Mikroplastik lässt sich aus dem Blut herausfiltern |
| Annette Rößler |
| 18.07.2025 18:00 Uhr |
Bei der extrakorporalen Apherese wird Blut aus einer Vene entnommen, das Plasma von den zellulären Bestandteilen getrennt und filtriert, alles wieder zusammengeführt und reinfundiert. Dabei können beispielsweise Autoantikörper oder Krankheitserreger entfernt werden. / © Imago Images/Markus Matzel
Mikro- und Nanoplastik (MNP) sind Kunststoffpartikel, die zwischen 1 µm und 5 mm beziehungsweise unter 1 µm groß sind. Sie werden entweder hergestellt oder entstehen, etwa durch Reifenabrieb oder Abbau von Plastikmüll. Menschen nehmen MNP über die Nahrung, Wasser und die Atemluft auf. Mehrfach konnte mittlerweile gezeigt werden, dass MNP sich in verschiedenen Organen anreichert, vor allem im Gehirn.
Noch ist größtenteils unklar, wie sich die steigende MNP-Belastung des menschlichen Körpers auf die Gesundheit auswirkt. Studien aus jüngerer Zeit bringen MNP unter anderem in Verbindung mit einem erhöhten Herz-Kreislauf-Risiko und Demenz. Weitere Forschung auf diesem Gebiet tut not.
Will man die Belastung des Organismus mit MNP senken, muss man nach Möglichkeiten suchen, um die Ausscheidung zu forcieren beziehungsweise MNP aktiv zu entfernen. Denn in einer Welt, in der MNP ubiquitär vorkommt, wird es nie möglich sein, die Aufnahme gänzlich zu vermeiden. Einen ersten Beleg dafür, dass sich die extrakorporale Apherese (»Blutwäsche«) eignen könnte, um den Körper von MNP zu reinigen, haben Forschende um Professor Dr. Stefan R. Bornstein vom Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden erbracht und im Fachjournal »Brain Medicine« als Kurzbeitrag veröffentlicht.
Die Gruppe führte bei 21 Personen jeweils mindestens zwei Zyklen einer extrakorporalen Apherese mit doppelter Filtration (INUSpherese) durch und analysierte anschließend das Eluat mittels ATR-FT-Infrarotspektroskopie. Mit diesem Analyseverfahren lassen sich Polyamidbindungen nachweisen, wie sie für Kunststoffe typisch sind. Eine quantitative Analyse erlaubt die ATR-FT-IR-Spektroskopie nicht.
Die Forschenden fanden 14 verschiedene Substanzen oder Substanzmischungen, die Kunststoffen wie Polyamid 6 (Polycaprolactam) oder Polyurethan ähnelten. Dies werten sie als Bestätigung dafür, dass sich MNP prinzipiell per Blutwäsche aus dem Körper entfernen lässt. Sie weisen jedoch darauf hin, dass es sich bei den gefundenen Stoffen teilweise auch um Proteine gehandelt haben könnte, die ebenfalls Polyamidbindungen enthalten können.
Aus Sicht der Forschenden sollten sich nun weitere Studien mit mehr Teilnehmenden anschließen, um das Ergebnis zu bestätigen und um zu quantifizieren, wie viel MNP sich mit dem Verfahren aus dem Blut entfernen lässt. Auch sollten in solchen Studien verschiedene Filtersysteme und Porengrößen ausprobiert werden.
Ob und wie dieses doch recht aufwendige Verfahren schließlich Krankheitssymptome bessern oder präventiv wirksam sein könnte, müssten weitere Studien klären. Solange die Umweltbelastung nicht sinkt, wird MNP auch nach einer Blutwäsche stets wieder in den Körper gelangen.
Wie man seine persönliche MNP-Belastung möglichst gering halten kann, legen zwei Kanadier und ein US-Amerikaner in einem Diskussionsbeitrag in derselben Ausgabe von »Brain Medicine« dar. Bestimmte Lebens- und Genussmittel seien besonders stark mit MNP belastet, schreiben Dr. Nicholas Fabiano von der University of Ottawa, Dr. Brandon Luu von der University of Toronto und Dr. David Puder von der Loma Linda University. Wer MNP meiden will, sollte demnach von Trinkwasser in Flaschen auf Leitungswasser umsteigen, Alkohol und Meeresfrüchte sowie hochverarbeitete Lebensmittel meiden, Nahrungsmittel nicht in Plastikgefäßen aufbewahren oder erhitzen (zum Beispiel in der Mikrowelle) und Teebeutel ohne Plastik verwenden.
Die drei Autoren verweisen auf einen »hoffnungsvollen« Aspekt: Bislang deute noch nichts darauf hin, dass ältere Menschen generell eine höhere MNP-Belastung hätten als jüngere. Dies wäre aber zu erwarten, wenn MNP im Körper akkumuliert und nicht ausgeschieden werden kann. Offenbar habe der Körper also die Möglichkeit, MNP wieder loszuwerden, sei es über den Urin, den Stuhl oder den Schweiß. Sollte sich Letzteres bestätigen, könnte forciertes Schwitzen, etwa in der Sauna oder beim Sport, eine wirksame Strategie sein, um MNP auszuscheiden.