Menschliches Gehirn weist mehr als 3300 Zelltypen auf |
Die Aktivitäten für den Hirnzellatlas sind im Projekt BICCN (Brain Initiative Cell Census Network) gebündelt. BICCN erlaubt nun auch, weitere Erkenntnisse über das menschliche Gehirn zu gewinnen, etwa darüber, wie sich die Gehirne von Menschen und von Affen unterscheiden. Das hat unter anderem ein Team um Nikolas Jorstad vom Allen Institute for Brain Science in Seattle getan: Es untersuchte Proben einer Hirnregion, die beim Menschen mit der Gesichtserkennung und mit dem Lesen in Verbindung gebracht wird, von erwachsenen Menschen, Schimpansen, Gorillas, Rhesusaffen und Weißbüschelaffen (DOI: 10.1126/science.adf6812).
«Nur wenige Hundert Gene zeigten menschenspezifische Muster, was darauf hindeutet, dass relativ wenige zelluläre und molekulare Veränderungen die Hirnrindenstruktur des erwachsenen Menschen eindeutig definieren», fassen Jorstad und Kollegen ihre Erkenntnisse zusammen.
Doch es geht den Forschern auch um Fortschritte in der Humanmedizin: «Die Kartierung der verschiedenen Zelltypen im Gehirn und das Verständnis ihrer Zusammenarbeit werden uns letztendlich dabei helfen, neue Therapien zu entdecken, die auf einzelne Zelltypen abzielen, die für bestimmte Krankheiten relevant sind», sagt Bing Ren von der University of California. Ren ist der Seniorautor der Studie von Li und Kollegen.
Die Wissenschaftler konnten molekularbiologische Aspekte von 107 verschiedenen Subtypen von Gehirnzellen mit einem breiten Spektrum neuropsychiatrischer Erkrankungen in Verbindung bringen, darunter waren Schizophrenie, bipolare Störung, Alzheimer-Krankheit und schwere Depression.
Weitere Forschungsarbeiten betrafen die Entwicklung des menschlichen Gehirns vom frühen Embryonalstadium an. Diese Forschung brachte dem Team von Sten Linnarsson vom schwedischen Karolinska Institut auch neue Erkenntnisse über das Glioblastom, einen der aggressivsten Hirntumoren. Demnach ähneln die Tumorzellen unreifen Stammzellen, die versuchen, ein Gehirn zu bilden, allerdings auf völlig unorganisierte Weise. «Wir beobachteten, dass diese Krebszellen Hunderte von Genen aktivierten, die für sie spezifisch sind, und es könnte interessant sein zu untersuchen, ob es ein Potenzial für die Suche nach neuen therapeutischen Zielen gibt», erklärte Linnarsson.