Mit welchen Medikamenten behandelt man Long Covid? |
Daniela Hüttemann |
24.11.2023 18:00 Uhr |
Bei Fatigue-Patienten könnten sich gute und schlechte Phasen abwechseln. »Die Betroffenen neigen dazu, in den guten Phasen über ihre Belastungsgrenze hinauszugehen«, berichtete Frommhold, die zuvor Chefärztin der Median-Klinik Heiligendamm war. Eine Aktivierung sei gut und richtig. Aber: »Sie müssen eine Überlastung vermeiden und versuchen, die Amplitude zwischen dem Auf und Ab zu senken.« Bei Fatigue gebe es auch das Problem der Latenz: Die Verstärkung der Beschwerden komme oft nicht direkt nach der Belastung. Das mache es den Patienten schwer, rechtzeitig Pausen einzulegen.
Häufig gebe es aber Symptomkaskaden, was sich auch nutzen lasse. Ähnlich wie bei einer Migräne gelte es frühe Anzeichen für einen Leistungseinbruch zu bemerken und früh zu intervenieren, damit es gar nicht erst so weit kommt. »Wir nennen das Pacing. Das ist bei Fatigue die Methode der Wahl, auch schon bevor Corona kam«, erklärte Frommhold. Das sei oft besonders für die jüngeren Patienten, die mitten im Berufs- und Familienleben stehen, schwierig. Daher müsse man hier die Familie miteinbeziehen, um den Patienten zu unterstützen und vielleicht auch manchmal zu bremsen.
Gesellschaftlich wird eine akute Covid-19-Erkrankung mittlerweile annähernd wie andere Infektionskrankheiten behandelt. Strikte Quarantäne-Regeln gibt es nicht mehr. Wer einen negativen Test hat und symptomfrei ist, darf und soll wieder zur Arbeit oder Schule. Die Long-Covid-Expertin Frommhold rät aber dazu, virale Atemwegsinfekte immer ernst zu nehmen und auszukurieren, erst recht eine akute SARS-CoV-2-Infektion. »Gerade Frauen mittleren Alters sind durch soziologische Faktoren und einer erhöhten Neigung zu Autoimmunerkrankungen gefährdet und sollten auf sich achten.«
Long Covid-Patienten führten oft ausufernde Symptom-Tagebücher. Von einer solchen Fokussierung auf die Symptome rät Frommhold ab. Fatigue-Patienten sollten stattdessen einfach nur zwei Dinge notieren: Ihr tägliches Befinden auf einer Skala von 1 bis 10 und ihr Aktivitätsniveau an dem Tag (geistig und körperlich). Diese zwei Kurven könne man dann übereinanderlegen. »Wenn die Kurven abfallen, kann man niedrig dosiertes Prednisolon als Crash-Prophylaxe geben«, so die Ärztin: 5 mg täglich für ein bis drei Tage. »Aus Studien mit CFS-Patienten weiß man, dass sie niedrige Cortisol-Spiegel haben«, erklärte Frommhold die Rationale dahinter. CFS steht für Chronic Fatigue Syndrome.
Bei muskulärer Fatigue könne man das indirekt wirkende Parasympathomimetikum Pyridostigmin versuchen und das atypische Neuroleptikum Aripiprazol bei Fatigue mit kognitiven Einschränkungen. Daneben arbeitet das Long-Covid-Institut bei Fatigue-Patienten unter anderem mit manueller Therapie, nicht aktivierender Physiotherapie sowie Osteo- und Kryotherapie.
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.