»Motivation kommt nicht nur durch das Gehalt« |
Kerstin Pohl |
27.10.2022 15:00 Uhr |
Sebastian Berges, 2. Vorsitzender der TGL Nordrhein, beschrieb den Arbeitsmarkt gestern und heute im Vergleich. Der Arbeitsmarkt heute ist demnach zunehmend arbeitnehmerorientiert und weist einen Fachkräftemangel auf, nicht nur in Apotheken. Die demografische Entwicklung komme zum Tragen, die Arbeits- und Leistungsbereitschaft der Nachfolgegeneration habe spürbar nachgelassen. Die Zahl der Abiturienten und Studierenden nehme zu, immer weniger Schüler gingen in die Handwerks- und Ausbildungsberufe. Das treffe besonders auf Apotheken zu, deren Attraktivität als Arbeitgeber gelitten habe.
Berges kritisierte, dass das »Bürokratiemonster« in Apotheken immer mehr zunehme und die betriebswirtschaftlichen Gestaltungsmöglichkeiten aufgrund sinkender Betriebsergebnisse abnähmen. Das zeige sich in der Entwicklung der Apothekenvergütung, die deutlich unter der Inflationsrate liegt, während die Tariflöhne in Apotheken über der Inflationsrate liegen. Insgesamt schrumpften die Betriebsergebnisse und der Spielraum für zusätzliche Gehaltserhöhungen.
Der »Kampf um die Köpfe hat begonnen«, so Berges, sprich die Suche nach qualifiziertem Personal. Sie nehme teilweise skurrile Formen an durch Head Hunter mit aggressiven Abwerbepraktiken oder Zusatzleistungen von Mitbewerbern wie Fitness-Studios. An den Grenzen zur Nordrhein würden die höheren Tarife des ADA auch gerne mal als Wettbewerbsinstrument eingesetzt.
Die Tarifpolitik der TGL heute befinde sich in einem Dilemma. Mitarbeiter leisteten gute Arbeit, die aber immer weniger bezahlt werden könne, da die Betriebserlöse zurückgingen. Das Ziel der TGL sei es deshalb, mehr Flexibilität und Transparenz nach außen zu schaffen. Tatsächlich gezahlte Gehälter sollten deutlich höher ausfallen und sich im Tarif widerspiegeln.
Ein weiteres Ziel sei die Verfolgung innovativer Konzepte, sagte der 2. Vorsitzende. So sei in den letzten Jahren in eine leistungsorientierte Bezahlung (LOB) investiert worden, die aber nur 5 Prozent des Gehaltes abdecke. »Das ist viel Arbeit mit wenig Ertrag für beide Partner«, sagte Berges. »Insgesamt gesehen ist die LOB nice to have, wird aber in der Praxis selten genutzt.«
Das Fazit: Die Gewerkschaft Adexa ist vielen Argumenten der TGL nicht gefolgt, trotzdem wurde für beide Seiten eine akzeptable Lösung gefunden.
Die Tarifpolitik der TGL für morgen wolle zukunftsfähige Lösungen entwickeln hinsichtlich Umsetzbarkeit und Planungssicherheit, Flexibilität und Wirtschaftlichkeit. Die Tarifentwicklung anderer Branchen mit zweistelligen Lohnerhöhungsforderungen, Mitarbeiterstreiks oder Sonderzahlungen – solche Szenarien bereiteten den Apotheken Sorgen, so Berges. Die Attraktivität des Arbeitsplatzes solle deshalb stärker in die Öffentlichkeit gebracht und der Nachwuchs vermehrt angesprochen werden.
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