung physiologischen Veränderungen unterliegt, die in einer Muskelatrophie resultieren.

In diesem Zusammenhang ist bei Personen mit Sarkopenie eine Veränderung der Muskelfaserzusammensetzung zu beobachten, wobei vor allem die schnell zuckenden Typ-II-Muskeln (zum Beispiel Strecken des Ellenbogengelenks), jedoch nicht Typ-I-Muskelfasern verloren gehen. Letztere eignen sich für Aktivitäten wie Fahrradfahren, bei denen Ausdauer gefragt ist. Grund hierfür ist, dass sie langsamer kontrahieren, dafür aber kaum ermüden (2, 4).

Muskelschwund, der in erster Linie auf altersbedingt reduzierte Stoffwechselvorgänge zurückzuführen ist, wird als primäre Sarkopenie bezeichnet (4). Als Auslöser kommen unter anderem die in den höheren Lebensjahren reduzierte Mitochondrienaktivität, der erhöhte Abbau (Autophagie) und die Apoptose von Muskelzellen sowie die reduzierte Konzentration anaboler Hormone wie Sexual- und Wachstumshormone infrage. Auch die im Alter auftretenden neuronalen Veränderungen tragen zum Verlust der Muskelkraft und -masse bei, indem sie die Signalübertragung beeinträchtigen. Beispiele hierfür sind der Untergang von motorischen Einheiten (entspricht einer Nervenzelle, einer Nervenfaser und mehreren Muskelfasern) sowie die Degeneration von motorischen Endplatten. Diese sind Verbindungsstellen, die die Erregung von Nervenfasern auf die Muskelfasern übertragen (2, 4).

Als sekundäre Sarkopenie wird dagegen ein Muskelschwund bezeichnet, der nicht nur auf den altersbedingten physiologischen Veränderungen beruht. Systemische Erkrankungen wie Krebs, chronische Entzündungen wie rheumatoide Arthritis sowie akute und chronische Krankheiten wie Herzinsuffizienz oder chronisch obstruktive Lungenerkrankungen (COPD) können eine ursächliche Rolle spielen. Weitere Risikofaktoren sind ein inaktiver Lebensstil, körperliche Behinderung und Immobilität, zum Beispiel aufgrund von Operationen, Bettlägerigkeit oder Erkrankungen. Auch eine zu geringe Proteinzufuhr, zum Beispiel aufgrund von Malnutrition, Malabsorption oder Missbrauch von Medikamenten zum Abnehmen bei Magersucht, kann eine sekundäre Sarkopenie begünstigen, da hierdurch im Muskel weniger Eiweiße gebildet werden und die Muskelmasse abnimmt.

Die Muskelkraft wirkt stabilisierend auf das statische (Beispiel: aufrecht stehen) sowie dynamische Gleichgewicht (Beispiel: gehen). Schwindet diese Kraft, treten Gangunsicherheiten auf und die betroffenen Personen stolpern häufiger. Typische Anzeichen einer Sarkopenie sind das Entlanghangeln an Geländern und Griffen sowie häufige Stürze.

Zu den Folgen eines Sturzes zählt neben Wunden und Knochenbrüchen auch die Angst vor einem erneuten Sturz, die als »fear of falling« bezeichnet wird. Diese Angst schränkt die Mobilität ein und bewirkt einen Rückzug aus dem sozialen Leben. Ein Teufelskreis entsteht, da durch das Vermeidungsverhalten das Zutrauen in das eigene Gleichgewicht schwindet (1, 6, 7).

Regelmäßiges Screening

Es ist häufig nicht einfach, den normalen Alterungsprozess von einer Sarkopenie zu unterscheiden. Die Taskforce der International Conference on Sarcopenia and Frailty Research (ICSFR) empfiehlt daher, alle Menschen über 65 Jahre einmal im Jahr oder nach einem im Krankenhaus behandelten Sturz oder anderen einschneidenden gesundheitlichen Ereignissen zu screenen.

Hierfür wird der Fragebogen SARC-F (»Strength, Assistance with walking, Rise from a chair, Climb stairs and Falls«) verwendet, der sich aus fünf Fragen zu den Kategorien Kraft, Gehen, Aufstehen, Treppensteigen und Stürze zusammensetzt. Die Skala reicht von null bis zehn, wobei vier Punkte und mehr als auffällig bewertet werden. In diesem Fall sind weitere Untersuchungen sinnvoll (1–3, 8, 47).

Es ist wichtig, eine Sarkopenie rechtzeitig zu erkennen und zu behandeln, da diese mit einer Reihe anderer Erkrankungen, zum Beispiel Osteoporose (Osteosarkopenie), einhergeht. Zudem ist die Muskelatrophie mit einer Zunahme des viszeralen Fettanteils assoziiert. Das wiederum fördert chronische Entzündungen, die das Risiko unter anderem für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Demenz, Diabetes mellitus, Parkinson und Depressionen erhöhen. Weitere Folgen der Sarkopenie sind vermehrte Krankenhauseinweisungen, eine reduzierte Lebensqualität sowie eine verkürzte Lebenserwartung. Nicht selten mündet der Muskelschwund in eine Frailty (»Gebrechlichkeit«) (1, 2, 9, 10).

Kachexie versus Sarkopenie

Der Begriff Kachexie bezeichnet eine krankhafte Abmagerung beziehungsweise Auszehrung aufgrund einer mangelnden Nährstoffzufuhr oder -verwertung (Malabsorption, Maldigestion), von Eiweißverlustsyndromen oder eines gesteigerten Abbaus von Stoffwechselprodukten. Speicherfettdepots werden abgebaut; im gesamten Körper schwinden Muskeln (generalisierte Muskelatrophie) und es kommt zu einem langsamen Funktionsausfall der Organe.

Eine Kachexie tritt häufig begleitend zu konsumierenden Erkrankungen wie Tumoren oder Aids sowie chronischen Erkrankungen wie COPD oder Herzinsuffizienz auf. Häufig weisen Menschen mit Kachexie auch eine Sarkopenie auf, aber viele der sarkopenen Senioren leiden nicht an einer Kachexie. Die Tabelle verdeutlicht die Unterschiede der Kachexie zur Sarkopenie.

Sarkopenie Kachexie (Synonym: Auszehrung)
Beschreibung pathologischer Verlust von Muskelmasse und -kraft im Alter aufgrund von degenerativen Veränderungen, Immobilität und Mangelernährung Abmagerung mit Muskelschwund, Abbau der Speicherfettdepots und Funktionsausfall der Organe
Komorbiditäten nicht ursächlich ursächlich
funktionelle Einschränkung mäßig bis stark sehr stark
Entzündung an der Pathogenese beteiligt nein ja
Fettmasse erhöht verringert
Grundumsatz verringert erhöht
Tabelle: Abgrenzung von Sarkopenie zur Kachexie (41–43, 48)

Was ist Frailty?

Anders als die Sarkopenie beschreibt der Begriff Frailty keine Erkrankung, sondern ein geriatrisches Syndrom, das neben dem Verlust von Muskelmasse und -kraft auch den altersassoziierten Abbau von mentalen, körperlichen und sozialen Kompetenzen umfasst. Demzufolge kann Frailty auch dann vorliegen, wenn keine Sarkopenie besteht.

Zu beachten ist, dass die deutsche Übersetzung »Gebrechlichkeit« nicht ganz dem medizinisch-wissenschaftlichen Begriff der Frailty entspricht. Denn hiermit ist nur der Zustand der körperlichen Schwäche, geringen Belastbarkeit, Hinfälligkeit sowie Zerbrechlichkeit gemeint, während Frailty den Zustand des Menschen umfassender beschreibt.

Frailty ist durch eine erhöhte Anfälligkeit gegenüber internen und externen Stressoren charakterisiert. Interne Stressoren sind normalerweise Krankheiten wie Verletzungen, zum Beispiel aufgrund eines Sturzes, Infektionen (Harnwegsinfektionen, Lungenentzündungen) sowie endokrine Erkrankungen (entgleister Diabetes, Schilddrüsenunter- oder -überfunktion). Externe Stressoren finden sich eher im sozialen Kontext. Dazu zählen beispielsweise Umzug, familiäre Konflikte oder der Verlust eines Angehörigen.

Ein weiteres Kennzeichen des Frailty-Syndroms ist der Mangel an individuellen Reserven, sodass Stürze häufiger auftreten und die Betroffenen öfter in ein Krankenhaus- oder Pflegeheim aufgenommen werden müssen. Trotz der bestehenden Übereinstimmung hinsichtlich der wesentlichen Frailty-Kriterien existiert bisher noch keine einheitliche, allgemein akzeptierte Definition dieses geriatrischen Syndroms (11–16).

Frailty gefährdet Selbstständigkeit

Es liegen keine exakten epidemiologischen Zahlen vor. Jedoch sollen, abhängig von der verwendeten Definition und untersuchten Stichprobe, zwischen 3 und 25 Prozent der älteren Bevölkerung betroffen sein (15, 21).

Frailty entwickelt sich schleichend, kommt bei älteren Menschen häufiger vor als bei jüngeren und bei Frauen öfters als bei Männern. Typisch ist, dass bereits moderate Stressoren, beispielsweise ein Harnwegsinfekt, zu einem starken Abfall der Leistungsfähigkeit führen, die auch nach Behandlung der Ursache unter dem Ausgangsniveau bleibt. Letztlich mündet das stufenweise Absinken in den Verlust der Selbstständigkeit.

Frailty gefährdet die Teilhabe sowie Lebensqualität und begünstigt soziale Isolation, Hilfs- und Pflegebedürftigkeit. Sie ist mit einer erhöhten Sturz- und – nach Operationen – Delir-Wahrscheinlichkeit, einem gesteigerten Demenzrisiko sowie einer erhöhten Mortalität verbunden. Unter Umständen können Schmerzen, beispielsweise aufgrund einer Gelenkfehlbelastung, Luftnot aufgrund der Muskelschwäche, Fatigue, Depression und andere Beschwerden auftreten (11, 17, 19, 20).

Ein wichtiger Risikofaktor ist neben dem Alter eine Fehl- und Mangelernährung, wobei vor allem ein Vitaminmangel (Vitamin B12, Vitamin D3) und eine proteinarme Ernährung häufig sind. Soziale Ausgrenzung (Social Frailty), chronische Erkrankungen sowie Multimorbidität begünstigen das Syndrom ebenfalls. Dies ist auch der Grund, weshalb bereits Menschen mittleren Alters – insbesondere, wenn sie unter chronischen Krankheiten wie Multipler Sklerose, COPD, Diabetes mellitus oder chronischen Nierenerkrankungen leiden – Frailty-gefährdet sein können (17, 22–24).

Verschiedene Konzepte

Am weitesten verbreitet ist derzeit das physische Frailty-Konzept von Linda Fried. Es ist auch bekannt als Cardiovascular Health Study(CHS)-Index und fokussiert vor allem auf die körperlichen Fähigkeiten. Fried definiert Gebrechlichkeit als das Vorhandensein von mindestens drei der folgenden fünf Kriterien (11–17):

  • ungewollter Gewichtsverlust von mehr als 4,5 kg im Jahr beziehungsweise mehr als 10 Prozent in sechs Monaten oder mehr als 5 Prozent in drei Monaten;
  • Erschöpfung;
  • Abnahme der Muskelkraft;
  • langsame Gehgeschwindigkeit und
  • verminderte allgemeine Aktivität.

Die Parameter eignen sich zwar für die klinische Praxis, sind jedoch zeitaufwendig zu erheben.

Einen anderen Ansatz wählten Rockwood und Mitnitski: Der von ihnen entwickelte Frailty-Index erfasst die Defizite (»Modell der Akkumulation von Defiziten«) und berücksichtigt auch soziale und kognitive Aspekte. Für die klinische Praxis ist dieses Modell ungeeignet (11, 12, 18). Eine Alternative ist der Frail-Scale (»Fatigue, Resistance, Ambulation, Illness and Loss of weight«), der mit geringerem Zeitaufwand verbunden ist (11, 12).

Neben diesen Konzepten existieren viele weitere Instrumente zur Erfassung der Frailty wie die Clinical Frailty Scale, welche ältere Menschen auf einer Skala von 1 (sehr fit) bis 9 (Sterbephase) einteilt (12).

Therapie von Sarkopenie und Frailty

Der Verlauf der Frailty und – in frühen Stadien – der Sarkopenie ist bei entsprechender Behandlung grundsätzlich reversibel. Die Therapie besteht aus Training in Verbindung mit ausreichender Proteinzufuhr. Soziale Aktivitäten fördern die Compliance und verbessern das Ergebnis.

Training

Bei Sarkopenie ist ein Krafttraining unverzichtbar. Dieses sollte mit einem Gleichgewichtstraining kombiniert werden, um das Sturzrisiko zu verringern. Empfohlen wird, zwei- bis dreimal pro Woche 30 Minuten zu trainieren – anfangs unter Anleitung von geschulten Trainern oder Physiotherapeuten. Die Intensität sollte moderat sein und langsam gesteigert werden. Bei akuter Sarkopenie ist eine Frühmobilisation wichtig, da damit dem weiteren Muskelabbau vorgebeugt wird. Beim Frailty-Syndrom kommen zusätzlich zum Krafttraining noch altersgerechte Übungen zur Ausdauer sowie gegebenenfalls Physiotherapie zum Einsatz.

Ernährung

Eine Mangelernährung lässt sich mit eiweißreicher Kost sowie ausreichender Zufuhr von Vitamin D, Vitamin E und Carotinoiden ausgleichen. Fachgesellschaften wie die EWGSOP2 oder die Society on Sarcopenia, Cachexia & Wasting Disorders (SCWD) empfehlen, bei Sarkopenie täglich 1,2 bis 1,5 g/kg Körpergewicht Eiweiß zu verzehren. Eine Ausnahme ist die chronische Niereninsuffizienz, bei der eine Zufuhr von 0,8 g/kg Körpergewicht nicht überschritten werden sollte.

Zudem müssen Begleiterkrankungen behandelt sowie – bei Frailty – unnötige Belastungen wie die soziale Isolation vermieden werden. Da Kau- und Schluckprobleme eine Mangelernährung verursachen können, sollten diese beseitigt werden.

Eine medikamentöse Therapie gegen Sarkopenie und Frailty gibt es bislang nicht. Allerdings sind derzeit einige Medikamente, die den Aufbau von Muskelmasse fördern, in der Entwicklung. Selektive Androgen-Rezeptor Modulatoren (SARM) mit den Vertretern Ostarin und Ligandrol beispielsweise ahmen die Wirkung von Testosteron und anabolen Steroiden nach. Wie in verschiedenen Tier- und Humanstudien gezeigt wurde, helfen sie dabei, Muskulatur aufzubauen. Aufgrund dieser Wirkung werden SARM unter anderem für die Behandlung der Sarkopenie untersucht. Zugelassen sind sie noch nicht.

Ein weiterer therapeutischer Ansatz sind Myostatin-Antagonisten. Myostatin ist ein Protein, das in Skelettmuskelzellen an den Activin-Typ-II-Rezeptor bindet und so das Wachstum sowie die Differenzierung von Muskelfaserzellen hemmt. Bei Sarkopenie und Kachexie wird im Körper vermehrt Myostatin gebildet. Myostatin-Antagonisten blockieren das Protein oder den Rezeptor, wodurch die Muskelmasse zunimmt und die Fettmasse sinkt. Derzeit sind unter anderem die monoklonalen Antikörper Bimagrumab (bei Adipositas, Diabetes) und Trevorgrumab (bei Adipositas) in der klinischen Prüfung.

Ebenfalls positiv sollen sich biotechnologisch hergestellte Disease-Modifying Anti-Rheumatic Drugs (bDMARD) auf eine sekundäre Sarkopenie bei entzündlich-rheumatischen Erkrankungen auswirken. Mehrere Studien fanden eine signifikante Verbesserung der Muskelmasse; eine Ende 2022 veröffentlichte Metaanalyse allerdings konnte diesen Effekt nicht bestätigen. Ferner wird derzeit die Wirksamkeit von SGLT2-Inhibitoren (Sodium dependent glucose co-transporter-2) und GLP-1-Analoga (Glucagon-like Peptide-1) auf die Muskelmasse untersucht (25–27, 33).

Ernährungsempfehlungen

Der bei älteren Personen oftmals verminderte Appetit ist problematisch, da er zur Mangelernährung führen kann. Die Gründe sind vielfältig. Neben einem schlechten Zahnstatus, psychischen Problemen oder Vereinsamung können Medikamente, die Übelkeit verursachen, den Geschmack verändern oder den Appetit mindern, zugrunde liegen (21, 28–30, 32, 33, 36, 44). In solchen Fällen kann es hilfreich sein,

  • kleinere, dafür häufigere Mahlzeiten einzunehmen;
  • die Priorität auf proteinhaltige Lebensmittel zu legen, denn Speisen mit hohem Ballaststoffanteil führen zu einer unzureichenden Kalorien- und Eiweißzufuhr;
  • erst nach den Mahlzeiten zu trinken;
  • Speisen sparsam mit Salz, jedoch kräftig mit Gewürzen oder Kräutern zu würzen;
  • eine entspannte Atmosphäre beim Essen zu schaffen.

Proteine sind sowohl in tierischen als auch in pflanzlichen Lebensmitteln enthalten, wobei tierische Eiweiße in Milch und Milchprodukten, Fleisch und Fisch die Muskelbildung am stärksten beeinflussen. Ein hochwertiger Proteinlieferant ist das Frühstücksei mit einem Eiweißgehalt von 12 bis 14 Prozent und einer biologischen Wertigkeit von 100. Diese Maßzahl gibt an, wie effizient ein Nahrungseiweiß zur Bildung von körpereigenem Protein genutzt werden kann.

Pflanzliches Eiweiß aus Hülsenfrüchten, Linsen, Erbsen oder Bohnen enthält nicht alle essenziellen Aminosäuren. Zudem kann pflanzliches Protein im Alter schlechter genutzt werden. Durch Kombination mit anderen pflanzlichen oder tierischen Proteinquellen kann dies ausgeglichen werden. Folgende Tipps können Apotheker ihren Kunden geben (29, 37, 38, 44):

  • gleichmäßige Verteilung der Eiweißzufuhr auf die drei Hauptmahlzeiten;
  • ausgewogene proteinreiche, mediterrane Ernährung, die in der Regel viele Antioxidanzien enthält, da diese das Frailty-Risiko senken können;
  • keine restriktiven Diäten, denn der Verlust von Gewicht geht im höheren Lebensalter normalerweise zulasten der Muskelmasse;
  • eventuell Zwischenmahlzeiten einlegen, wenn über die drei Hauptmahlzeiten zu wenig Eiweiß aufgenommen wird;
  • gegebenenfalls Anreicherung der Gerichte mit Proteinpulver; für kalte Speisen wie Apfelmus eignet sich Molkenproteinpulver, für erhitzte Mahlzeiten wie Suppen dagegen Kaseinproteinpulver;
  • Trinknahrung (wenn nötig); diese sollte eine Kaloriendichte zwischen 1,5 und 2,5 kcal/ml aufweisen und reich an Eiweiß sein;
  • Einnahme von Vitamin D (1000 I.E./Tag); dies verbessert Kraft sowie Funktionalität und reduziert die Häufigkeit von Stürzen um 20 Prozent;
  • Steigerung des Trainingseffekts durch essenzielle Aminosäuren, insbesondere Leucin (3 g täglich). Beste Quelle hierfür ist Molkenprotein, das im Idealfall nach dem Krafttraining eingenommen wird. Weitere Quellen sind Milchprodukte, Baumnüsse, Linsen und Sojaprodukte;
  • ausreichende Flüssigkeitszufuhr;
  • Ernährungstherapie bei Malnutrition.

Omega-3-Fettsäuren sollen die Muskelproteinsynthese stimulieren und in Kombination mit körperlichem Training Muskelmasse und -kraft verbessern können. Bis die Wirkung bestätigt ist, sind weitere Studien nötig.

Beratung in der Apotheke

Diverse Medikamente können die Muskelmasse beeinflussen und/oder Frailty verstärken. Die bei Diabetes eingesetzten Glinide und Sulfonylharnstoffe beispielsweise scheinen sich negativ auf die Muskelmasse auszuwirken, während GLP-1-Analoga, Insulin-Sensitizer und Metformin eine protektive Wirkung zu haben scheinen.

Ebenso sind Arzneistoffe, die das Sturzrisiko erhöhen, bei Frailty ungeeignet. Zu diesen auch als »Fall Risk Increasing Drugs« (FRID) bezeichneten Medikamenten gehören unter anderem psychotrope Arzneimittel wie Anxiolytika sowie Antidiabetika und Antihypertensiva. Eine regelmäßige Analyse der eingenommenen Medikamente, zum Beispiel im Rahmen der pharmazeutischen Dienstleistung »Erweiterte Medikationsberatung«, ist daher sinnvoll. Einen guten Überblick bieten beispielsweise die Priscus-Liste, die potenziell inadäquate Medikamente (PIM) im Alter enthält, die Forta-Liste 2021 (FIT fOR The Aged) oder die STOPP/START-Kriterien.

Zudem lohnt sich ein Blick auf die Hilfsmittelversorgung. Beispielsweise können Rollatoren sowie die Anpassung der Sehhilfe oder des Hörgeräts den Alltag erleichtern und Stürzen vorbeugen.

Prävention auch ohne Hochleistung

Um Sarkopenie und Frailty vorzubeugen, müssen Senioren keinen Hochleistungssport betreiben oder sich besonders lang sportlich betätigen. Mit körperlicher Aktivität ist vielmehr jede von der Skelettmuskulatur ausgeübte Bewegung gemeint, die den Energieverbrauch erhöht. Hierzu gehören beispielsweise Hausarbeit, Spazierengehen oder Radfahren.

Manchmal kann auch ein Training in der Gruppe motivierend wirken. So gibt es beispielsweise Fitnessstudios, die sich auf Senioren spezialisiert haben, Vereine mit Sportangeboten für ältere Leute sowie Gymnastikrunden, die beispielsweise vom Roten Kreuz angeboten werden (20).

Ebenfalls wichtig ist eine optimierte und antioxidative Ernährung mit angepasster Proteinzufuhr, da eine Protein-Energie-Malnutrition ein starker Prädiktor für den Verlust von Muskelmasse und -kraft ist. Bei der Essenszubereitung unterstützen können beispielsweise Angehörige, die ausgewogene Mahlzeiten vorbeibringen, oder mobile Lieferdienste (20).

Dem mentalen Abbau und damit auch der Frailty vorbeugen kann regelmäßiges kognitives Training. Zu nennen sind unter anderem Kopfrechnen beim Einkaufen, kreative Beschäftigungen wie Zeichnen oder Basteln, Spiele wie Schach, Memory oder Schafkopf sowie Denkaufgaben wie Sudoku und Wortspiele. Manchmal bieten Krankenkassen gezielte Trainings hierfür an (39).

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