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Pandemie-Management

Meinungen am Rande des Mainstreams

Die harten Maßnahmen zur Eindämmung der Coronavirus-Pandemie dürfen und sollten durchaus kritisch hinterfragt werden. Allerdings muss sich der Diskurs dabei an die wissenschaftlichen Fakten halten. Das ist nicht immer der Fall.
Theo Dingermann
30.03.2020  11:40 Uhr
Die Meinung des emeritierten Mikrobiologieprofessors der Universität Mainz Professor Dr. Sucharit Bhakdi

Die Meinung des emeritierten Mikrobiologieprofessors der Universität Mainz Professor Dr. Sucharit Bhakdi

Am 19. März erschien ein Video auf YouTube, in dem sich der Mainzer Mikrobiologe Professor Dr. Sucharit Bhakdi zur Lage während der Pandemie zu Wort meldet. Das Video wurde bis heute circa 700.000 Mal aufgerufen.

Bhakdi, der 22 Jahre lang das Institut für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene an der Universität Mainz leitete, forscht heute als Gastprofessor an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Er ist auch vielen deutschen Pharmazeuten bekannt, da er mehrfach auf den Pharmacon-Kongressen in Meran und Davos referierte.

1989 entdeckte er, dass das Komplementsystem, mit dem er sich schwerpunktmäßig während seiner Mainzer Zeit beschäftigt hatte, auch eine Rolle im Rahmen der Pathogenese der Atherosklerose zu spielen scheint. Daraus entwickelte er die sogenannte Mainzer Hypothese, ein neues Erklärungskonzept zur Entstehung der gefährlichen Volkskrankheit.

In dem zitierten Interview kritisiert auch Bhakdi die Reaktionen auf das Auftreten des neuen Coronavirus SARS-CoV-2 scharf. »Ich finde sie grotesk, überbordend und direkt gefährlich«, sagt er mit Blick auf staatliche Maßnahmen zur Eindämmung der Epidemie. Nach seiner Meinung treten bei 99 Prozent der Infizierten lediglich leichte oder gar keine Symptome auf. Nur bei weniger als 1 Prozent komme es zum Ausbruch einer Krankheit.

Die Zahlen des Robert-Koch-Instituts (RKI) zeichnen hingegen ein anderes Bild. Danach erkranken zwischen 51 Prozent und 81 Prozent der Infizierten. Bis zu 20 Prozent der Erkrankungen verlaufen schwer bis lebensbedrohlich.

Auf Basis seiner Annahmen rechnet Bhakdi ähnlich wie Wodarg. Am 19. März habe die Zahl der bekannten Infektionen in Deutschland circa 10.000 betragen (laut RKI 10.999). Bhakdi nimmt an, dass 1 Prozent dieser Infizierten erkrankt waren (100), 30 seinen gestorben (laut RKI 20). Damit sei in den ersten 30 Tagen der Epidemie in Deutschland ein Mensch pro Tag an Covid-19 gestorben. Unklar bleibt, warum er den Beginn der Epidemie auf den 19. Februar legt.

Auf dieser – hinsichtlich der Infektionen und der Todesfälle realen – Basis entwirft Bhakdi nun ein »Worst-Case-Szenario«. Dabei geht er für die nächsten 60 Tage von einer Million Infizierten aus. Von diesen erkranken nach seinen Annahmen 1 Prozent (= 10.000) und 3.000 sterben. Für den gesamten Zeitraum (30 Tage plus 60 Tage) resultieren aus dieser Rechnung circa 30 Covid-19-Tote pro Tag. Das wiederum sei eine verschwindend kleine Übersterblichkeit, so Bhakdi, da durchschnittlich circa 2.500 ältere Menschen in Deutschland pro Tag versterben.

Zwar geht auch Bhakdi von einem exponenziellen Anstieg der Coronavirus-Ausbreitung aus, bleibt aber mit seinem »Horrorszenario« von einer Million Infizierten weit unter den Prognosen etwa des RKI. Das Institut warnte jüngst vor bundesweit zehn Millionen Coronavirus-Infektionen in den kommenden Monaten, wenn die von der Bundesregierung angeordneten Maßnahmen nicht eingehalten würden.

Weitere Experten gehen sogar davon aus, dass sich 60 bis 70 Prozent der Bevölkerung mit dem Virus infizieren könnten. Das entspricht bei gut 83 Millionen Einwohnern in Deutschland etwa 50 bis 58 Millionen Menschen. Die Hoffnung ist, dass sich die Ausbreitung der Krankheit aufgrund der drastischen Maßnahmen möglichst langsam vollzieht, um möglichst wenig Erkrankte gleichzeitig versorgen zu müssen.

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